Je mehr sich die Wachstumsschwäche in den entwickelten Volkswirtschaften festsetzt, je mehr dürften Zweifel an den wirtschaftspolitischen Konzepten von Keynes die Runde machen. Im Folgenden diskutiere ich, wohin die Reise bei den volkswirtschaftlichen Theorien und der wirtschaftspolitischen Ausrichtung gehen könnte.
Die an Keynes orientierte nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik ist darauf ausgerichtet, die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen zu steuern und die Wirtschaft falls erforderlich durch steigende Staatsausgaben und durch expansive Geldpolitik zu beleben. Sie hatte nach dem Zweiten Weltkrieg eine Hochphase, bis sie in den späten 1960er und in den 1970er Jahren regelmäßig zu Inflation und Arbeitslosigkeit, also zu Stagflation, führte.
Seinerzeit wurde der Monetarist und Neoklassiker Milton Friedman zum großen Widersacher der Theorien von Keynes. Seine Ideen bereiteten der stürmischen Entwicklung des Finanzkapitalismus den Boden (und umgekehrt). Nach und nach fielen Beschränkungen, das Bretton Woods System kontrollierter Währungsrelationen, bei dessen Konstruktion Keynes mitgewirkt hatte, endete 1971, Kapitalverkehrskontrollen wurden abgebaut, die Globalisierung nahm ihren Lauf.
Lag das einfache Mittel des US-BIP-Wachstums zwischen Mitte 1965 und Mitte 1975 bei 8,6% p.a., so kam es in den zehn Jahren vor Q1/2014 auf 3,9% p.a. Die enormen Mittel, die entsprechend den keynesschen Rezepten nach 2008 für staatliche Anreize und Geldflut eingesetzt wurden, haben es offenbar nicht vermocht, das wirtschaftliche Wachstum nachhaltig anzustacheln. Mit anderen Worten, die keynesschen Rezepte scheinen nicht gefruchtet zu haben, die Liquiditätsfalle wurde nicht überwunden.
Vor 50 Jahren ließen nachhaltige Inflation und gleichzeitige Arbeitslosigkeit an der herrschenden Theorie von Keynes zweifeln. Heute sind es Wachstumsschwäche und Arbeitslosigkeit, woraus sich eher disinflationäre Tendenzen ergeben.
Nachdem der Fokus zuletzt wieder auf der keynesschen Nachfrage-Steuerung gelegen hat, dürften jetzt angebotsorientierte Ideen populärer werden. Im Kern geht es bei solchen Konzepten um die Annahme, dass Beschäftigung und Wachstum einer Volkswirtschaft hauptsächlich von den Kosten auf der Angebotsseite abhängen. Geringere Kosten der Unternehmen würden die Konjunktur direkter fördern als höhere Staatsausgaben oder kaufkräftige Konsumenten. Unternehmen des privaten Sektors entscheiden gemäß ihren Gewinnerwartungen über Investitionen. Investieren sie mehr, wirkt sich das auch auf die Schaffung von Arbeitsplätzen positiv aus. Daher steht bei der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik die Verbesserung der Investitionsbedingungen im Fokus.