Es ist wieder mal die Zeit von „Jackson Hole“. Einmal jährlich, Ende August, treffen sich die Zentralbanker in den Rocky Mountains zu einem von der Fed veranstalteten wirtschaftspolitischen Symposium. Die Rede von Jerome Powell auf dieser Veranstaltung war zugleich sein erster Auftritt als Fed-Chef. Er ist seit Anfang Februar im Amt, seit 2012 ist er Mitglied des „Federal Reserve Board of Governors“.
Powell konzentrierte sich in seiner Rede auf die seiner Meinung nach grössten Risiken für die Zentralbanken: Der Aufschwung kann mit zu schnellen Zinserhöhungen abgewürgt werden, andererseits kann zu langes Zögern die Wirtschaft überhitzen lassen. Als Steuerungsinstrument dient für die Geldpolitik der Fed der neutrale Zinssatz, der sich aus der natürlichen Arbeitslosenquote und anvisierter Inflationsrate herleitet.
Wie nicht anders zu erwarten, erklärte Powell, der von der Fed eingeschlagene Weg gradueller Zinsschritte nehme beide Risiken ernst. US-Präsident Trump hatte jüngst mehrfach gestichelt, dass die Fed die Zinsen bereits zu weit hat steigen lassen.
Die Geschichte mit dem neutralen Zinssatz ist Kaffeesatzleserei, es gibt keine allgemein anerkannte Regel für seine Berechnung. Das gilt genauso für die natürliche Arbeitslosenquote. Zudem verändert sich die Struktur der zugrundeliegenden Daten mit der Zeit, etwa durch die Entwicklung der Produktivität.
Immerhin gestand Powell zu, dass die Schätzung der natürlichen Arbeitslosenquote unter der aktuellen Arbeitslosenquote liegt. Und obwohl die Inflationsrate mit annähernd 2% den Zielwert der Fed erreicht hat, sieht Powell „kein grosses Risiko von Überhitzung“. Die Fed werde aber „alles tun, was nötig ist“, wenn sich die Inflationserwartungen von der 2%-Marke lösen, fügte Powell an.
Neu ist das alles nicht – mit dieser Haltung wird den Akteuren an den Finanzmärkten signalisiert, sie sollten so weitermachen wie bisher. Die Fed wird sicherlich irgendwann einmal gegensteuern, nur ist es dann bereits viel zu spät. Nicht wenige Ökonomen behaupten, eine übermäßige Kontraktion der Geldversorgung durch die Fed im Stadium eines reifen Konjunkturzyklus sei der eigentliche Auslöser für Rezessionen. Der Volkswirt Rodi Dornbusch schrieb gar, keine der US-Expansionen in den zurückliegenden 40 Jahren sei im Bett an Altersschwäche gestorben, jede sei durch die Fed umgebracht worden.