Effiziente Himmelsstürmer
- Written by Mag. Bernd Affenzeller
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Weltweit gibt es rund 8,5 Millionen Aufzugsanlagen, die täglich rund 1,5 Milliarden Personen befördern. Alleine in den 27 EU-Staaten sind derzeit etwa 4,8 Millionen Aufzüge in Betrieb, die pro Jahr rund 18 TWh Strom verbrauchen. Das entspricht in etwa dem jährlichen Verbrauch des gesamten deutschen Schienenverkehrs oder dem Output von zwei Atomkraftwerken. »Wir müssen die Energieeffizienz der Anlagen weiter verbessern«, nennt Thomas Büttner, Mitglied der Geschäftsleitung bei Otis Österreich, eine zentrale Herausforderung für die Branche. Und tatsächlich hat sich einiges getan in den letzten Jahren. Bei Otis sind etwa regenerative Antriebe seit rund zwei Jahren Standard. Dabei wird die Energie, die üblicherweise als Hitze verpufft, in das gebäudeinterne Stromnetz zurückgespeist. Auch Kone-Sprecher Günter Baca ortet ein großes Interesse an diesen regenerativen Antrieben, speziell bei Hochleistungsaufzügen. Aktuelle Forschungsprojekte bei Kone zeigen, dass damit eine deutliche Reduktion der benötigten Energie möglich ist. »Wir haben den Verbrauch um 50 % gesenkt, werden uns damit aber nicht begnügen«, stellt Baca fest.
Problem Stillstand
Um die Gesamteffizienz der Anlagen weiter zu steigen, muss der Aufzug laut Baca auch als »Stehzeug« gesehen werden. Bei einem durchschnittlichen Wohnhausaufzug liegt der Standby-Stromverbrauch laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI bei 70 %. In Bürogebäuden beträgt der Stillstandsanteil aufgrund der höheren Fahrtenzahl immerhin noch 40 %. »Die erste rentable und mit geringem Aufwand durchführbare Möglichkeit, den Energieverbrauch zu senken, ist sicherlich die Abschaltung des Kabinenlichts während des Stillstands«, erklärt Simon Hirzel, Leiter des EU-Projekts »Energy efficient elevators and escalators«, kurz E4-Projekt, am ISI. Ebenso könnten Komponenten wie Lüftung oder Antrieb im Standby-Modus abgeschaltet werden. Auch neue Lichttechnologien versprechen große Einsparungspotenziale. »LED-Leuchten verbrauchen etwa 80 % weniger Energie als Halogenleuchten«, rechnet Baca vor. Verbesserte Frequenzumrichter können den Anlaufstrom reduzieren und für einen geregelten Stillstand der Kabine sorgen. Auch die Möglichkeit, das Ganglicht über den Kabinenstand des Aufzuges anzusteuern, ist eine der vielen kleinen »Schrauben«, mit denen die Energie- und damit die Betriebskosten reduziert werden können.
Bei Otis ersetzt man die herkömmlichen Tragseile mit Polyurethangurten und spart sich damit teure und umweltschädliche Schmierstoffe, erzählt Thomas Büttner. »Für unsere Fahrtreppen haben wir ein automatisches Schmiersystem entwickelt. Im Vergleich mit herkömmlichen Systemen senkt es den jährlichen Ölbedarf um bis zu 98 %.«
Bedeutenden Einfluss auf den tatsächlichen Energieverbrauch des Aufzugs im Betrieb erzielen neben der Auswahl der Komponenten die Bereiche Montage, Wartung und Instandhaltung. Der autarke Aufzug ist für die Aufzugsexperten aber schwierig zu erreichen. In gewissen Situationen muss Strom zugeführt werden, um ihn in Gang zu setzen. Dieser kann aber minimiert werden, etwa durch die Analyse der Komponenten. »Es gibt Computerplatinen, die mit weniger Standby-Strom auskommen und trotzdem auf Knopfdruck sofort einsatzbereit sind«, berichtet Baca.
Vom Nachzügler zum Musterschüler
Jede Menge Einsparungspotenzial bieten auch bestehende Anlagen. So machte Kone durch Modernisierungsmaßnahmen an einer Anlage in einem Bürohaus der SCS aus einer Energieeffizienz »D« ein glattes »A«. Die Gesamtersparnis über die geplante Nutzungsdauer von 25 Jahren beträgt rund 27.000 Euro. Auch der »Ministeraufzug« im Finanzministerium wurde kurzerhand mit einem »Sparpaket« von Kone ausgestattet.
Mehr als nur ein Aufzug
Bei Schindler Aufzüge und Fahrtreppen will man sich davon verabschieden, einfach nur Aufzüge zu produzieren. »Wir beziehen das gesamte Gebäude in den Entwicklungsprozess ein«, erklärt Gerhard Perschy, Director Marketing & Sales. Daraus ergeben sich vielfältige Synergien, Optimierungspotenziale und Einsparungsmöglichkeiten. Als Beispiel nennt Perschy die PORT-Technologie, die erstmals ein komplettes »Gebäudeleitsystem« und somit fundamentale Verbesserungen für Gebäudedesign und -management bietet (siehe weiter unten).
Einen – zumindest symbolisch – wichtigen Schritt hat Schindler auch mit der Kooperation mit dem Schweizer Flugzeugprojekt Solar Impulse gesetzt. Dabei handelt es sich um das erste Flugzeug, das nur von Solarenergie angetrieben die Erde umrunden soll. »Für uns zählt Solar Impulse zu den inspirierendsten Umweltprojekten überhaupt, weil es weltweit ein starkes Signal setzt«, so Perschy. »Nur mit Pioniergeist können gesellschaftliche Routinen und etablierte Verhaltensmuster verändert werden.« Solar Impulse zeige eindrücklich, wie wir uns nach und nach aus der Abhängigkeit fossiler Energien lösen könnten, indem heute verfügbare technologische Lösungen bis hart an die Grenze des Möglichen ausgeschöpft werden. »Wer weiß, vielleicht bieten wir unseren Kunden auch bald einen nur durch Solarkraft angetriebenen Aufzug an«, zeigt sich Perschy optimistisch.
>Transit Management<
Deutliche Verbesserungen für Gebäudedesign und -management verspricht ein neues Service von Schindler. Das Transit Management berechnet auf Grundlage der so genannten PORT-Technologie den zeiteffizientesten Weg zu jedem Ziel im Gebäude und hat dabei auch die Zugangskontrolle, die Benutzerführung, den Transport sowie verschiedene Sicherheitselemente integriert.
Auf dem Weg ins Büro halten Angestellte ihre vorprogrammierte Zugangskarte vor das Benutzerterminal. Auf dem Touchscreen-Display wird die Liste der Bereiche angezeigt, zu welchen die Personen Zutritt haben. Der Benutzer trifft seine Wahl und wird auf dem schnellsten Weg ans Ziel geführt. In Notfallsituationen zeigen die Terminals Evakuierungshinweise und Fluchtwege an. Sämtliche Aufzüge werden so gesteuert, dass die im Gebäude anwesenden Personen so rasch und sicher als möglich evakuiert werden können. Weil außerdem die Auslastung optimiert wird, kann laut Schindler die benötigte Anzahl an Aufzügen und damit an Aufzugsschächten reduziert werden, so dass für Gebäudeentwickler und Eigentümer mehr vermietbare Fläche zur Verfügung steht.
Das System ist zudem nicht nur für neue Gebäude erhältlich, sondern kann durch Nachrüstung auch in nahezu alle bestehenden Gebäudetypen eingebaut werden.
>Sicherheit<
So prüft der TÜV. 6,5 Milliarden Mal im Jahr wird in Österreich einer von 100.000 Aufzügen benützt. Dabei steht vor allem die Sicherheit der Fahrgäste im Vordergrund. Deshalb müssen Aufzugsanlagen einmal im Jahr auf ihre Betriebssicherheit geprüft werden. Folgende Punkte werden von »zugelassenen Prüfstellen für Aufzüge« wie etwa TÜV Austria kontrolliert:
- Verriegelungen für Schachttüren
- elektrische Sicherheitseinrichtungen
- Tragmittel einschließlich ihrer Befestigungen
- Bremseinrichtung
- Messen von Strom oder Leistung und der Geschwindigkeit
- elektrische Leitungen
- Notendschalter
- Treibfähigkeit
- Geschwindigkeitsbegrenzer
- Fangvorrichtung am Fahrkorb
- Puffer
- Notrufeinrichtung
- Schutz des aufwärtsfahrenden Fahrkorbes gegen Übergeschwindigkeit
- Schutzeinrichtung gegen unbeabsichtigte Bewegung des Fahrkorbs
Festgestellte Mängel werden im Inspektionsbericht vermerkt und in das Anlagenbuch eingetragen. Außerdem setzt die Inspektionsstelle eine Frist zur Behebung fest. Wenn Mängel nicht fristgerecht behoben werden, so muss dies die Inspektionsstelle der Behörde schriftlich anzeigen.