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Heiß umfehdet, wild umstritten

Heiß umfehdet, wild umstritten

Der österreichische Schalungsmarkt ist traditionell hart umkämpft. Ein Preiskampf soll trotz Coronakrise aber vermieden werden. Der Bau & Immobilien Report zeigt, wie sich die Unternehmen vom Mitbewerb abheben wollen.  

Die letzten großen Verwerfungen nach der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 sind den Branchenvertretern noch gut in Erinnerung. Und auch wenn sich die Branche nicht immer grün ist, Entwicklungen wie vor zehn Jahren wollen heute alle Beteiligten vermeiden. Damals hat die Krise zu einem enormen Preiskampf geführt. Erste Anzeichen, dass sich die Geschichte doch wiederholen könnte, sind schon erkennbar. »Aufgrund der coronabedingten Unsicherheiten ist aktuell ein starker Marktdruck spürbar, bei gleichzeitig steigenden Rohstoffpreisen. Das stimmt schon bedenklich«, sagt Harald Zulehner, Geschäftsführer Doka Österreich. Durch die Preissteigerungen von Holz bis zu 30 Prozent und Stahl bis zu 80 Prozent wird es zwar zu Preisanpassungen kommen, direkt weitergeben wird man die Kosten aber nicht können.

Bild oben: Gerald Schönthaler, Hünnebeck: »Neben schnellen und sicheren Schalungssystemen bieten wir auch die passenden Dienstleistungen.«

Ein harter Preiskampf soll aber trotzdem vermieden werden, sind doch die Auswirkungen von damals noch heute spürbar. Um halbwegs über die Runden zu kommen und Marktanteile und Umsätze zu verteidigen, wurden im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise Dienstleistungen oft als gratis Add-ons mitgegeben. Diese Gratis-Mentalität ist auch in Zeiten des Booms geblieben. Das zu ändern hat Meva-Geschäftsführer Thomas Graf schon bei seinem Amtsantritt als Nachfolger von Erwin Platzer im April 2020 gegenüber dem Bau & Immobilien Report als zentrale Herausforderung genannt.

»Wir wollen uns auch über Dienstleistungen differenzieren, möchten diese aber auch bezahlt bekommen«, sagte er damals. Ganz ähnlich sieht sein Peri-Amtskollege Peter Radel die Situation. Zwar habe sich die Situation dahingehend verbessert, dass man für Dienstleistungen etwas verrechnen könne, aber kostendeckend sei das nicht. »Es wird eine intensive Unterstützung in der Arbeitsvorbereitung erwartet. Da wurde viel an die Lieferanten ausgelagert«, sagt Radel.

Abheben vom Mitbewerb

Auch wenn man mit den Dienstleitungen nicht reich wird, sind sie für die Unternehmen doch ein zentrales Argument im Wettbewerb. »Unsere Dienstleistungen sorgen dafür, alle Prozesse rund um die Schalungs- und Gerüsttechnik zu optimieren und damit die Wirtschaftlichkeit und Sicherheit der Projektausführung deutlich zu steigern«, erklärt Radel. Speziell entwickelte Softwarelösungen unterstützen die Planungsleistung mit 3D-Darstellungen und ergänzenden 5D-Informationen. Die Materialbereitstellung aus dem Peri-Mietpark, Anwenderschulungen zum korrekten Materialeinsatz und die stetige Optimierung des Materialbedarfs vor Ort sollen die Effizienz in der Ausführung erhöhen. »Parallel dazu unterstützen wir die kaufmännischen Aufgabenstellungen, unter anderem durch die Bereitstellung wichtiger Daten und Auswertungen im Online Portal myPERI«, so Radel.

Bild oben: Peter Rungger, Ringer: »Ich gehe weiterhin von einer sehr positiven Marktdynamik aus, die Themen Preise und Verfügbarkeit von Rohstoffen werden uns aber noch länger begleiten.«

Bei Hünnebeck etwa setzt man auf ein Komplettpaket aus einer Hand. Um die Herausforderungen bei Arbeitssicherheit, Effizienz und Nachhaltigkeit zu erfüllen, braucht es laut Geschäftsführer Gerald Schönthaler neben den richtigen Schalungssystemen auch die passenden Dienstleistungen, die der Kunde projektbezogen abrufen kann. »Mit myHünnebeck bekommt der Kunde mit wenigen Mausklicks einen aktuellen Überblick über sein Bauvorhaben: Von Rechnungen über Lieferscheine und interaktive Rücklieferscheine bis zu Projektplänen und Stücklisten zum Download.« Branchenführer Doka will mit einem Mix aus Produkten und Services den Baufirmen ein sicheres und schnelles Arbeiten ermöglichen.

Bild oben: Peter Radel, Peri: »Von den Schalungslieferanten wird viel verlangt. Nicht nur betreffend Materialqualität, auch immer mehr Service wird erwartet.«

»Das schaffen zum einen unsere Schalungsprodukte wie die neue, ultraleichte Rahmenschalung DokaXlight oder der neue Verbauplattenadapter, mit dem rasch ein sicherer Seitenschutz bei Baugruben und Künetten hergestellt werden kann«, erklärt Geschäftsführer Harald Zulehner. Zum anderen soll mit digitalen Produkten und Services die Produktivität auf Baustellen erhöht werden. Die Baustellen-Plattform CONTAKT unterstützt bei der effizienten Taktplanung, Teameinteilung und Materialdisposition auf der Basis von Echtzeitdaten und BIM-Modell. Das bewährte Betonmonitoring Concremote misst über Sensoren die Temperatur und berechnet die Druckfestigkeit der Betonstruktur für einen zügigen und sicheren Bauablauf.

Bei Meva will man die Kunden vor allem auf Produkteben überzeugen. »Die besten Verkaufsargumente sind Produkte für sicheres und schnelles Arbeiten. Dies wird durch hohe Flexibilität, einfache Handhabung und Langlebigkeit ermöglicht, denn daraus resultieren schnelle Baufortschritte und hohe Wirtschaftlichkeit«, sagt Thomas Graf. So würden etwa die Wandschalungen Mammut XT und StarTec XT mit integrierter Kombi-Ankerstelle den flexiblen Wechsel zwischen ein- und zweiseitiger Ankerung ermöglichen.

Auch die Handschalung AluFix werde stark nachgefragt. Aber natürlich setzt auch Meva auf Service und bietet »breite Expertise in Projektberatung, Schalungs- und Fertigungsplanung in 3D, Statik, Sonderkonstruktion und Sichtbetonerstellung«.

Bild oben: Harald Zulehner, Doka: »Der erste Lockdown war für alle ein Schock. Aber die Baubranche hat schnell reagiert, um diesen wichtigen Wirtschaftszweig am Laufen zu halten.«

Ringer will sich mit seiner Kundennähe vom Mitbewerb differenzieren. »Unsere Philosophie, flexibel und rasch auf Kundenanforderungen zu reagieren und durch schlanke Strukturen den Kontakt so einfach wie möglich zu gestalten, bewährt sich seit 76 Jahren«, sagt Geschäftsführer Peter Rungger. Zudem wird konsequent an der Weiterentwicklung der Produkte gearbeitet. »In den vergangen Jahren haben wir uns intensiv mit der Vereinfachung von Deckenschalungsarbeiten beschäftigt und die DEK2000 auf den Markt gebracht, eine extrem leichte Deckenschalung aus Aluminium, die sicher vom Boden aus montiert werden kann«, so Rungger.

BIM und Lean

Inwieweit ein Trendthema wie BIM auf den österreichischen Baustellen angekommen ist, darüber gehen die Meinung der Schalungshersteller auseinander. So stellt etwas Doka-Geschäftsführer Harald Zulehner fest, dass sich die Nachfrage nach BIM nicht erhöht hat. »Im Gegenteil. Bereits vereinbarte Pilotprojekte mit Baufirmen wurden aufgrund der Corona-Krise leider nicht ausgeführt.« Zulehner nimmt an, dass gerade in Zeiten der Unsicherheiten die Bereitschaft, sich auf neue Baumethoden einzulassen, geringer ist. Deshalb setzt Doka alles daran, um bei den Kunden die Hemmschwellen zum Einstieg in die neue, digitale Bauwelt zu senken. »Wir setzen selbstverständlich auch bei BIM-Baustellen auf enge, partnerschaftliche Zusammenarbeit und intensive Baustellenbetreuung«, so Zulehner. Doka bietet auch Schulungen und Trainings im digitalen Sektor an.

Bild oben: Thomas Graf, Meva: »Das Geschäft in Österreich lief bis Herbst sehr gut, jetzt sind im Mietgeschäft Anspannungen spürbar.«

Auch für Peter Rungger ist BIM ein Thema, »über das viel gesprochen wird, das sich in der Realität aber noch nicht durchgesetzt hat«. Dennoch entwickelt Ringer aktuell mit externen Partnern entsprechende Tools, um bei Bedarf gerüstet zu sein.

Eine zumindest leicht erhöhte Nachfrage orten hingegen Meva, Peri und Hünnebeck. »Die Baufirmen stellen uns teilweise auch schon 3D-Modelle zur Planung zur Verfügung, die Nachfrage nach BIM-Lösungen ist definitiv da und wächst auch«, sagt etwa Peri-Chef Peter Radel. Ähnlich sieht es Meva-Geschäftsführer Graf: »Digitale Unterstützung bei der Planung und vernetzte Erstellung von Bauwerken werden immer stärker nachgefragt. Mit unserem Joint Venture BIM² sind wir diesbezüglich bestens aufgestellt.« Und auch bei Hünnebeck sieht man eine leicht erhöhte Nachfrage und hat deshalb für die gängigsten Wand- und Deckenschalsysteme intelligente 3D-Komponenten zur Verwendung innerhalb der BIM-Software Tekla Structures bereitgestellt. 

Aus- und Rückblick

Das Jahr 2020 ist angesichts der sattsam bekannten Umständen für die heimische Schalungsbranche in Summe zufriedenstellend verlaufen – und das durchaus zur Überraschung aller Beteiligten. Nach der starken Verunsicherung im März hat sich die Situation schon im Laufe des Sommers wieder stabilisiert. Bis zum Jahresende konnte ein Großteil der Verluste wieder wettgemacht werden. Und auch für 2021 stehen die Chancen nicht schlecht. Doka berichtet von einem guten Start ins Jahr und guter Stimmung am Markt. Auch Peri verfügt über einen guten Auftragspolster und sieht die Entwicklung 2021 positiv, Meva erwartet im Frühjahr einen leichten Anstieg der Nachfrage. 

Auch Hünnebeck ist mit dem Auftakt zufrieden, rechnet aber in den nächsten Monaten mit einem abhängig vom Pandemieverlauf schwierigen Marktumfeld. Eine »sehr positive Dynamik am Markt« sieht Ringer. Die Auftragslage am Bau sei hervorragend, dazu würden viele Konjunkturprogramme bald anlaufen. Sorgen bereiten hingegen die steigende Rohstoffpreise und die Verfügbarkeit einzelner Rohstoffe.

 

Die wichtigsten Themen der Top 5

Der Bau & Immobilien Report hat nachgefragt, womit sich die Unternehmen aktuell beschäftigen:

DOKA

Optimieren und neu entwickeln: »Neben der ständigen Verbesserung und Weiterentwicklung der bestehenden Produkte und Services mit dem Ziel, die Produktivität auf der Baustelle zu steigern, widmen wir uns natürlich der Entwicklung gänzlich neuer Produkte. Das Spektrum ist breit und reicht von Neuentwicklungen und Anpassungen über die Erforschung neuer Technologien – etwa Oberflächen und Materialien – bis hin zur Optimierung von Sicherheit und Handling während des Einsatzes der Produkte. Ein eigenständiger Zweig sind natürlich auch Entwicklungen im digitalen Bereich, wo es auch um Sensorik, Datengewinnung und –auswertung  sowie Visualisierungen geht.«

Hünnebeck

Arbeitssicherheit und Service: »Zur Erhöhung der Arbeitssicherheit haben wir unser Know-how in einer eigenen Business Unit ›Safety‹ gebündelt. Unsere Kunden können damit europaweit von unserem Produkt-Know-how und unseren Beratungsleistungen profitieren.
Durch unsere professionellen Dienstleistungen erhält der Kunde einen rechenbaren Mehrwert in Form von Zeit- und Kostenersparnis. Das Spektrum reicht von der technischen Planung über die Produktvermietung, Reinigung und Reparatur, Transporte, Anwenderschulungen, Schalmeisterservice bis hin zur Projektbegleitung und zum Baustellencontrolling.«

Meva

Frühausschalung: »Unser Top-Thema derzeit ist die neue MevaDec-Generation, die schnellste Deckenschalung mit Frühausschalmöglichkeit auf dem Markt. Das behaupten wir nicht einfach, sondern können das nachweisen: Das unabhängige Institut für Zeitwirtschaft und Betriebsberatung Bau (izb) hat Zeitwerte bei der Anwendung unterschiedlicher Systeme schwarz auf weiß dokumentiert. Die Zahlen sprechen für sich: Die neue MevaDec-Generation ist deutlich schneller als jede andere modulare Deckenschalung. Darauf sind wir stolz – und in diese Richtung arbeiten wir weiter.«

Peri

3D-Betondruck: »Mit Hilfe eines 3D-Betondruckers lassen sich Betonstrukturen ohne Schalung schnell und kostengünstig realisieren – bei großer Gestaltungsfreiheit, denn dem Drucker ist es egal, ob die Wände gerade oder gekrümmt sind. Der BOD2-Drucker wird von nur zwei Personen bedient und ist weltweit der Schnellste (1 m/s). Der Bauablauf wird automatisiert und optimiert. Dies reduziert den Koordinationsaufwand. Die finale Planung liegt bereits vor Projektstart vor und bietet von Anfang an Planungssicherheit für alle Beteiligten. Diese Vorteile resultieren in Zeit- und Kostenreduktionen.«

Ringer

Digitalisierung: »Wir treiben die Digitalisierung auf allen Ebenen laufend voran. Projekte, die bereits vor dem ersten Lockdown geplant waren, wurden vorgezogen, andere in ihrer Umsetzung beschleunigt. Seit Februar 2021 verstärkt Robert Traxl das Management als technischer Geschäftsführer. Unsere Produktentwickler arbeiten laufend an der Weiterentwicklung unseres bestehenden Portfolios, haben aber auch neue Innovationen in der Pipeline. Ständiges Thema ist die Prozessoptimierung, sowohl in der Produktion als auch bei den Kundenabläufen.«

Last modified onMontag, 22 März 2021 19:36
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