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Mehrweg ist nicht ökologischer

\"''DieWerner Knausz, Vorstand der Altstoff Recycling Austria AG, im Interview.

Er spricht über die Auswirkungen der Krise aus die Altstoffindustrie und den weit verbreiteten Irrtum, dass mehr Wettbewerb zwangsläufig zu niedrigeren Preisen führt. Außerdem wünscht er sich eine Versachlichung der Einweg-Mehrweg-Diskussion und erklärt, warum Mehrwegverpackunge nicht a priori ökologischer sind als Einwegverpackungen.

(+) plus: Vor zwei Jahren hat sich die ARA neu aufgestellt. Acht Firmen wurden zu einer einzigen zusammengefasst. Wie fällt das Fazit der Neustrukturierung aus?

Werner Knausz: Der Zeitpunkt hätte nicht besser gewählt sein können, auch wenn uns das damals gar nicht bewusst war. Unmittelbar nach der Fusion ist die Krise ausgebrochen, und einige der Unternehmen hätten als Einzelunternehmen nur schwer überlebt. Durch die Zusammenführung sind wir deutlich effizienter geworden und durch kürzere Entscheidungswege rascher in der Umsetzung.

(+) plus:
Wie hat sich die Krise auf die neue ARA ausgewirkt?

Knausz: Die Preise auf den Altstoffmärkten sind völlig zusammengebrochen. Beim Kunststoff etwa von rund 400 Euro auf unter null. Das heißt, wir mussten plötzlich für das Recycling zahlen, wo es früher Erlöse gegeben hat. Die Krise hat uns auf einen Schlag Einnahmenausfälle von 40 Millionen Euro auf Jahresbasis beschert. Das sind mehr als 20 Prozent unserer Gesamteinnahmen. Die Kosten sind aber gleich geblieben. Deshalb haben wir schon Ende 2008 mit einem rigorosen Sparprogramm begonnen. 

(+) plus: Hat dieses kurzfristig aufgelegte Sparpaket gegriffen?

Knausz: Kein Unternehmen kann 20 Prozent einsparen. Aber es ist uns gelungen, rund zehn Millionen Euro einzusparen, das sind mehr als fünf Prozent. Der Rest musste über eine Tariferhöhung ab 1. Juli 2009 finanziert werden. Das war eine enorme Kraftanstrengung, weil es der gesamten Wirtschaft zu diesem Zeitpunkt nicht gut gegangen ist. Wir haben aber damals schon angekündigt, dass wir die Tarife sofort wieder senken, wenn sich die Altstoffmärkte erholt haben. Das ist jetzt der Fall. Mit 1. Jänner 2011 wurden die Tarife um bis zu 26 Prozent gesenkt. 

(+) plus: Wie haben sich die Tarife für die Wirtschaft in den letzten Jahren verändert?

Knausz: Seit dem Start der ARA haben wir eine tolle Lern- und Effizienzkurve hingelegt. Mit 148 Euro sind die durchschnittlichen Lizenzierungskosten für eine Tonne Verpackungsmaterial um 52 Prozent niedriger als im Jahr 1995.

(+) plus: Wie hoch ist der verbliebene Spielraum in der Preisgestaltung?

Knausz: Also viel Luft nach unten gibt es nicht mehr. Das liegt auch daran, dass wir ein sehr hohes Sammelniveau erreicht haben. Es ist der Wunsch der Politik, dieses Niveau noch weiter anzuheben. Aber es ist auch Tatsache, dass das Sammeln der letzten zehn Prozent teurer ist als der ersten zehn Prozent. Deshalb glaube ich nicht, dass wir ohne Reduzierung der Qualität der Sammlung das aktuelle Preisniveau noch signifikant unterschreiten werden können.

(+) plus: In einer echten Wettbewerbs­situation würden die Preise aber voraussichtlich weiter sinken.

Knausz: Das höre ich schon seit Jahren. Fakt ist: Wir sind für den Wettbewerb gerüstet. Bei unserer Performance und unseren Lizenzkosten ist die Suppe für einen Wettbewerber schon sehr dünn. Wettbewerb bedeutet auch nicht zwangsläufig niedrigere Preise, wie das Beispiel Deutschland zeigt. Dort sind die durchschnittlichen Lizenztarife teilweise um 100 Prozent höher als in Österreich.

(+) plus: Einweg vs. Mehrweg ist eine Diskussion, die auch in den letzten Monaten wieder verstärkt aufgekommen ist und teils sehr emotional geführt wurde. Wie sieht die Entsorgungswirtschaft diese Debatte?

Knausz: Meines Erachtens wird diese Diskussion sehr unglücklich geführt. Deshalb ist unser oberstes Ziel eine Versachlichung. Das Thema ist zu wichtig, als es rein auf einer ideologischen und emotionalen Ebene zu führen. Ein Argument der Mehrweg-Befürworter ist das angebliche Anwachsen des Restmülls durch Einwegflaschen. Fakt ist, dass der Anteil von Einwegflaschen im Restmüll seit 1993 um 25 Prozent gesunken ist. Ein weiteres Argument ist die Reduktion der CO2-Emissionen durch Mehrwegflaschen. Experten des Umweltministeriums haben errechnet, dass bei einer Quote von 50 Prozent Mehrwegflaschen rund 20.000 Tonnen CO2 eingespart werden könnten. Zum Vergleich: Die ARA spart pro Jahr durch das Sammeln und Recyclen von Verpackungen 600.000 Tonnen CO2 ein. Der finanzielle Aufwand für die zusätzlichen 20.000 Tonnen durch die 50-Prozent-Quote würde aber rund 700 Millionen Euro ausmachen. Da stellt sich schon die Frage, ob man dieses Geld nicht für effizientere Maßnahmen einsetzen könnte.

(+) plus: Die Mehrweg-Befürworter führen auch das Argument des Litterings an, also der Verunreinigung von Straßen, Plätzen, Parkanlagen oder öffentlichen Verkehrsmitteln durch liegen gelassene Abfälle.

Knausz: Das ist richtig, aber auch dieses Argument muss man differenziert sehen. Laut einer aktuellen Studie entfallen nur sechs Prozent des Litterings auf Verpackungsmaterial, davon ein Drittel auf Getränkeverpackungen. Den Löwenanteil von 68 Prozent machen Zigarettenstummel aus. Dieses Problem wird durch die strengeren Rauchverbote in Zukunft sogar noch verschärft werden. 

(+) plus: Österreicher gelten als vorbildliche Mülltrenner und Müllsammler. Wie ausgeprägt ist die Sammelsdisziplin bei PET-Flaschen?

Knausz: Acht von zehn PET-Flaschen, die auf den Markt gekommen sind, haben wir 2009 wieder gesammelt. Sechs von zehn sind wieder Getränkeverpackungen bzw. andere Lebensmittelverpackungen geworden. Die anderen zwei sind energetisch genutzt worden, sind zu Strom oder Fernwärme geworden und haben so fossile Brennstoffe ersetzt.  Nur zwei sind im Restmüll verblieben und dort energetisch genützt worden.

(+) plus: Ist nicht der Aufwand, aus einer PET-Flasche wieder eine Getränkeverpackung zu machen, deutlich höher als die Wiederverwendung einer Mehrwegglas­flasche?

Knausz: Nicht mehr. Ökologisch gesehen ist die PET-Einwegflasche nicht schlechter als die Glas-Mehrwegflasche. Das liegt neben der aufwändigen Reinigung vor allem am Transport. Eine PET-Flasche wird im direkten Umfeld der Konsumenten gesammelt, die Mehrwegflasche wird quer durchs ganze Land zum Produzenten gefahren, dort gewaschen und wieder befüllt.

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