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Die schauen nur aus wie wir ...

\"sparen… sind aber ganz anders. Dass sich Amerikaner und Europäer ähnlich seien, ist eine Illusion, die durch die mediale Omnipräsenz genährt wird. Aber da liegt mehr als nur der Atlantik dazwischen ...

Nach drei Monaten an einer amerikanischen High School konfrontierte mich mein Sohn ziemlich entgeistert mit seiner neuesten Erkenntnis: »Die Amerikaner schauen nur aus wie wir, sie sind aber ganz anders.«

In Japan oder in China oder in Afrika ist dem Besucher sofort klar,  dass er sich auf fremdem Territorium in einer fremden Kultur bewegt. Die Amerikaner aber scheinen uns so vertraut, so ähnlich, irgendwie sind wir ja mit ihnen, sprich mit ihren Filmen und Serien aufgewachsen – und das täuscht darüber hinweg, dass uns Welten trennen.

Das Aha-Erlebnis meines Sohnes wurde ausgelöst dadurch, dass sich ein Mitschüler, den er bis dahin für einen ziemlich Vernünftigen gehalten hatte, freiwillig zur Armee meldete – mit 16, und nicht etwa, um über die Armee zu einer Ausbildung und zu Studienmöglichkeiten zu kommen. Der Schulkollege hat sich zu den Waffen gemeldet, weil er sein Land in Afghanistan, im Irak oder in Libyen verteidigen will, und der sanfte Hinweis, dass Landesverteidigung auf fremdem Staatsgebiet ein Widerspruch in sich sei, löst heftige Reaktionen aus. Ein echter Patriot kämpft immer und überall für sein Land.

Die USA geben rund fünf Prozent des BIP für das laufende Militärbudget aus und dazu kommen dann noch die Kosten für die diversen Kriege – rund vier Billionen in den vergangenen Jahren.

Aber von Budgetkürzungen zu reden, ist ein Sakrileg, auch in der alles beherrschenden Diskussion um den gigantischen Schuldenberg. Die republikanischen Präsidentschaftskandidaten etwa überschlagen sich mit Vorschlägen, welche Ministerien eingespart und welche Programme gekürzt werden sollen, aber der Kriegsapparat steht außer Diskussion. »Wir sind im Krieg«, sagt etwa Rick Perry, der Gouverneur von Texas, der drei Ministerien streichen will (sich aber in der Debatte auf CBS nicht daran erinnern konnte, welche drei das nun seien). Alle Mittel seien gerechtfertigt, sagt er, und weitere sechs von acht Kandidaten folgen ihm.  »Wenn ich Präsidentin werde«, sagt etwa Michele Bachmann, »dann würde ich Waterboarden sofort wieder erlauben.« Bachmann hält bei vier Prozent in den Meinungsumfragen, die Gefahr ist also nicht besonders groß, aber auch die meisten anderen Bewerber halten Folter für ein legitimes Mittel im Kampf gegen wen auch immer. Nur der texanische Mediziner Ron Paul wirft ein, dass damit internationales Recht verletzt wird und dass die US-Gesetze ebenfalls keinerlei Rechtfertigung fürs Foltern finden. Außerdem: »Es ist unzivilisiert und es gibt keinen Hinweis darauf, dass es von praktischem Nutzen sei.«

Mit dieser grundanständigen Aussage wird er zum Außenseiter in einer absurden Runden von Möchtegern-Präsidenten.

Der jetzige Oberbefehlshaber Obama ist freilich das große Angriffsziel der Grand Old Party (GOP), aber dafür, dass er einen amerikanischen Staatsbürger und seinen 16-jährigen Sohn durch Drohnenangriffe ermorden ließ, kriegt sogar er Applaus. Alles ist recht im Kampf gegen den Terrorismus, sagt der Präsident und selbst die politischen Gegner assistieren. Den moralischen Führungsanspruch haben die USA längst verloren ...

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