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Das Brot der frühen Jahre

Das Brot der frühen Jahre

Ein persönlicher Rückblick auf eine Zeit, als die Telekommunikation nach Österreich kam: Report-Herausgeber Alfons Flatscher besinnt sich auf die Anfänge des Start-up-Themas Mobilfunk und des Magazins Telekom & IT Report.

Der 1.1.1998, ein magisches Datum. Brüssel hat es vorgegeben. Bis dahin musste der Telekommunikationsmarkt geöffnet werden. Wettbewerb wurde erlaubt, unabhängige Regulierungsbehörden eingerichtet. Natürlich hätte man schon früher aufbrechen können in die neue Zeit, aber Wien hielt vom Hudeln nichts und verzichtete aufs Überpünktlichsein. Allein die Mobilfunker waren früher dran. 1996 wurde die Mobilkom Austria gegründet, praktisch als Start-up, in das die Post- und Telegrafenverwaltung, der Monopolbetrieb, ihren fast nicht vorhandenen Mobilfunkbereich ausgliederte und eine Spielwiese schuf für ein neues Geschäftsfeld mit einem neuen Management um Heinz Sundt, den ehemaligen IBM-Mann. Im selben Jahr, 1996, erhielt der erste private Anbieter, das Ö-Call-Konsortium, seine Lizenz. Eine Gruppe rund um Siemens, Bawag, Raiffeisen, DeteMobil und Kronen Zeitung hatte in einem heiß umkämpften Vergabeverfahren den Zuschlag erhalten.

Aufbruchstimmung

Es braute sich etwas zusammen. Eine ideale Situation für einen Verlag, ein Magazin in einen sich neu formierenden Markt zu setzen. Christoph Silber, damals Chef des Extradiensts, sollte Chefredakteur werden. Der penible Arbeiter begann eine ganze Bibliothek internationaler Zeitschriften aufzubauen, die uns bei unserem Do-It-Yourself-Verfahren helfen sollten. Denn Hilfe brauchten wir, von Telekommunikation hatten wir nämlich keine Ahnung. Wir waren damit in guter Gesellschaft. Es gab niemanden, der sich auskannte – wie denn auch, es war ein neues Feld. Auch die vielen neuen Rekruten aufseiten der in den Startlöchern scharrenden Anbieter waren Neulinge in dem Feld, von dem alle ahnten, dass es neue Maßstäbe setzen würde. Wo es genau hingehen würde, wusste aber keiner wirklich. Aufbruchstimmung lag in der Luft.

Hans Jörg Tengg wurde zum Geschäftsführer der Ö-Call-Gruppe bestellt und brachte mit Getöse – er konnte nicht anders – max.mobil an den Start. Ein Schilling pro Minute war die Billigansage, klax.max, das Prepaid-Modell. Der resolute Tiroler sorgte für viel Schwung im neuen Markt, aber die Mobilkom war nicht der erwartete Jausengegner.

Unter dem IBM-geeichten Strategen und gewieften Manager Heinz Sundt war von der Behäbigkeit des Ex-Monopolisten nichts zu spüren. Sundt bewies eine außergewöhnliche Hand für außergewöhnliche Talente: Der junge Hannes Ametsreiter machte unter ihm im Marketing seinen Aufstieg und aus dem Technikchef Boris Nemsic wurde ein Allround-Manager besonderen Kalibers. Die max-Eigentümer erkannten bald, dass die Tengg‘sche Brachialität nicht ausreichen würde. Für die Abwicklung der Konsumpleite war Tengg der Mann der Stunde gewesen, wo es ums Schnellsein und ums spontane Verhandeln ging, und auch in den frühen Tagen von max war Tenggs Energie genau richtig. Doch kaum hatte das Vehikel Fahrt aufgenommen, brauchte es einen anderen Steuermann. Der Steirer Georg Pölzl, der die beruflich formativen Jahre bei McKinsey & Co verbracht hatte, wurde bestellt.

Das alles war die Ouvertüre zu dem Stück, das wir mit unserem Report begleiten wollten. Das Brodeln war zu spüren und bald war klar – wir mussten früher loslegen. Wir mussten Erster in einem neuen, aber engen Markt sein, und andere Verlage hatten auch schon ihre Vorbereitungen gestartet. Also rief ich Chris­toph an: »Ich habe eine schlechte Nachricht für dich: Wir müssen früher loslegen«, erklärte ich und erhielt eine Antwort, die meine Lebensrealität dramatisch verändern sollte: »Ich hab auch eine schlechte Nachricht für dich: Ich geh zum Kurier.« Dort ist er heut noch. Für ihn war es die richtige Entscheidung.

Vorteil, Nachteil und Siegeszug

Als wir den Verlag Ende 1996 gründeten, gerade in der Phase, als die deutschen Medienkonzerne – Gruner & Jahr, Süddeutsche, Holzbrinck et al. – den österreichischen Markt leerkauften und wir nach unserer Existenzberechtigung gefragt wurden, formulierte ich flapsig:  »Wir haben einen großen Vorteil: Kein deutscher Konzern im Rücken! Wir müssen nicht nach München, Stuttgart, Hamburg rapportieren. Wir sind unabhängig, wir sind schnell, wir tun, was wir für richtig halten.« Gleichzeitig wusste ich: Wir haben einen großen Nachteil – keinen großen Verlag im Rücken. Im Zweifelsfall zahlen wir selbst.

Christoph Silber hatte mich am falschen Fuß erwischt und ich musste mich von der Absage erst erholen. Es galt schnell zu sein und so wurde ich zum ersten Chefredakteur des ersten Telekom-Magazins in Österreich. Wenn man eh schon so viele Hüte aufhat, was macht da einer mehr.

Immerhin war Christoph so freundlich, mir kartonweise die gesammelten internationalen Magazine vorbeizubringen. Ich bin froh, dass er mich nie gefragt hat, ob ich sie denn auch gelesen habe.

Connect Austria, der dritte Mobilfunkanbieter, mithilfe der RHI und ihrem Manager Robert Kremlicka aus der Taufe gehoben, stand am Start. Kaum war die Frequenzvergabe im DCS-1800-Frequenzband gewonnen, war die für drei Jahre zugesicherte Exklusivität schon in Gefahr. Die Mobilkom unter Sundt fürchtete, in eine Zange zu geraten. Auf der einen Seite der aggressive Preisdrücker max und dann der dritte Anbieter One, der aus dem alleinig gesicherten Funkband heraus mit besonderer Qualität reüssieren konnte. Deshalb setzten die Lobbyisten der Mobilkom, kunstvoll orchestriert von Peter Hochegger, alles daran, um auch einen Teil der 1800er-Frequenzen zu bekommen. Sie beriefen sich darauf, dass ihre Kapazitäten erschöpft seien und ohne Neuzuteilung die Versorgung der eigenen Kunden nicht sichergestellt werden könnte. Mit einer Legion von Gutachtern aufmunitioniert, überzeugten sie letztlich Heinrich Otruba, den damaligen Chef der Regulierungsbehörde, und die Mobilkom erhielt 2 x 5 Megahertz aus dem DCS-1800-Frequenzband –  zunächst auf Wien beschränkt. Das reichte, um One das Qualitätsargument zu nehmen und dem dritten Anbieter den Start richtig zu verhageln. One erfing sich über Jahre nicht.

Am Anfang der Liberalisierung dominierten die Mobilfunker das Geschehen – und 2018 ist es erst recht so. Hutchison Drei Austria hat zunächst One übernommen und jetzt den Festnetzanbieter Tele2, T-Mobile hat sich tele.ring einverleibt und nun den Kabelnetzbetreiber UPC. Und die Telekom Austria wird demnächst nur mehr A1 heißen. Mit neuem Logo, versteht sich. Das ist der Siegeszug des Mobilfunks.

Last modified onMontag, 23 Juli 2018 16:07
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