»Chance Hochbau 2011«
- Written by Mag. Bernd Affenzeller
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Fotos zur Veranstaltung finden Sie hier
Im Jahr 2003 hatte der Hochbau in Österreich mit enormen Problemen zu kämpfen. Die öffentliche Hand wandte sich vermehrt dem Tiefbau zu, die Investitionen im Hochbau gingen dramatisch zurück. Helmut Kus, dem damaligen Geschäftsführer von hagebau und Öbau, ging diese Entwicklung gehörig gegen den Strich. Offen kritisierte er, dass die Infrastruktur-Offensive nicht zu Lasten des Hochbaus gehen dürfe. Gemeinsam mit dem Bau & Immobilien Report keimte die Idee einer »Initiative Hochbau«, die der Politik den volkswirtschaftlichen Nutzen des Bauens näher bringen sollte. Die »Chance Hochbau« war geboren. In der Zwischenzeit hat sich die Enquete »Chance Hochbau« zu einer zentralen Kommunikationsplattform der Baubranche entwickelt und als Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft etabliert.
Am 13. Oktober veranstaltete der Bau & Immobilien Report die Enquete »Chance Hochbau« zum bereits neunten Mal. Im Gironcoli-Kristall in Wien nutzten mehr als 200 Entscheidungsträger aus der Baubranche die Möglichkeit, sich auszutauschen und über neue Entwicklungen zu informieren. (Fotos zur Enquete)
Leistbares Wohnen
Der erste Themenblock widmete sich dem heißen Eisen Wohnbauförderung. In seiner Key Note appellierte Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel an die Politik, durch eine bedarfsgerechte Finanzierungszusage den steigenden Wohnungsbedarf abzusichern und leistbar zu gestalten. »Um den Mittelbedarf zu erhalten, schlagen wir eine bundesweite Bedarfsprognose vor, die durch ein anerkanntes, neutrales Institut errechnet wird.« Zusätzlich seien neue Wege zu beschreiten, um privates Kapital mit fiskalischen Anreizen zu akquirieren, etwa Abschreibungsmöglichkeiten für Hausbauer oder ein Sanierungsscheck für barrierefreie Wohnungsadaptierungen.
In der anschließenden Podiumsdiskussion trafen die Vertreter der Bauwirtschaft auf die Politik. Josef Muchitsch, ab Jänner neuer Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Bau-Holz, bezeichnete die Lockerung und Abschaffung der Zweckbindung als einen »folgenschweren politischen Fehler«. »Damit hat man sich von einem wichtigen sozialpolitischen Instrument verabschiedet«, so Muchitsch. Naturgemäß anders wurde die Situation von Wolfgang Sobotka, Landeshauptmann-Stellvertreter Niederösterreich, bewertet. Die Aufhebung der Zweckbindung hätte den Ländern viel Bewegungsfreiraum verschafft. »Man darf jetzt nicht auf die Idee kommen, die Länder wieder in die Zange zu nehmen«, so Sobotka, der die Wohnbauförderung als »ganz normale Ertragsmittel« bezeichnete, die von der Politik bestmöglich eingesetzt werden.
Strabag-Vorstand Franz Urban sprach sich vor allem für mehr Planungssicherheit aus. »Es ist unbestritten, dass gespart werden muss. Das hindert die Politik aber nicht daran, klar zu kommunizieren, wie viel Gelder in welchem Zeitraum zur Verfügung stehen.«
Rockwool-Geschäftsführer Franz Böhs warnte davor, die Haushalte mit zu hohen Energiekosten zu belasten und forderte eine enge Koppelung der Wohnbauförderung an die thermische Qualität der Gebäudehülle, um damit die Energieeffizienz sicher zu stellen.
Rot-Grün und die Bauwirtschaft
Im zweiten Themenblock versuchten Vertreter von Politik und Wirtschaft die Auswirkungen der rot-grünen Koalition auf die Wiener Bauwirtschaft zu analysieren. Den Startschuss lieferte Kurt Stürzenbecher, Vorsitzender des Ausschusses für Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung, mit einem Überblick über aktuelle Aktivitäten in der Bundeshauptstadt. Sein Fazit: »Die Koalition funktioniert. Ende Mai war in Wien ein Gesamtvolumen von 673 Millionen Euro in Bau«, so Stürzenbecher.
Unterstützung gab’s vom Koalitionspartner. Christoph Chorherr attestierte der neuen Wiener Regierung große Schritte, verwies aber auch darauf, dass die Grünen als Juniorpartner ihre Rolle erst finden mussten. »Die grüne Handschrift ist aber bereits erkennbar«, so Chorherr. So wollen die Grünen in der Stadtplanung mehr darauf achten, städtische Qualitäten zu entwickeln, um ein Abwandern in die Peripherie zu verhindern. Eine endgültige Absage erteilte Chorherr den »Supermarktschachteln« am Stadtrand. »Die wird es in Zukunft nicht mehr geben.«
Kritik an der Regierungsarbeit kam von der Opposition. Isabella Leeb von der ÖVP Wien ortete eine mangelnde Unterstützung für Wiener Unternehmen seitens der Politik. Statt Unternehmen zu fördern, die Arbeitsplätze schaffen, würden nur Geschenke verteilt. »Die Anhebung der Mindestsicherung hat dazu geführt, dass von österreichweit 22.000 Beziehern der Mindestsicherung 16.000 in Wien leben«, so Leeb. Durch diese Geschenke fehle das Geld, das eigentlich zur Standortsicherung in den Infrastrukturausbau fließen sollte.
Carl Hennrich, Geschäftsführer vom Fachverband Steine-Keramik, verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, dass sich die Handschrift der Grünen unter anderem in einer Stärkung der Wohnbauförderung und einem klaren Bekenntnis zur Sicherung von leistbarem Wohnraum zeigen wird. Auch in der Verkehrsinfrastruktur gäbe es laut Hennrich noch Optimierungspotenzial.
Für Bauträger Winfried Kallinger waren die »großen, spektakulären Auswirkungen« der neuen Regierung noch nicht sichtbar. »Das ist aber auch kein Fehler, schließlich hat die Bauwirtschaft in den letzten Jahren in Wien ganz gut gelebt.« Kritik äußerte er an zum Teil »unsinnigen Verordnungen« wie etwa den Stellplatzverpflichtungen, die in vielen Teilen der Stadt einen institutionalisierten Leerstand produzieren würden. Die großen Supermärkte mit ihren riesigen Parkplätzen bezeichnete Kallinger als reine Bauplatzvernichtung.
>> Die Location:
Die Kunst- und Eventhalle Gironcoli-Kristall bildet einen einzigartigen Rahmen für Firmenevents, Präsentationen, Konferenzen, Symposien und Festlichkeiten. Innen und außen sorgen monumentale Skulpturen des bekannten österreichischen Bildhauers Bruno Gironcoli für eine einzigartige Atmosphäre.
Infos unter www.strabag-kunstforum.at