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»Oberstes Ziel ist Stabilität«

Foto: »Die Nomenklatur der Ardex-Produkte war für mich wie das Periodensystem.  Da versteht man anfangs auch nichts, bis es plötzlich logisch wird.« Foto: »Die Nomenklatur der Ardex-Produkte war für mich wie das Periodensystem. Da versteht man anfangs auch nichts, bis es plötzlich logisch wird.«

Wenn Gunther Sames über seine Ziele als neuer Ardex-Geschäftsführer spricht, dann fällt oft das Wort »wir«, selten »ich«. Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report erklärt er, warum ihn der Ardex-Teamgedanke beeindruckt hat, in welchen Produkten und Märkten er das größte Potenzial sieht und darüber, was er verändern und was er beibehalten wird.

Report: Sie haben mit 1. September die Geschäftsführung von Ardex übernommen. Seit 1. März haben Sie sich auf die neue Aufgabe vorbereitet. Was haben Sie in diesem halben Jahr gemacht?

Gunther Sames: Diese Phase war dreigeteilt. Zuerst ging es einmal darum, Kenntnisse über die Produkte zu gewinnen. Dafür war ich in zahlreichen Labors unterwegs und habe eine für mich völlig neue Welt kennengelernt. Ardex war ja für mich weitgehend ein unbeschriebenes Blatt. Ich kannte zwar die Fabrik in Loosdorf, damit war mein Wissensstand aber am Ende. Eine besondere Herausforderung war dabei die Nomenklatur der Produkte. Das war wie das Erlernen des Periodensystems. Da hat man auch lange das Gefühl, dass keine Logik dahinter steckt. Aber dann irgendwann ist alles sonnenklar. Jetzt ist es nicht so, dass ich jedes Produkt bis ins kleinste Detail kenne. Aber die Grundcharakteristika sind mir bekannt.

Report: Was waren die anderen Phasen abseits der Produktebene?

Sames: In der zweiten Phase ging es mir darum, so viele Ardex-Märkte wie möglich kennenzulernen. Und zwar außerhalb meiner jetzigen Zuständigkeit, um unvoreingenommen mit teils auch naiven Fragen durch die Länder zu ziehen und Logiken zu erkennen und zu erfassen. Das wäre in Märkten, für die ich heute verantwortlich bin, deutlich schwieriger gewesen. Die Unbekümmertheit hätte gefehlt.

Und dann war ich drei Monate Schulter an Schulter mit Anton Reithner unterwegs, von Montagfrüh bis Freitagabend. Da wurde ein Puzzlestück nach dem anderen zu einem gesamten Ardex-Bild zusammengesetzt. Es gab unglaublich viele Besprechungen, Manöverkritik nach jedem Meeting. Autofahrten wurden ebenso für den intensiven Austausch genutzt wie Wartezeiten am Flughafen.      

Report: Ihr Vorgänger Anton Reithner war 28 Jahre im Unternehmen. Wie groß sind die Fußstapfen, die er hinterlässt?

Sames: Die sind natürlich groß. Eine Ära, die so lange gedauert hat und so erfolgreich war, hinterlässt natürlich ihre Spuren. Es gibt zwei Fehler, die ich auf keinen Fall begehen darf: Weder darf ich meinen Vorgänger kopieren noch alles über den Haufen werfen. Natürlich werde ich meine persönliche Note einbringen, bestimmte Veränderungen bringt schon alleine der Generationenwechsel mit sich.

Report: Welche Veränderungen können und werden das sein?

Sames: Die ersten Veränderungen betreffen die Formate einzelner Sitzungskonstellationen. Teilnehmergruppen werden sich ändern. Da ist vieles his­torisch gewachsen, was heute gar nicht mehr hinterfragt wird, aber vielleicht nicht mehr den ursprünglichen Sinn erfüllt. In Zukunft werden wir nicht mehr die Verkaufsgruppen einzeln zum Gespräch bitten, sondern alle Verantwortlichen sowohl für das Inland wie für den Export gemeinsam. Denn viele Themenstellungen, die sich im ersten Moment sehr speziell anhören, sind im Detail sehr ähnlich.

Report: Was läuft aus Ihrer Sicht schon jetzt richtig gut bei Ardex?

Sames: Da fällt mir als Erstes der gelebte Teamgedanke ein. Da ist nichts gekünstelt oder gespielt, sondern das ist Teil der Ardex-DNA. Diesen Teamgedanken werde ich weiter hochhalten und kultivieren.

Report: Wie sind die ersten drei Monate gelaufen? Gab es trotz der intensiven Einarbeitungsphase noch Überraschungen?

Sames: Wirklich große Überraschungen gab es nicht. Wenn man eine Übergabe qualifizieren kann, dann würde ich sagen, wir haben 100 von 100 Punkten erreicht. Der Vorlauf war perfekt und die Akzente, die in der Übergangsphase von meinem Vorgänger gesetzt wurden, hervorragend. Es ist auch sehr hilfreich, dass Anton Reithner nach meiner Maßgabe weiterhin in beratender Funktion zur Verfügung steht.

Report: Bei Ihrer Bestellung haben Sie gemeint, Ihr Fokus liegt auf der Stärkung der Marktstellung in Österreich und den Exportmärkten. Mit welchen Maßnahmen soll das gelingen?

Sames: In Österreich sind wir Marktführer. Da können wir kaum noch zulegen, da geht es einfach um die Festigung dieser Position. Dafür werden wir im kommenden Jahr eine Fülle an neuen Produkten auf den Markt bringen. Alleine im Bereich Bodenbelagsklebstoffe kommen neue Produkte, und wir werden einen neuen Fliesenkleber auf den Markt bringen.

Report: Mehr Luft nach oben gibt es in den Exportmärkten.

Sames: Das ist richtig. Im Export gibt es sicher noch einige Länder, die noch nicht richtig exploriert wurden. Das wollen wir Schritt für Schritt ändern und sind auch auf einem guten Weg. Es ist uns etwa gelungen, den Qualitätsgedanken Österreichs und das damit verbundene Preisniveau auch in Ländern mit deutlich geringerer Kaufkraft zu verankern. Am Südbalkan, in Albanien, dem Kosovo, Montenegro und Mazedonien, reüssieren wir mit denselben Preisen wie in Österreich. In Albanien haben wir uns auch personell verstärkt, weil sich dort vor allem im höherwertigen Tourismussektor einiges tut, und da zählen Qualität und Sicherheit. Dazu kommt, dass viele Bauherren in diesen Ländern im Ausland groß geworden sind, jetzt in die Heimat zurückkehren und natürlich das entsprechende Qualitätsverständnis mitbringen. Und auch die internationale Architektenwelt hat diesen Teil der Erde für sich entdeckt.

Report: In welchen anderen Ländern sehen Sie das größte Potenzial?

Sames: Wir setzen große Hoffnungen in den russischen Markt. Wir haben das Unternehmen dort im Juli neu aufgestellt und ein massives Schulungsprogramm durchgezogen. Mittlerweile ist auch der Rubelkurs wieder stabil und auch die Querelen auf politischer Ebene haben sich wieder etwas gelegt. Deshalb glauben wir, dass wir uns in Russland mittelfristig gut entwickeln werden.

Report: Bei welchen Produktgruppen sehen Sie aktuell das größte Potenzial?

Sames: Wir werden uns im Bereich der Bodenbelagsklebstoffe verbessern. Da waren wir zwar auch schon bisher präsent, sind aus meiner Sicht aber nicht kompetent genug aufgetreten. Nicht zuletzt durch eine Akquisition haben wir enorm an Know-how gewonnen und das wird sich auch am Markt zeigen. Auch im Bereich der Estriche sehe ich großes Potenzial. Auch da haben wir jüngst ein Unternehmen für Zusatzprodukte für Estriche zugekauft. Aktuell läuft die Synergieanalyse. Die Ergebnisse wird man im nächsten Jahr sehen.

Report: Welche konkreten Ziele setzen Sie sich für das Jahr 2018?

Sames: Oberstes Ziel ist Stabilität. Wir wollen mit der generell positiven Konjunktur mitfahren, natürlich über der Konjunktur performen, aber nicht outperformen. Davon hat langfristig niemand etwas. Auf Mitarbeiterseite wollen wir die neuen Produktsparten in Österreich vorerst mit dem bestehenden Team auf den Markt bringen, abhängig von den Umsatzentwicklungen ist aber eine personelle Aufstockung denkbar. In den Exportmärkten werden wir auf jeden Fall massiv in Mitarbeiter investieren.

Report: Welche Wünsche an eine neue Bundesregierung haben Sie als neuer Ardex-Geschäftsführer?

Sames: Wichtig wären aus meiner Sicht vor allem konjunkturunterstützende Maßnahmen im Wohnbau, sowohl im Neubau wie auch in der Sanierung. Die Nachfrage ist gegeben, darauf muss man reagieren. Und zwar in einer Form, die für die ausführenden Unternehmen machbar ist. Kurzfristige Baubooms, die zu Kapazitätsengpässen und höheren Preisen führen, dann aber in sich zusammenbrechen, sind da absolut kontraproduktiv.

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