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Karriere auf der Baustelle

In kaum einer anderen Branche gibt es so viele Berufsmöglichkeiten wie in der Bauwirtschaft. Entsprechend zahlreich sind die Ausbildungswege und Fortbildungsangebote.

 

»Früher mussten meine Lehrlinge beaufsichtigt werden. Eigenständiges Arbeiten war ein Fremdwort. Heute bauen sie allein kleine Häuser und Garagen«, zeigt sich ein Vorarlberger Bauunternehmer zufrieden mit dem Projekt Lehrlingsbaustelle. Als Projektpartner schickt er seine Lehrlinge für ein bis zwei Monate nach Schwarzach. »Die Partnerbetriebe werden genau angesehen«, sagt Andreas Müller, Geschäftsführer der »Initiative Handwerk« und Initiator der Lehrlingsbaustelle. Das Besondere an der Lehrlingsbaustelle: 90 Prozent der Baustellenarbeit werden von Lehrlingen umgesetzt. Nur zehn Prozent bewerkstelligen Poliere, Kranführer und Baubetreuer. Bei einer normalen Baustelle ist das Verhältnis meist genau umgekehrt. Je mehr der Lehrling auf sich gestellt ist, desto mehr lernt er, lautet die Devise.


Jedem Maturanten seine Lehre
Im Schnitt kommen auf eine Lehrlingsbaustelle rund 70 Lehrlinge, es ist aber auch schon vorgekommen, dass auf einer Baustelle gleichzeitig 300 Lehrlinge im Einsatz waren. Fast immer sind Jugendliche aller 17 Lehrberufe mit dabei: vom Maurer-, Installateur-, Elektro- bis zum Dachdeckerlehrling. Ziel der Lehrlingsbaustellen, die bisher in Vorarlberg, Tirol, Oberösterreich, Niederösterreich, im Burgenland und in der Steiermark errichtet wurden, ist, gut qualifizierte Lehrlinge für die Bauwirtschaft auszubilden. »Denn gute Handwerker sind die Gewinner der Zukunft«, so Müller. Derzeit versucht er, auch in Kärnten eine Lehrlingsbaustelle zu initiieren. Neben der klassischen Zielgruppe der 16-jährigen Burschen hat Müller zwei weitere Gruppen als Zielobjekte im Visier: Maturanten und vor allem Frauen, die neben den traditionell typischen Lehrberufen in den Bereichen Einzelhandel, Friseur und Büro auch Lehrberufe in der Bauwirtschaft ins Auge fassen sollten.

50 Prozent Frauen am Bau
Heute sind Frauen am Bau immer noch selten, aber nicht vom Aussterben bedroht. Sogar unter den Europameistern beim Bodenlegen befindet sich eine Frau. »Mein Ziel ist es, auf einer Baustelle 50 Prozent Frauen bei den Lehrlingen unterzubringen«, so Müller. Bis dahin fehlt allerdings noch einiges. Man müsse in Generationen denken, so Müller. Insgesamt wurden bisher zehn Baustellen durch das Projekt Lehrlingsbaustelle seit dem Beginn 1999 abgewickelt. Pro Lehrlingsbaustelle werden meist 30.000 Euro an Förderungen von der Wirtschaftskammer lukriert. Mit der Lehrlingsbaustelle wird aber nicht nur das Ziel verfolgt, gute Lehrlinge auszubilden. Dort geht es auch darum, dass der Hausbau den ökologischen Trends der Zukunft gerecht wird: Das Gebäude muss so viel Energie erzeugen, wie es selbst braucht.

Hohes Ausbildungsniveau
Schüler und Jugendliche ab 14 Jahren, aber auch deren Eltern und Baumeister soll die Kampagne »BAU deine Zukunft« der Bundesinnung Bau ansprechen. Die Kampagne soll die Karriere- und Verdienstmöglichkeiten der Bauberufe aufzeigen und ein Bewusstsein schaffen, dass Lehrberufe in der Bauwirtschaft für eine Ausbildung auf höchstem Niveau, mit einer trialen Ausbildung, stehen. »Viele Jugendliche sind nicht ausreichend über die Chancen eines Bauberufs informiert und verpassen möglicherweise eine tolle Karriere und eine erfolgreiche Zukunft«, so Bundesinnungsmeister Hans Frömmel zu dieser Initiative, die 2004 bereits gestartet wurde. Etwa 16.000 Lehrlinge sind in den Bauberufen beschäftigt. Gefragt sind zurzeit Fachkräfte wie Maurer, Bauleiter, Bautechniker oder Tiefbauer, sowohl Männer als auch Frauen.

Gut bezahlte Lehrberufe
Warum gerade eine Lehre in der Bauwirtschaft? Der wachsende Wohnraumbedarf und die steigenden Sanierungserfordernisse sichern mittelfristig den Aufschwung in der Baubranche, heißt es in der Innung. Strategisch denkende Unternehmer investieren jetzt in die Qualifikation der Mitarbeiter, um bei anspringender Konjunktur ein wettbewerbsfähiges Team zu haben. Im Gegensatz zu anderen Branchen sind Bauberufe auch nicht so stark durch Automatisierung gefährdet: Arbeit am Bau kann kaum durch Maschinen ersetzt werden. Maurer, Schalungsbauer und Tiefbauer gehören zu den bestbezahlten Lehrberufen. Bereits im ersten Jahr verdient man 778 Euro pro Monat, im zweiten 1.167 und im dritten erhält ein Baulehrling 1.556. Die einfache Lehre dauert drei Jahre, Doppellehren wie Maurer/Schalungsbauer oder Maurer/Tiefbauer dauern vier Jahre. Pro Bundesland gibt es einen Lehrlingsexperten, der Info-Veranstaltungen an den Schulen bzw. bei den Betrieben durchführt und als Ansprechpartner fungiert.

Wettbewerbsfähigkeit unterstützen
»Wir sind keine Hellseher und wissen nicht, wie stark die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf das Baugewerbe – vielleicht auch im nächsten Jahr – durchschlagen werden«, meint Josef Rechberger, Geschäftsführer der Austria Bau Oberösterreich GesmbH (ABAU). Mit einschlägigen Fortbildungsmaßnahmen im ABAU-College soll die Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedsunternehmen gestärkt werden. Unter anderem werden Lehrgänge angeboten, in denen sich Facharbeiter zum Vorarbeiter qualifizieren können. Aufbaulehrgänge gibt es auch für Poliere und Bauleiter. Unternehmen werden bei der Auswahl ihres Personals unterstützt, ein Bewerbungsleitfaden von ABAU angeboten. Unternehmen erhalten aber auch eine Hilfe bei der Ausbildungsplanung.
»Der einzige Weg, zu guten Fachkräften zu kommen, ist, Lehrlinge auszubilden«, sagt Margit Bencic, verantwortlich für Personal- und Organisationsentwicklung bei ABAU OÖ. Zieht man die erbrachte Leistung ab, kostet ein Lehrling eine Firma über drei Jahre hinweg bis zu 16.000 Euro, rechnet Bencic vor. Wenn zehn oder zwölf Lehrlinge in einem Unternehmen aufgenommen werden, dann kommt schon etwas zusammen.
Ob die Ausbildungsfreudigkeit für Lehrlinge in den Unternehmen von der Wirtschaftskrise stark beeinträchtigt ist? »Sicherlich ist man jetzt vorsichtiger«, ortet Bencic. Denn mit der Ausbildung von Lehrlingen übernimmt der Unternehmer Verantwortung, es ginge schließlich auch um ein dreijähriges Investment. Wenn ein Unternehmer bisher fünf bis sechs Lehrlinge aufgenommen hat, werden es heuer vielleicht nur vier sein. Bencic plädiert aber dafür, dass gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten Weiterbildung nicht aus dem Auge verloren werden soll.

Schule für Makler
Auch aus den Immobilienakademien werden zunehmend interessante Fortbildungsstätten. »Die ÖVI Immobilienakademie bietet ein umfassendes Aus- und Weiterbildungskonzept für alle Personen, die in der Immobilienwirtschaft tätig sind bzw. sein wollen«, erklärt Anton Holzapfel, Geschäftsführer der ÖVI Immobilienakademie Betriebs GmbH. ÖVI steht für Österreichischer Verband der Immobilientreuhänder. »Aus der Praxis – für die Praxis« ist für Holzapfel ein wichtiges Motto. Mit dem Aufbau der Lehrpläne, der Auswahl der Referenten und der Gestaltung der Unterlagen soll ein größtmöglicher Praxisbezug hergestellt werden. Einzelseminare zu aktuellen Themen werden dort ebenfalls angeboten, wie Basisausbildungen zum Makler und Verwalter. Kurse zur Vorbereitung auf die Befähigungsprüfung Makler/Verwalter/Bauträger stehen ebenso am Ausbildungsplan wie eine zweiwöchige Summer School zum Thema Immobilienbewertung.
Die Kursdauer in der Immobilienakademie variiert von 60 bis 180 Einheiten. Jährlich nehmen dort mehr als 1.000 Personen teil. »Die Professionalisierung der Immobilienwirtschaft war vor allem in den 90er-Jahren ein Schlagwort«, erklärt Holzapfel. Es erfolgten wichtige Aufbauarbeiten an Universitäten und Fachhochschulen. Auch die Gründung der Immobilienakademie war ein wichtiger Baustein. Tatsache ist, dass jetzt eine Vielzahl von gut ausgebildeten Immobilienexperten in leitenden Positionen tätig ist, denen Aus- und Weiterbildung ein besonderes Anliegen ist.


Berufliche Neuorientierung
Die Akademie für Immobilienwirtschaft (AIW) bietet in Innsbruck für Westösterreich Verkaufs- und Persönlichkeitsseminare, aber auch Fachvorträge aus der Immobilien- und Finanzbranche an. »Alles, was ein Immobilienexperte braucht«, so Elmar Michael, wirtschaftlicher und organisatorischer Leiter der AIW. Das Stundenausmaß beträgt bis zu 75 Stunden in zwei Monaten. Die Seminare dauern einen halben bis zu drei Tagen. Michael: »Eine gute Ausbildung ist wichtig, um die Beratungsqualität und damit die Kundenzufriedenheit der Immobilienbranche zu stärken.« Durch eine fundierte Aus- und Weiterbildung würden Unternehmer kompetente und motivierte Mitarbeiter fördern. Eine gute Aus- und Weiterbildung sei ein Werkzeug für eine berufliche Neuorientierung.

Fundierte FH-Ausbildung
In der Branche besonders begehrt sind Abgänger von Fachhochschulen. Über 50 Prozent der Studenten erhalten bereits während des Studiums eine Jobanfrage. Nach Abschluss der Fachhochschule kommen zwei bis drei Jobangebote auf einen Studenten. Entsprechend gefragt sind auch die Lehrgänge aus dem Bereich Bau- und Immobilienwirtschaft an den verschiedenen Fachhochschulen. »Wir haben extrem viele Zugänge«, sagt etwa Thomas Madritsch, FH Kufstein. Am Bachelor-Studiengang »Facility-Management & Immobilienwirtschaft« nehmen jedes Jahr 30 Studierende Vollzeit, 20 berufsbegleitend teil. Den Master-Studiengang »Facility- und Immobilienmanagement«, der nur berufsbegleitend geführt wird, besuchen jährlich 20 Studierende. Facility-Management in Kombination mit Immobilienwirtschaft wurde 2005 in Kufstein eingeführt. Die Berufsfelder reichen vom Bauwesen über Gebäude- und Beratungsdienstleistung bis zu Projektmanagement und Entwicklung. Geplant ist nun auch der MBA (Master of Business Administration) in Professional Facility. Der befindet sich zurzeit allerdings noch im Genehmigungsverfahren.
Auch in Wien wird ein Studiengang Immobilienwirtschaft angeboten. Acht Semester dauerte bisher das Diplomstudium. Damit erhielten die Absolventen die Konzession für gleich drei Treuhandberufe: Makler, Verwalter und Bauträger. Das Diplomstudium läuft allerdings jetzt aus. Nun wird Immobilienwirtschaft im Bachelor in sechs Semestern angeboten. Im neu geführten Lehrgang erhalten nun Makler und Verwalter ihre Konzession. Das Master-Studium wird hier ab 2010 geführt, und zwar in vier Semestern. Damit wird nun die Konzession für Bauträger vergeben. Jedes Jahr besuchen etwa 37 Teilnehmer diesen Lehrgang. Immobilienwirtschaft kann auf der FH Wien nur berufsbegleitend belegt werden. Das heißt, alle Studierenden sind schon im Immobilienbereich tätig. Entsprechend großer Wert wird auch auf die Praxis gelegt. »Was die Teilnehmer im Seminar hören, wollen sie morgen in der Arbeit wieder anwenden. Und umgekehrt: Im Seminar möchten die Studierenden ihre Fragen aus der Praxis diskutieren«, sagt Veronika Lang, zuständig für Public Relations und Lehre an der FH Wien.

Qualitative Angebote
Gleich mehrere postgraduale Universitätsprogramme werden an der Donau-Universität in Krems angeboten: Real Estate, Sanierung und Revitalisierung sowie Facility Management. Neu startet im Herbst 2009 International Real Estate Valuation. Dieser Lehrgang soll ein umfassendes theoretisches und praktisches Wissen über die Wertermittlung von Immobilien in einem internationalen Umfeld vermitteln. Ebenso im Herbst startet »Future Buildung Solutions«. In diesem Lehrgang stellt man sich den Herausforderungen von nachhaltigem Design. Zwei Fächer werden dabei zur Vertiefung angeboten: Solararchitektur und Klima-Engineering. Im Moment läuft gerade der Entwicklungsprozess eines neuen Universitätslehrgangs zum Thema Tageslicht-Architektur. »Prinzipiell stehen pro Lehrgang zirka 20 Studienplätze zur Verfügung«, erklärt Petra Winkelmüller, zuständig für Public Relations und Marketing für das Department für Bauen und Umwelt, Donauuniversität Krems.
An der Fachhochschule Wiener Neustadt werden die Studiengänge »Wirtschaftsberatung« mit Spezialisierung Immobilienmanagement und »Wirtschaftsberatung und Unternehmensführung« mit Vertiefung Immobilienmanagement angeboten.Die Studiengänge werden mit dem Bachelor in sechs Semestern oder mit dem Master in vier Semestern abgeschlossen. Die Bachelors können zu Beginn als Junior-Berater arbeiten, die Master-Absolventen mit einschlägiger Praxis das Gewerbe der Immobilientreuhänder wie Immobilienmakler, Immobilienverwalter und Bauträger selbstständig führen oder als Führungskräfte in den Bereichen Immobilienentwicklung, -bewertung, -finanzierung und –veranlagung arbeiten.

Anlaufstellen für Aus- und Weiterbildung
Lehrlingsbaustelle:    www.lehrlingsbaustelle.at
Initiative Bau deine Zukunft:    www.baudeinezukunft.at
ABAU OÖ:    www.linz.abau.at
ÖVI Immobilienakademie:     www.immobilienakademie.at
Akademie für Immobilienwirtschaft:     www.immoakademie.at
Fachhochschule Kufstein:    www2.fh-kufstein.ac.at
Fachhochschule Wien:    www.fh-wien.ac.at
Donau Universität:    Department für Bauen und Umwelt
    www.donau-uni.ac.at/dbu
Fachhochschule Wiener Neustadt:    www.fhwn.ac.at/immobilienmanagement

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Immer wieder werden neue Lehrberufe verordnet
Maria Hofstätter, Abteilungsleiterin des ABI (Arbeitsmarktforschung und Berufsinformation) beim Arbeitsmarktservice Österreich (AMS), über den Lehrstellenmarkt in der Bauwirtschaft.

Report: Wie hoch ist derzeit die Zahl der lehrstellensuchenden Jugendlichen bzw. der offenen Lehrstellen im Bereich Bau?
Maria Hofstätter: Im August 2009 waren 744 Lehrstellensuchende beim AMS gemeldet. Das sind um fast zehn Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Hingegen sank die Zahl der offenen Lehrstellen im August 2009 um 24 Prozent auf 250 im Vergleich zum selben Monat des Vorjahres.

Report: Ist es für Jugendliche schwieriger, in der Bauwirtschaft eine Lehre zu finden als anderswo?
Hofstätter: Ohne Zweifel ist die Bauwirtschaft von der Krise betroffen, allerdings ist durch Förderungen der öffentlichen Hand eine Gegensteuerung möglich. Das wirkt sich besonders bei Infrastrukturvorhaben wie Thermische Sanierung oder Sanierung von Schulen aus. Trotzdem ist ein Abwärtstrend in der Auftragslage zu erwarten, und das hat natürlich eine Auswirkung auf die Beschäftigung. Für 2010 erwarten wir in der Bauwirtschaft das Beschäftigungsniveau von 2008.

Report: Gibt es in dieser Branche auch neue Berufe?
Hofstätter: Immer wieder werden neue Lehrberufe verordnet, z.B. BetonfertigerIn, Fertigteil­hausbau, Sanitär- und KlimatechnikerIn – Ökoenergieinstallation, Straßenerhaltungsfachmann/frau, VermessungstechnikerIn etc.

Report: Wie werden die Berufe in der Bauwirtschaft vom AMS beworben?
Hofstätter: Das AMS informiert in den mehr als 60 Berufs­informationszentren (BIZ) in ganz Österreich über sämtliche Berufsmöglichkeiten und Ausbildungswege. Es gibt dort zahlreiche Broschüren, die kostenlos sind. Ein Beispiel ist die Broschüre »Jobchancen Lehre BAU«. Im BIZ kann jeder Jugendliche ohne Anmeldung und kostenlos einen Berufsinteressentest machen, bei den Videostationen Kurzfilme ansehen und Broschüren zum Nachlesen mitnehmen. Der Lehrlingskompass ist das optimale Tool für alle, die sich für eine Lehre interessieren, aber noch nicht genau wissen, für welchen Lehrberuf sie sich entscheiden sollen.


Weitere Informationen:
www.berufskompass.at/lehre
http://www.arbeitszimmer.cc.
www.ams.at/b_info/download/jlbau.pdf

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