Selbst ist der Mann
- Written by Rainer Sigl
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Warum teure Profis bezahlen, wenn man selbst Hand anlegen kann? Die Axt im Haus erspart den Zimmermann.
Ein Selbstversuch von Rainer Sigl.
Ich? Nein, nein, ich bin hier wegen meiner Frau. Weil die Irmi hat halt wie immer im Frühjahr herumgemault wegen der Fassade hinten und sie hat gemeint, sie ruft jetzt den Profi an und da hab ich dann einfach gesagt, Nix da, Irmi, wir haben das Geld nicht zum Beim-Fenster-Rausschmeißen, wenn das irgendsoein halb ausgelernter Kevin aus der Berufsschule schafft, den sie dann da um 89 Euro pro Stunde herschicken, dann werd ich das wohl auch können. Ist doch wahr!
Jedenfalls bin ich dann nach ein paar Wochen sanfter Erinnerungen vonseiten meiner Liebsten spontan ins Auto gesprungen und zum Baumarkt gefahren und hab mich beraten lassen. Also: Eigentlich hab ich zuerst mal am Parkplatz zwei, drei Stunden auf diesem Heimwerkerkanal auf YouTube genau nachrecherchiert, bis dann plötzlich der Akku aus war.
Ich also rein und das Nötigste gekauft, zack, nach Hause, zack, ausgepackt, zack, nochmal ins Auto, nochmal zum Baumarkt wegen dem Dings, was ich da vergessen hatte, zack, heim, zack ausgepackt, zack eingepackt, weil da hat es dann etwas genieselt, oder zumindest so ausgeschaut, echt, total finstere Wolken, ich hab schon einen Tropfen gespürt, ich mein, wieder typisch, dass die Irmi da SOFORT ankommt, um sich zu beschweren.
Jedenfalls hab ich das erste Video da auf YouTube nimmer sofort gefunden, deshalb bin ich am nächsten Tag dann nochmal zum Baumarkt, hab was nachgekauft, zack, nach Hause, und dann halt mal an einer Ecke von der Fassade begonnen, da sanft zu klopfen. Bitte, wer glaubt denn, dass da sofort so riesige Plätzer runterkommen, nicht, riesige Schuttberge wegen einmal ein bisschen mit dem Maurerfäustel, Irmi, hab ich gesagt, na super, na toll, schau, was du bitte angerichtet hast, nur wegen dir hab ich jetzt auch noch das Schlafzimmerfenster, aber gut, dass es wenigstens schon nicht mehr so kalt ist in der Nacht, der Klimawandel hat auch sein Gutes, haha.
Und dann war schon wieder Montag, und während der Woche kommt man zu nix, und dann nächstes Wochenende war die Saunarunde mit den Buben, und die Woche drauf war ich ein bissi krank, kein Wunder, und der Schwiegerpapa, den die Irmi gefragt hat, hat auch seinen Senf dazugeben müssen, eh klar, wessen Idee das war, da hatte ich dann keine Lust, und ich habe mit Verbitterung feststellen müssen, dass man mit Gaffa eigentlich doch nicht ALLES reparieren kann, und die Irmi hat geweint und gesagt, es zieht wie in einem Vogelhäusel, und sie ruft jetzt den Profi an.
Und da hab ich gesagt, Irmi, du beleidigst mich tödlich, wenn du das tust, dann ziehe ich die Konsequenzen, das heißt dann für mich, dass du mich als Mann nicht ernst nimmst und mir das nicht zutraust und das verletzt mich tief im Innersten, aber sie hat gesagt, psscht, ich soll leise sein, weil sie sonst nicht hört, was der Kevin am Telefon sagt.
Da bin ich hoch erhobenen Hauptes hinaus und hab gesagt, mit mir nicht, gut, dann zieh ich in die Jugendherberge, sie soll mich halt anrufen, wenn sie mich doch braucht. Was ist heute für ein Tag? Hm. Es herbstelt schon, oder? Ha! Ich sag Ihnen was: Die kommt sicher bald angekrochen.