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Probieren am Pixelpatienten

Eine neuartige Trainingsmethode in der Chirurgie bringt Einsparungen und höheren Lernkomfort. Operiert wird nun mit Virtual-Reality-Werkzeugen.


Die Gallenblase wird mit dem chirurgischen Instrument berührt, sie weicht zur Seite. Der Mediziner setzt eine Klemme, stoppt die Blutung und saugt den Blutsee ab. Eine ganz alltägliche Situation im Operationssaal? Mitnichten – denn dieser Patient besteht aus Software, seine Anatomie und Krankheitssymptome wurden programmiert.

An der Medizinischen Universität Graz werden zum Erlernen von Operationstechniken Virtual-Reality-Simulatoren eingesetzt. Die neuen Trainingssysteme werden in Bereichen wie der minimal invasiven Chirurgie eingesetzt. Hierbei werden Bauchspiegelungen (Laparoskopie) nicht nur am Bildschirm nachgestellt, sondern über spezielle Handschuhmodelle auch haptisch simuliert. Über einen Monitor erfolgen die Echtzeitbewegungen der Instrumente und die zweidimensionale Darstellung des Operationsfeldes. Eine Kollisionserkennung registriert, wenn die virtuellen Organe von den Instrumenten berührt werden und gemäß den Eigenschaften der Körperteile werden physikalisch korrekte Reaktionen ausgelöst. Sie beginnen etwa zu bluten, wenn sie angeschnitten werden oder verformen sich unter mechanischer Einwirkung. Der Benutzer kann durch Hinweise geleitet oder gewarnt werden, wenn Aktionen ungeschickt oder falsch ausgeführt werden - in Form haptischer Rückkopplungen, die zu einer realitätsnahen Simulation führen. \"Der Simulator bietet dem Lernenden eine umfangreiche Auswahl an wichtigen Learning-Funktionen, die Möglichkeit, das Trainingsprofil zu speichern, zu analysieren und wieder aufzurufen\", erklärt die Medizinerin Ilirjana Bajraktari, Sektion Chirurgische Forschung an der Grazer Universitätsklinik.

Im Zuge einer Doktoratsarbeit verglich Bajraktari die Computersimulationen von laparoskopischen Eingriffen mit herkömmlichen Trainingsmethoden. Angehende Ärzte oder Chirurgen in der Weiterbildung lernen in der Regel an \"echtem\" Material: Tierkadaver, Schlachtabfälle und Leichen. Die Nachteile dieser Methode sind strenge Hygienevorschriften sowie nur bedingt vergleichbare Operationsumgebungen: Tierkörper sind bekanntlich nicht der menschlichen Anatomie gleichzusetzen – menschliches Material wäre dies zwar, Leichen bluten aber nicht. Der Simulator erfüllt beide Bedingungen: er stellt den menschlichen Körper präzise nach und dient als lebensechtes Trainingsobjekt – inklusive Puls und Atmung des Pixelpatienten. Hinsichtlich Lerngeschwindigkeit und Lernqualität unterschieden sich die beiden Methoden statistisch nicht, so Bajraktari. In der Studie ging die Virtual-Reality-Lösung hinsichtlich der Praktikabilität und Anwenderfreundlichkeit dennoch als klarer Sieger hervor. Nicht zuletzt trägt der Simulator auch dazu bei, dass weniger Tiere als Trainingsmodelle eingesetzt werden.

Der Virtual-Reality-Trainer ist eine der vielen Anwendungen in Bereich der Telemedizin an der Medizinischen Universität Graz. Längst ist diese neue Disziplin auch übergreifendes Thema für den Datenverkehr und Befundungen in Spitälern geworden. Selman Uranüs, Leiter der Sektion für Chirurgische Forschung, nahm stellvertretend für Ilirjana Bajraktari im Oktober 2008 den \"ebiz egovernment award\" des Bundeskanzleramts und des Report Verlag für das Projekt entgegen. Experten sehen einen großen Boom für chirurgisches Trockentraining am Bildschirm und berührungssensitiven Handschuh. Vor allem in der medizinischen Ausbildung ist die Hemmschwelle gegenüber innovativen IT-Lösungen kleiner geworden. In den Forschungsräumen an der MedUni Graz weiß man längst: die Joystickgeneration ist um einiges sicherer und reaktionsschneller als so manch älterer Kollege.

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