Damals vor 10 Jahren
- Written by Mag. Bernd Affenzeller
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Im November 2001 stand der Bau & Immobilien Report ganz im Zeichen der Anschläge auf das World Trade Center. Nach dem 11. September wurde auch in der österreichischen Baubranche über richtige Bauweisen und Baumaterialien für Hochhäuser gestritten. Fazit: Ob Beton oder Stahl ist weniger entscheidend. Wichtiger ist innovativer Brandschutz. Außerdem stellten die Kollegen damals fest, dass Katastrophen wie 9/11 die Branche beflügeln.
Die Diskussion startete schnell: Hätte das World Trade Center, dessen statisches System aus außen und innen liegenden, durch Stahldeckenträger verbundenen Stahlstützen bestand, dem Anschlag standgehalten, wenn die Konstruktion aus Stahlbeton gewesen wäre? Die Experten damals waren uneins. Peter Maitz, technischer Vorstand der UBM, gab gegenüber dem Bau & Immobilien Report zu Protokoll, dass eine Stahlbetonkonstruktion den Einsturz zwar auch nicht verhindert, aber wahrscheinlich doch deutlich verzögert hätte. Für Statiker Oskar Graf reine Mutmaßungen und Spekulationen. Er warnte schon damals vor einem »unsinnigen Krieg der Materialien«. Auch für die Wiener Architektin Silja Tillner ging die Diskussion über Stahl oder Stahlbeton in die falsche Richtung. Hochhäuser in den USA mit 400 Metern und mehr könne man nicht nach mitteleuropäischen Maßstäben beurteilen und schon gar nicht bauen.
Einigkeit herrschte darüber, dass die Anschläge globale Auswirkungen auf den Bau von Hochhäusern haben würden. Nicht so sehr in Fragen der Materialien und der Bauweise, dafür aber in Sachen Sicherheitstechnik und Brandschutzkonzepte.
Weiters legte der Bau & Immobilien Report im November 2001 offen, dass Katastrophen wie der Anschlag auf die Twin Towers oder die Brandkatastrophen im Gotthard- oder Tauerntunnel wichtige Treiber für ganze Branchen sind. Neben der Sicherheitsindustrie sei es vor allem auch die Baubranche, die von großen Katastrophen profitiere. Tunnel werden ausgebaut, Brücken und Gebäude verstärkt und in der Gebäudetechnik völlig neue Konzepte entwickelt.
Der Bau & Immobilien Report stellte aber auch fest, dass es oft ganz einfache Dinge sind, die Katastrophen verhindern können. Die Zerstörung der Sofiensäle hätte man mit einem simplen Handfeuerlöscher verhindern können.
In einer weiteren Geschichte widmeten sich die Kollegen der Baumaschinenbranche. Unter dem vielsagenden Titel »Im Sog der Flaute« wurde die triste Situation im Baumaschinenhandel analysiert. Und irgendwie klingt der Artikel von damals seltsam aktuell: Fast alle Vertriebspartner mussten deutliche Umsatzrückgänge von 20 % und mehr hinnehmen. Schuld daran waren vor allem die Flaute am Bau sowie die in den vergangenen Jahren bereits vollzogene Modernisierung der Fuhrparks. Die Folgen: Große, schlagkräftige Importeure schwenkten auf Sparkurs und versuchten so, das Tal zu durchtauchen. Für die Kleinen begann der Kampf ums Überleben – und der endete für viele in der Pleite.
>> Insider:
Wien Mitte: Begehrenswert und abschreckend. Aktuell zählt der Bahnhof Wien Mitte und seine Überbauung zu den größten Projektentwicklungen in Wien. 2007 wurde mit dem Bau begonnen, 2012 soll der multifunktionale Gebäudekomplex fertig gestellt sein. Vor zehn Jahren bereitete das Projekt der BAI noch ordentliches Kopfzerbrechen: Der portugiesische Immobilieninvestor Sonae Imobilaria verweigerte kurzfristig und überraschend die Unterschrift unter einen 4,2 Milliarden Schilling (310 Millionen Euro) schweren Kooperationsvertrag. Es gäbe noch zahlreiche Punkte zu klären, hieß es seitens der Portugiesen. Ihnen war vor allem die gemeinsame Flächennutzung mit den ÖBB ein Dorn im Auge. Dass damals eine funktionierende Koexistenz von Bahnhof und Shoppingcenter von vielen angezweifelt wurde, erscheint zehn Jahre später fast schon absurd. Heute ist eine größere Verkehrsstation ohne angeschlossenen Shopping-, Entertainment- und Gastrotempel quasi undenkbar.