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Schwere Zeiten

\"JosefAndere Branchen jubeln über das Ende der Krise, der Bauwirtschaft steht das Schlimmste noch bevor. Es gibt aber auch Hoffnungsschimmer.

 

Von Bernd AffenzellerDer österreichischen Bauwirtschaft steht ein schwieriges Jahr bevor. Mehr als eine Stagnation auf bescheidenem Niveau wird wohl nicht drinnen sein. Nur vereinzelt können Unternehmen am allgemeinen Wirtschaftsaufschwung mitnaschen. Und das auch nur dann, wenn sie breit aufgestellt und international aktiv sind. So rechnet etwa Hans Peter Haselsteiner für die Strabag mit einem Umsatzwachstum von fünf Prozent. Dieses Plus ist vor allem der Größe des Unternehmens geschuldet. »Wir können unsere Kapazitäten einfacher von einem Sektor in den anderen, von einem geografischen Markt in den anderen verschieben, als das ein kleineres, wenig diversifiziertes Unternehmen kann«, erklärt Haselsteiner. Die breite Masse der Bauunternehmen muss sich auf ein tur

bulentes Jahr einstellen. Die öffentliche Hand wird sich mit Investitionen vornehm zurückhalten. Die Konjunkturpakete sind ausgelaufen oder wurden vorzeitig aufgeschnürt. Die Budgetnöte von Bund, Länder und Gemeinden lassen auch kleine Sprünge kaum noch zu. Das Flächengeschäft, das den größten Umsatzanteil ausmacht, ist bereits weitgehend zum Erliegen gekommen. Das können auch die verbliebenen Großprojekte von ÖBB und Asfinag (siehe Seite 82) nicht kompensieren. Ob der private Sektor als Investor in die Bresche springt, ist aus heutiger Sicht mehr als fraglich. Hinter vorgehaltener Hand wird 2011 dann auch schon als »das Jahr der Pleiten« bezeichnet. Erst 2012 soll es wieder leicht bergauf gehen.

Drohende Wohnungsnot

Diese Entwicklung schadet aber nicht nur der Bauwirtschaft, auch die sozial- und wirtschaftspolitischen Auswirkungen sind bedenklich.
Kürzungen bei den Investitionen in die Infrastruktur schwächen den Wirtschaftsstandort und die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Landes. »Österreich tut derzeit nicht genug, um aus seiner zentralen Lage in Europa das Beste zu machen«, ist Carl Hennrich, Geschäftsführer des Fachverbands Steine Keramik, überzeugt. Verbesserungen bei den Verkehrswegen, der Energieversorgung und der Telekommunikation würden hingegen für eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch größere Mobilität, höheres Wachstum und eine günstigere Kostenstruktur sorgen.

Dazu kommt, dass im abgelaufenen Jahr die Wohnbaubewilligungen zum vierten Mal in Folge zurückgegangen sind. Wurden im Jahr 2006 noch 47.400 neue Wohneinheiten in Österreich bewilligt, sind es laut Wifo im Jahr 2010 nur noch 39.100 Einheiten. Das entspricht einem Rückgang von fast 18 Prozent in nur vier Jahren. Für 2011 rechnet das Wifo mit einem weiteren Absinken um vier Prozent auf 37.500 Einheiten. Dem gegenüber steht ein von Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen errechneter bundesweiter Bedarf an 50.000 Neubaueinheiten im Jahr. Durch dieses Ungleichgewicht droht eine empfindliche Verteuerung des Wohnens. Das würde wiederum einen Teufelskreis in Kraft setzen, der noch weniger Neubau zur Folge hätte. Immer mehr Mittel aus der Wohnbauförderung würden in Wohnbeihilfen fließen. In einigen Bundesländern wie etwa der Steiermark werden schon jetzt mehr als 50 Prozent alleine für die Subjektförderung aufgewendet. Dazu kommen noch Investitionen in die Sanierung und Aufwendungen für Bankverbindlichkeiten. Für den Neubau bleibt da nicht viel übrig.

Die Zukunft der Wohnbauförderung

Die Gründe für den dramatischen Rückgang im Wohnungsneubau sind zum einen global, die Wirtschaftskrise lässt grüßen, zum anderen aber auch hausgemacht. Mit der Aufhebung der Zweckbindung der Wohnbauförderung im Zuge des Finanzausgleichs 2008 ist die Abwärtsspirale erst so richtig in Gang gekommen. Die neuen Freiheiten wurden von den Ländern auch leidlich genutzt. Schließlich gab es genug Löcher im Budget, die es zu stopfen galt. Länder, die die neuen Freiheiten nicht schamlos ausnutzten, waren eher die Ausnahme. Eine dieser Ausnahmen ist die Bundeshauptstadt. »Die Mittel aus der Wohnbauförderung werden in Wien bereits seit Jahren ausschließlich für den Bereich des Wohnens verwendet«, wird Wohnbaustadtrat Michael Ludwig nicht müde zu betonen. In den Jahren 2007 bis 2009 wurde die Errichtung von insgesamt 20.352 Wohneinheiten gefördert.

Im Frühjahr 2010 begann dann auch in den anderen Bundesländern ein Umdenken. Als Erstes zog die Steiermark die Notbremse. Mit dem Landtagsbeschluss Nr. 1841 wurde die »Steiermärkische Landesregierung aufgefordert, dem Landtag unverzüglich eine Novellierung des Wohnbauförderungsgesetzes vorzulegen, mit der die Zweckbindung der vom Bund zur Verfügung gestellten Wohnbaumittel für den sozialen Wohnbau landesgesetzlich verankert wird«. Beschluss Nr. 1842 forderte die Landesregierung auf, die »Wohnbaufördermittel – unabhängig von einer verbindlichen Zweckbindung seitens des Bundes – ausschließlich widmungsgemäß für den sozialen Wohnbau zu verwenden«. Kleiner Schönheitsfehler: Es ist kaum Geld vorhanden, das zweckgewidmet werden kann. Die Wohnbauabteilung verfügte bei Beschlussfassung laut Abteilungsleiter Siegfried Kristan über ein Budget von 460 Millionen Euro. Davon fließen 220 Millionen in alte Förderungen, 100 Millionen sind für Bankverbindlichkeiten reserviert, und 60 Millionen werden als Wohnbeihilfe ausgezahlt. Für die klassische Wohnbauförderung bleiben rund 80 Millionen Euro. »Wenn jetzt im Zuge der Budgetkonsolidierung 20 Prozent eingespart werden müssen, reden wir von 92 Millionen Euro. Dann gibt es keine Wohnbauförderung mehr«, rechnet Kristan vor.

Dass die Wiedereinführung der Zweckbindung auch für die anderen Bundesländer kein Tabu mehr ist, zeigte eine gemeinsame Konferenz von Wohnbaulandesräten und Bausozialpartnern im Oktober in Pörtschach. Dabei wurde von den Wohnbaulandesräten eine Resolution zur Wiedereinführung der Zweckbindung angekündigt. Das überraschte auch den Mitinitiator der Veranstaltung, Josef Muchitsch von der Gewerkschaft Bau Holz. »Noch vor wenigen Monaten schien so eine Entwicklung unmöglich«, so Muchitsch. Den Grund für diesen Sinneswandel ortet er in den leeren Wohnbautöpfen. »Unverantwortlich haben die Länder Wohnbaudarlehen an Banken verscherbelt und die Mittel zur Finanzierung anderer Maßnahmen zweckentfremdet verwendet.«

Ob es tatsächlich zu einem Comeback der Zweckbindung kommen wird, steht derzeit in den Sternen. Dafür ist auch noch ein Sinneswandel bei den Landeshauptleuten und den Finanzlandesräten nötig. Eine Umfrage des Bau & Immobilien Report unter den Landeshauptleuten im Sommer hat ergeben, dass sich neben der Steiermark nur Salzburg und Wien für eine Wiedereinführung der Zweckbindung aussprechen. Aus Oberösterreich kam ein klares »Nein«, alle anderen beteuerten treuherzig, keine Zweckbindung zu brauchen, weil ohnehin sämtliche Gel­der der Wohnbauförderung für den Wohnbau verwendet werden. Für die Bauwirtschaft war die Landesrätekonferenz in Pörtschach dennoch ein Schritt in die richtige Richtung und ein schöner Lobbying-Erfolg. »Unsere Sorgen und Bedürfnisse wurden gehört und wie ich glaube auch verstanden und ernst genommen. Wir werden aber nicht aufhören, auf die Wiedereinführung der Zweckbindung zu pochen«, sagt Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel. Die nächste Möglichkeit dazu bietet sich bereits am 3. Februar. Da findet erstmals eine Parlamentsenquete der Bausozialpartner mit den Parlamentsklubs der Regierungsparteien statt.

Nicht mehr als Peanuts

Als ein weiterer Lobbying-Erfolg der Bauwirtschaft darf die Fortsetzung der Bundesförderung für die thermische Gebäudesanierung gesehen werden. 400 Millionen Euro stehen in den nächsten vier Jahren zur Verfügung. Positiv wird von Ökologieinstituten dabei der lange Zeitraum von 2011 bis 2014 betrachtet. Geschlossen negativ reagieren Fachleute allerdings auf die Dotierung. Die 100 Millionen jährlich nehmen sich im Vergleich zu den milliardenschweren Investitionskürzungen im Rahmen der Sparmaßnahmen der Regierung (siehe Kasten) wie Peanuts aus. Für die angestrebte Sanierungsquote von drei Prozent des Gebäudebestands kann die Förderung in dieser Form nur ein Anstoß sein.

Auch die öffentliche Hand ist bei der Sanierung ihrer Gebäude säumig. 2008/2009 wurden thermische Sanierungen von öffentlichen Gebäuden im Umfang von 300 Millionen Euro durch die Bundesimmobiliengesellschaft in Aussicht gestellt. Real erfolgten rund 250 Maßnahmen mit Errichtungskosten von 75 Millionen Euro und mietvertraglich abgesicherten Schulsanierungsprojekte im Umfang von 25 Millionen Euro. Es wurde also nur ein Drittel des versprochenen Volumens in Angriff genommen. Eine Erklärung dafür liefert Gabriele Moser, Bautensprecherin der Grünen: »Die Ressorts setzen andere Schwerpunkte und zahlen lieber niedrige Mieten und hohe Heizkosten.«


>> Auswirkungen der Budgetbegleitgesetze auf die Bauwirtschaft

Umweltförderungsgesetz

+400 Mio. E     Thermische Sanierung auf 4 Jahre
-93 Mio. E     Siedlungswasserbau auf 4 Jahre
-275 Mio. E     Reduktion des Zusagerahmens bis 2013 d.h. -1,2 Mrd. weniger Investitionsvolumen

Altlastensanierungsgesetz

-7 Mio. E     Beitragserhöhung
-48 Mio. E     Durch Wegfall der Zweckbindung auf 4 Jahre

Weitere Investitionskürzungen (außerbudgetär)

-3 Mrd. E    Asfinag (6,5 Mrd. bis 2016)
-1,5 Mrd. E    ÖBB (11,5 Mrd. bis 2016)

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