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Zuckerbrot statt Peitsche

\"GeldSo manches Unternehmen überstand die Krise nur dank seiner Mitarbeiter. Nun wäre ein guter Zeitpunkt, um für zusätzliches Engagement und Einsatz Anerkennung zu zeigen. Es muss nicht immer Geld sein: Incentives oder Fringe Benefits bringen mehr Motivation und sind steuerschonend.

In guten wie in schlechten Zeiten – das gilt nicht nur für die Ehe. In vielen Unternehmen rückten die Mitarbeiter in den vergangenen beiden Jahren enger zusammen. Neue Strukturen, Einsparungen und Entlassungen gingen auch zu Lasten der bestehenden Belegschaft, die nicht selten doppelten Einsatz zeigen mussten. Die Mitarbeiter übernahmen Aufgaben gekündigter Kollegen oder akzeptierten Gehaltseinbußen, entwickelten neue Geschäftsfelder und trugen Restrukturierungen mit.

Nun wäre ein Dankeschön angebracht, meinen Unternehmensberater. Denn gut qualifizierte, engagierte Arbeitnehmer werden von Konkurrenten gerne abgeworben. Der Mix aus Barvergütung und Nebenleistungen ist bei der Beurteilung neuer Jobangebote ein entscheidender Faktor. »Gute Mitarbeiter sind die wichtigste Ressource eines Unternehmens. Ein attraktives Vergütungspaket ist ein bedeutendes Differenzierungsmerkmal, um im zunehmenden Wettbewerb um die besten Köpfe zu punkten und die Arbeitgeberattraktivität zu erhöhen«, sagt Bernhard Stieger, Geschäftsführer des auf Human Resources spezialisierten Consulters Hewitt Associates. Durch die angespannte Wirtschaftslage fehlt vielen Unternehmen jedoch der Spielraum für attraktive Fixgehälter. Umso wichtiger ist es, qualifizierte Mitarbeiter durch zusätzliche Leistungen bei der Stange zu halten.

Heilige Kühe

In der im Vorjahr präsentierten Studie »Fringe Benefits in Österreich«, die Hewitt Associates gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen PricewaterhouseCoopers durchführte, wurden Nebenleistungen für mehr als 170.000 Mitarbeiter in 44 der Top-100-Unternehmen ausgewertet. In der Hitliste der »Zuckerl« liegen Gesundheitsvorsorge (in 97 Prozent der Unternehmen) und Essensbons bzw. Kantinenzuschüsse (93 Prozent) voran. 91 Prozent der Firmen finanzieren Weiterbildungen. Von 50 auf 70 Prozent deutlich gestiegen ist im Vergleich zu 2008 die Vergabe von Mitarbeiterdarlehen. Weniger verbreitet sind Fahrtkostenzuschüsse (55 Prozent) und Zuschüsse zur Kinderbetreuung oder ein Betriebskindergarten (43 Prozent). An Bedeutung gewinnen werden künftig Pensionsvorsorge und Gesundheitsmanagement.

Auto und Handy sind zumindest für bestimmte Mitarbeitergruppen üblich. In der Studie gaben 38 Prozent der befragten Unternehmen an, die Abschaffung des Dienstwagens würde ihre Mitarbeiter am stärksten demotivieren. 33 Prozent hielten das Firmentelefon für eine unverzichtbare Zusatzleistung. Noch schlimmer könnte nur die Streichung von Kantinenzuschüssen oder Essensbons (65 Prozent) treffen.

Personalchefs können ein Lied davon singen, wie hartnäckig bei Einstellungsgesprächen mitunter um Marke und Ausstattung des Dienstwagens gefeilscht wird, während den eigentlichen Job betreffende Fragen in wenigen Minuten abgehandelt sind. Die »heilige Kuh« hat als Statussymbol kaum an Bedeutung verloren. In der obersten Hier­archieebene sind Audi A6, BMW 5 und Mercedes E-Klasse die gängigen Modelle. In den beiden Ebenen darunter ist der VW Passat die häufigste Option.

Transparenz ratsam

»Nebenleistungen werden generell wichtiger. Allerdings orientieren sich die Unternehmen mehr am Marktumfeld«, sagt Studienautor Gregor Rauchenberger von Hewitt Associates. »Die Programme wurden über Jahre aufgebaut, aber ihre Sinnhaftigkeit nicht wirklich überprüft.«

Bedingt durch Budgetkürzungen ist künftig eine stärkere Segmentierung der Fringe Benefits zu erwarten, die sich stärker an den Bedürfnissen der Mitarbeiter orientiert. Außendienstmitarbeiter bevorzugen vielleicht ein besseres Auto, ein Pensionsversicherungsprogramm ist möglicherweise für jüngere Mitarbeiter weniger interessant, von einem Betriebskindergarten profitieren wiederum nur Mitarbeiter mit kleinen Kindern.

»Wenn man differenziert, muss man aber auch kommunizieren«, empfiehlt Rauchenberger, etwaigem Unmut unter der Belegschaft vorzubeugen. Einzelnen Mitarbeitern ein Weihnachtsdinner für die ganze Familie zu sponsern und sie gleichzeitig zu bitten, darüber Stillschweigen zu wahren, sei jedenfalls der falsche Weg. »Gefragt ist Kreativität. Der Wert der Anerkennung, die offen vor anderen ausgesprochen wird, ist oft höher als ein paar Euro mehr auf die Hand«, sagt Rauchenberger.

Gutscheine statt Geld

Seit 1. Jänner 2009 sind Kinderbetreuungsgutscheine steuerfrei. Accor Services, Weltmarktführer für B2B-Dienstleistungen, ortet inzwischen starke Zuwächse bei seinem »Ticket Junior«, das bei mehr als 1.800 Betreuungsstellen in ganz Österreich eingelöst werden kann. »Betriebskindergärten rechnen sich nur für große Unternehmen und decken nur das Kindergartenalter ab. Unser Angebot ist breiter und auch für Familien mit Schulkindern, die eine Betreuung am Nachmittag und in den Ferien brauchen, geeignet«, sagt Ursula Würzl, Geschäftsführerin von Accor Services Austria. Zusätzlich bietet eine kostenlose Experten-Hotline Hilfe bei rechtlichen und pädagogischen Fragen.

Auch Essens- und Geschenkgutscheine werden als Alternative zur Gehaltserhöhung nach wie vor gerne genutzt: »Vor allem KMU versuchen auf diese Weise Mitarbeiter zu halten«, sagt Würzl. Die Tickets können entweder bei Restaurants und Lieferservices oder im Lebensmittelhandel eingelöst werden. Insgesamt akzeptieren über 10.000 Partnerunternehmen österreichweit die Gutscheine als bargeldloses Zahlungsmittel.

Nach Ansicht von Personalexperten wirken Fringe Benefits im Vergleich zu herkömmlichen Bonifikationen zudem nachhaltiger. Die Motivation funktioniere mit Gutscheinen besser als mit Geld, meint auch Accor-Chefin Würzl: »So freuen sich die Mitarbeiter nicht nur einmal im Jahr, sondern haben Monat für Monat das Gefühl, die Firma tut etwas für mich.«

Steuervorteil

Die hohe Wichtigkeit der Nebenleistungen erkennen inzwischen fast 40 Prozent der Unternehmen und kommunizieren diese entsprechend nach außen. Für Mitarbeiter wie auch das Unternehmen bietet die Vergütung über Sachbezüge steuerliche Vorteile – wenn die gesetzlichen Obergrenzen eingehalten werden.
Allerdings gilt es Feinheiten zu beachten. Bei Privatnutzung von Firmenautos oder Fortbildungen wirft nämlich das Finanzamt gerne einen kritischen Blick auf die Abrechnung. Bei Firmenwagen übernimmt die Firma oft auch Versicherung, Instandhaltung und Treibstoff. Für Mitarbeiter, die privat viel mit ihrem Dienstwagen unterwegs sind, kann das schon ein beachtliches Zubrot sein. Mitarbeiter, die außerhalb ihrer beruflichen Tätigkeit weniger als 6.000 Kilometer pro Jahr fahren, können den steuerpflichtigen Betrag reduzieren, müssen dann aber ein Fahrtenbuch führen.

Vorsicht auch bei Weiterbildungen: Kurse mit Allgemeincharakter, die mit dem Berufsfeld der Mitarbeiter nicht unmittelbar in Zusammenhang stehen, sind eine Gratwanderung. Sprachkurse sowie Qualifikationen in Rhetorik oder Konfliktmanagement lassen sich dagegen auch gegenüber der Finanzbehörde gut argumentieren und kommen indirekt auch wieder der Firma selbst zugute. Besonders spendable Unternehmen finanzieren angehenden Führungskräften mitunter sogar Managementprogramme wie den MBA.

Strittig ist auch der private Konsum von Bonusmeilen, die bei Dienstreisen gesammelt wurden. Laut Einkommenssteuergesetz liegt nämlich ein Vorteil aus dem Dienstverhältnis vor und dieser ist lohnsteuerpflichtig. Durch Zusatzverträge kann diese Falle jedoch umgangen werden. Relativ unproblematisch sind dagegen günstigere Einkaufskonditionen, die viele Unternehmen ihren Mitarbeitern gewähren.  Mitgliedschaften in Fitnessstudios werden von der Firmenleitung ebenfalls gerne gesponsert, wenn auch nicht ohne Hintergedanken: Gesunde Mitarbeiter sind leistungsfähiger, lautet das Credo. Impfaktionen und Ernährungsberatungen folgen derselben Intention. In höheren Positionen gehört die Mitgliedschaft in einem Golfclub zum guten Ton – nebenbei werden dort wichtige Kontakte geknüpft.


Neues Feuer ins Team

Nicht ganz uneigennützig sind auch meist sogenannte Incentive-Reisen für besonders verdiente Mitarbeiter. Der vorgebliche Erholungsurlaub mündet dann in Animationen, die dem Teambuilding dienen. Das gemeinsame Erlebnis soll alle motivieren, sich wieder neue Ziele zu setzen und an einem Strang zu ziehen. Die semantische Bedeutung ist klar: Incentive (lat. incendere) steht für entflammen, entzünden, steigern. In diesem Sinn soll auch der Eifer der Mitarbeiter neu entfacht werden.

Belohnung oder Motivationsschub – die Firmenleitung sollte den wahren Hintergrund jedenfalls offen kommunizieren, raten Experten. Denn manche Mitarbeiter könnten die durchgeplanten Freizeitaktivitäten als Zwangsveranstaltung empfinden. Wer sich der Gruppendynamik entziehen möchte und lieber ein paar Tage unbehelligt ausspannt, gilt rasch als Spielverderber und Außenseiter.

Dass sich einzelne Teilnehmer von der Gruppe absondern, hat Engelbert Egger, Geschäftsführer von Geo-Reisen, allerdings in 30 Jahren noch nicht erlebt. »Die Mischung macht’s«, ist er überzeugt, »ich muss die Programme so gestalten, dass für jeden etwas dabei ist.« Rund 360 Projekte veranstaltet das Salzburger Reiseunternehmen pro Jahr und ist darauf bedacht, »nicht nur das Erlebnis darzustellen, sondern auch einen Mehrwert zu bieten«. Für einen Istanbul-Trip organisierte Egger beispielsweise ein opulentes osmanisches Frühstück sowie eine Stadtrallye mit 20 Oldtimern, mit denen die Teilnehmer Straßen entdecken, »in die ein Tourist sonst nie kommen würde«.

Gemeinsam stark

Rund um organisierte Firmenevents ist inzwischen eine ganze Branche gewachsen, die  zwar infolge der krisenbedingten Sparmaßnahmen etwas gelitten hat, nun aber auf neuen Aufwind hofft. Brot backen auf der Alm, Klettern im Hochseilgarten, Segeln in der Karibik oder der Besuch von großen Sportevents wie Champions-League-Spielen – das Angebot ist vielfältig.

Die Agenturen trachten jedoch danach, etwas Besonderes, möglichst Spektakuläres zu bieten. Ein Barcelona-Trip mit Flamenco-Show ist schon zu wenig Action, da muss die Belegschaft ihre Fähigkeiten auch bei einem Paella-Wettbewerb unter Beweis stellen. Das schweißt zusammen und bietet auch noch Monate später Gesprächsstoff.

Eine Gruppe österreichischer Autohändler fliegt nicht bloß zu einem Pauschalurlaub nach Kanada, sondern verbringt dort eine Woche in der Wildnis mit Lachsfischen, Spurenlesen und Männergesprächen am Lagerfeuer. Aktuelle Top-Prämie für die Elite unter der Belegschaft: ein Parabelflug mit der Ilyushin 76 MDK, dem Ausbildungsflugzeug der russischen Kosmonauten, und völlig losgelöst das Gefühl der Schwerelosigkeit erleben.

Generell geht der Trend – infolge von Budgeteinsparungen – aber zu kürzeren Reisen und Destinationen in Österreich und Europa. Das gemeinsame Erleben steht im Vordergrund. »Man wächst mehr zusammen«, sagt Reiseprofi Egger, »und man entdeckt wieder den Berg als Gerät. Den Chef in der Wand sichern zu können, beinhaltet schließlich auch eine emotionale Komponente.«

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