Nun haben wir es schwarz auf weiß, wieder einmal ist ein Bildungsprojekt gescheitert. Nun eigentlich ist es ja nur ein Teil der Bildung. Die NMS, die Neue Mittelschule, gedacht als das große Reformprojekt im Schulwesen, erfüllt die Erwartungen nicht. Es zeigt sich, vor allem medial verbreitet, dass es wie so oft zu einer Verurteilung einer Maßnahme kommt, ohne die Gesamtheit zu betrachten. Wenn mich mein mathematisches Grundwissen nicht täuscht, so wurde die NMS 2012 eingeführt und bereits nach zwei Jahren auf ihren Wert hin evaluiert. Dies angeblich nach wissenschaftlichen Kriterien. Dies mag schon stimmen.
Es gibt aber zwei wesentliche Kriterien, die eine seriöse Beurteilung nicht wirklich zulassen. Einerseits ist der Zeitraum der Systemevaluierung einfach zu kurz. In den vergangenen Schuljahren kann man eben nur kurzfristige Effekte überprüfen. Wo bleibt die Nachhaltigkeit der getroffenen Maßnahmen? Diese kann man erst nach Abschluss einer gesamten Ausbildungsperiode realistisch einschätzen. Und auch dann erst, wenn man die Ergebnisse dieses Ausbildungsschrittes in der Folge im weiteren Ausbildungsweg oder der Berufslaufbahn überprüft.
Ein weiteres Kriterium der Betrachtung wird wenn man die mediale Berichterstattung hernimmt nicht berücksichtigt und angesprochen. Um einen realistischen Reformschritt zu setzen muss man auch Veränderung im System mit berücksichtigen. Dazu gehören die Rahmenbedingungen für das pädagogische Personal. Wie soll die „geistige“ Brücke zwischen den unterschiedlichen Anstellungsverhältnissen überwunden werden? Warum soll sich jemand der an einem Gymnasium unterrichtet plötzlich sich in die Niederungen der NMS begeben? Ist die Ausbildung der Unterrichtenden auch den Anforderungen entsprechend? Punkte, die sehr wohl in einer gesamtheitlichen Evaluierung der NMS mit einfließen müssten.
Die Lösung nur in der Autonomie der Bildungseinrichtungen zu sehen ist wieder nur kurzfristig. Haben wir die verantwortlichen „Manager“ in den Schulen, die auch entsprechend kaufmännisch agieren können? Das ist es ja was eine Autonomie erfordert. Tritt dabei nicht das pädagogische Wirken in den Hintergrund? Wenn wir die Basis des lebenslangen Bildungsverlaufes wirklich verbessern wollen, dann müssen wir die ersten Jahre, sprich der gesetzlich verankerten Schulpflicht endlich als Ganzes betrachten. Es müssen die Jahre davor mit einbezogen werden und auch die Jahre danach entsprechend der zu erwartenden Herausforderungen beurteilt werden.
Es ist notwendig, dass die vorhanden unterschiedlichen Bildungseinrichtungen wie Kindergarten, Volksschule, NMS und Unterstufe Gymnasium (AHS) als pädagogische Einheit gesehen werden. Österreich ist zu klein, dass wir es uns leisten können hier neun unterschiedliche Systeme einsetzten. Es geht um unsere Zukunft und nicht um die Befindlichkeit der einzelnen Landeskaiser. Wenn Bildung bei den Kindern, im Klassenzimmer wirklich ankommen soll, dann wird man um die Systemdiskussion nicht umhin kommen. Wir müssen uns dieser grundlegenden Diskussion über alle ideologischen Grundsätze hinweg stellen. Jede bisher getroffene Maßnahme kann nur einen Zwischenschritt darstellen.
Ziel einer umfassenden Bildungsreform kann nur sein, dass wir endlich diese als „Kette“ betrachten, die jeden einzelnen Schritt unseres Lebens umfasst. Bildung beschränkt sich nicht nur auf den schulischen Abschnitt. Wenn dies so ist, dann ist wahrscheinlich der einzige revolutionäre Schritt der Reform die Umbenennung des „Unterrichtsministeriums“ in „Bildungsministerium“. Letzteres hat in seinen Kompetenzen zwar einen sehr wesentlichen Abschnitt des Bildungsverlaufes, aber eben nur einen. Mehr zielorientiertes Vorgehen und Reduktion an „Verwaltungseinheiten“ würde die Ausgaben deutlich reduzieren. Im Sicherheitsbereich gibt es den Slogan „Polizisten auf die Straße“, wie wäre es für den Bildungsbereich diesen Spruch so anzupassen „mehr LehrerInnen in die Klassen“ statt in den Verwaltungseinheiten.
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