Immer wieder wird die Corona-Welle mit der Grippe-Welle verglichen. Per gestern sollen in Deutschland 267 Menschen an einer Corona-Infektion gestorben sein. Wie viele Menschen sterben denn Jahr für Jahr an Grippe? 2017/18 war mit 25.100 Todesfällen durch Influenza die stärkste Grippesaison seit 30 Jahren. Sowohl 2018/2019 als auch 2019/2020 gelten als Jahre mit milden Verläufen.
Wie kommt das RKI (Robert-Koch-Institut) auf seine Zahlen? In der „Saison“ 2017/2018 gab es 334.000 labordiagnostisch bestätigte Fälle, 2018/2019 waren es 182.000. 2018/19 wurden laut RKI 954 Todesfälle mit Influenza-Infektion übermittelt in der Saison 2017/18 waren es 1.674 Todesfälle. Aktuell, also für 2019/2020, wurden gut 200 Todesfälle gemeldet bei etwas mehr als 100.000 Influenza-Fällen (siehe hier!). In 2017/208 gab es 60.000 Influenza-bedingte Hospitalisierungen, in der Folgesaison waren es 40.000. Häufigste Komplikation bei Hospitalisierungen war die Pneumonie.
Die Zahlen bergen ein gewisses Verzerrungspotenzial – in beide Richtungen. Unsicherheiten kommen etwa dadurch, wie oft überhaupt ein Labornachweis für Influenza durchgeführt wird. Im Gegensatz zu anderen Erkrankungen wird Influenza zudem häufig nicht als Todesursache auf dem Totenschein eingetragen. Auch bedeutet ein Todesfall mit Influenzainfektion nicht zwingend, dass Influenza die Todesursache war, da nach RKI bei den der Influenza zugeschriebenen Todesfällen andere Todesursachen wie Diabetes, Pneumonie oder Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems eine Rolle spielen können.
So ist es international üblich, dass die der Influenza zugeschriebene Sterblichkeit mittels statistischer Verfahren geschätzt wird. Man bestimmt dazu die sogenannte „Hintergrundmortalität“, also die Sterblichkeit in der als Grippesaison geltenden Jahreszeit, die ohne Grippeinfektionswelle zu erwarten wäre. Der während hinreichend starker Influenzasaisons beobachtete, über die Hintergrundmortalität hinausgehende Mortalitätsanstieg wird der Influenza zugeschrieben.
Diese „Übersterblichkeit“ oder „Exzess-Mortalität“ durch Grippe (Influenza) liegt in der langfristigen Betrachtung für Deutschland irgendwo zwischen 5.000 bis 20.000 Toten. Für die Saison 2017/18 ergab sich der höchste Wert in den zurückliegenden 30 Jahren. In der aktuellen Grippe-Saison liegt die Zahl der an Influenza Erkrankten in den USA übrigens bei 36 bis 51 Millionen mit schätzungsweise 22.000 bis 55.000 Toten.
Jetzt kann man argumentieren, die Zahlen für das Ausmaß einer Grippewelle stehen auf sehr schwankendem Boden. Das mag sein.
Aber das gilt mindestens genauso für die aktuelle Corona-Welle. Hier kommt noch hinzu, dass die (unvalidierten) Tests als sehr unsicher gelten (siehe etwa hier!), mit einem hohen Anteil an falsch positiven Resultaten. Und auch bei Corona gilt wie bei Influenza: Die Todesursache muss nicht zwingend in dem Virus zu suchen sein, selbst dann nicht, wenn der Betreffende tatsächlich damit infiziert gewesen sein sollte. Wenn jemand mit Corona stirbt, heißt das eben nicht notwendigerweise, dass er an Corona gestorben ist. Aber in der aktuellen Corona-Hysterie dürfte die „Versuchung“ groß sein, Todesfälle im Zweifel dem Corona-Virus zuzuschreiben ohne die Rolle von Vorerkrankungen zu bewerten. In der besonders betroffenen Region in Italien waren nach bisherigen Zahlen mehr als die Hälfte der im Zuge der Corona-Welle Verstorbenen über 80 Jahre alt, zwei Drittel wiesen mindestens drei chronische Vorerkrankungen auf (siehe hier!). Das wurde u.a. bei post-mortem-Untersuchungen festgestellt. Solche Verstorbenen werden aber alle der Corona-Statistik zugerechnet.
Die Datenlage für Influenza und für Corona ist aus teilweise unterschiedlichen, teilweise ähnlichen Gründen gleichermaßen schwankend. Ich kann zurzeit nicht erkennen, warum „Corona“ so viel schwerwiegender sein soll als eine Grippewelle. Wie John P.A. Ioannidis schreibt, könnte sich die aktuelle Corona-Seuche, genauer die Maßnahmen dagegen, als ein Jahrhundert-Fiasko erweisen.
Und warum dann das Ganze? Hariri versucht in seinem lesenswerten Beitrag der ganzen Angelegenheit etwas Positives abzugewinnen, wenn wir, die breite Bevölkerung, jetzt die Weichen richtig stellen. Es gilt aber auch, wie er schreibt, dass die Politiker in Versuchung geraten könnten, die Schnellstrasse zum autoritären Staat zu nehmen (siehe auch hier!).