Die Rendite zehnjähriger US-Staasanleihen ist in der Zeit zwischen Mai und Anfang September um rund 85% angestiegen. Das ist einer der höchsten und schnellsten Anstiege in der US-Geschichte. Er führte in den Anleihemärkten rund um die Welt zu Verwerfungen und hat auch deutliche Spuren im US-Immobiliensektor hinterlassen.
Noch ein Rekord: Der Renditeanstieg seit dem Boden im Juli 2012 beträgt 115% und ist damit der größte zyklische Anstieg in den zurückliegenden 50 Jahren. Auf Rang zwei kommt der Anstieg um 94% zwischen Dezember 2008 und April 2010. Die aktuelle Bewegung vom Tief zum Hoch nähert sich der durchschnittlichen Dauer solcher Bond-Bär-Märkte, die bei 423 Tagen liegt.
Ist das Kurs-Tief bei Bonds erreicht, bzw. das Rendite-Hoch, dann ist gemäß dem Durchschnitt über die jüngsten 16 Zinszyklen ein Rendite-Fall um 35% zu erwarten, heißt es bei Guggenheim Investments. Wenn man 3% als Rendite-Topp unterstellt, wäre zu erwarten, dass sie auf unter zwei Prozent sinkt, bevor ein erneuter Bär-Markt bei Bonds einsetzt. Steigt die Rendite zunächst noch weiter, z.B. auf 3,5%, so wären 2,25% als Zielmarke zu erwarten.
Neben diesen technischen Argumenten aus der Geschichte gibt es auch fundamentale Aspekte, die für ein solches Szenario sprechen. Die Fed selbst hat aktuell ihre Wachstums-Projektionen zurückgenommen. Jetzt sollen es in 2013 nur noch 2% bis 2,3% werden (Projektion im Juni: 2,3-2,6%). Für 2014 wird plus 2,9-3,1% erwartet (Projektion im Juni: 3,0-3,5%).
Seit die Fed im Mai die Reduktion der QE-Maßnahmen in Aussicht stellte, sind die Hypothekenzinsen abrupt angewachsen, was sich seit Juli in den physischen Hausbaudaten niederschlägt.
Die Bremsspuren zeigen sich sehr deutlich auch in der im Quartalsvergleich um 40% gesunkenen Zahl neuer Hypotheken (siehe hier!).
Der Hausbau-Bereich trägt signifikant zum Wachstum der Gesamtwirtschaft bei – Schätzungen gehen von einem Beitrag von 40 bis 50% aus. Wenn die Hausbau-Aktivitäten durch die Zinsentwicklung beeinträchtigt werden, erweist sich der Immobiliensektor als Wachstumsbremse. Und dann dürften auch die jüngsten, schon reduzierten Projektionen der Fed Makulatur sein.
Darüber hinaus gibt es Tempoverluste bei anderen Makrodaten-Reihen. So zeigt das reale verfügbare Einkommen in den USA seit März eine schwache Entwicklung, sie bleibt unter dem mittelfristigen Trend (rote Signallinie im Chart!).
Das gleiche gilt fur die persönlichen Konsumausgaben, hier setzte der Tempoverlust bereits zu Jahresbeginn ein.
Die Einkommen sind im Jahresvergleich um lediglich 0,8% gestiegen, die Konsumausgaben immerhin noch um 3,1%. Diese vom Wohlstandseffekt steigender Hauspreise und steigender Aktienkurse herrührende Divergenz wird nicht ewig bestehen bleiben. Dass dabei die Einkommen aufholen, erscheint momentan unwahrscheinlich.
Ein weiteres Warnsignal liefert die Inflationsentwicklung, insbesondere der von der Fed besonders beachtete PCE-Price-Indicator ohne Lebensmittel und Energie (PCEPILFE). Er entwickelt sich seit April unter dem mittelfristigen Trend.
Sich verschlechternde ökonomische Rahmenbedingungen führen normalerweise zu steigender Nachfrage nach Anleihen, drücken mithin die Zinsen. Weiterer Druck könnte sich aus der US-Haushaltslage ergeben. Noch ist die Finanzierung der Bundesregierung für das im Oktober beginnende Haushaltsjahr nicht gesichert. Zudem muss gegen Mitte Oktober die gesetzliche Schuldengrenze von 16,7 Bill. Dollar angehoben werden, weil sonst partielle Zahlungsunfähigkeit droht. Beides könnte dazu führen, dass bald weniger US-Staatsanleihen neu ausgegeben werden als erwartet. Mit fiskalischen Problemen hatte die Fed u.a. ihre Entscheidung begründet, die QE-Maßnahmen jetzt nicht zu drosseln. Zudem wird erwartet, dass die Steuereinahmen in 2014 dank höherer Steuern und starker Aktienkursgewinne aus 2013 steigen. Auch das würde die Neuausgabe von Staatsanleihen tendenziell drücken.
Über das größere Bild bei Staatsanleihen wird seit einiger Zeit heftig gestritten. Während die einen bereits das Ende des 30-jährigen Kurs-Bull-Marktes ausrufen, sagen andere sogar neue historische Tiefs voraus.
Scott Minerd von Guggenheim Investment sieht nach einer signifikanten Korrektur, die die zehn-jährige Rendite bis auf zwei Prozent herunterbringen könnte (siehe vorne!), eine volatile, drei bis fünf Jahre andauernde Seitwärtsbewegung voraus, die vergleichbar ist mit der in den 1940er Jahren. Er trommelt daher für Käufe von länger laufenden Unternehmensanleihen hoher Bonität. Aktien hätten in diesem Jahr den Bonds die Show gestohlen, aber sie seien nun reif für eine Konsolidierung (siehe z.B. hier!). Anleihe-Anleger scheinen umgekehrt das Handtuch geworfen zu haben, genau das aber spricht ebenfalls dafür, dass jetzt auf Jahre hinaus der beste Kaufzeitpunkt sein könnte, sagt Minerd.
(Unter Verwendung von Material von Guggenheim Investments)
Der Verlauf den zehn-jährigen US-Rendite (TNX) seit 1977 zeigt, dass der langfristige Abwärtskanal seit den 1980er Jahren intakt ist.
Es schält sich aus meiner Sicht allmählich ein konsistentes Bild heraus mit erlahmender wirtschaftlicher Wachstumsdynamik, steigenden Anleihepreisen und sinkenden Aktienkursen.
Aber wie sagte Bob Farrell: „Übertreibungen können länger dauern als man gemeinhin denkt.“
By accepting you will be accessing a service provided by a third-party external to https://archiv.report.at/