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Die zwei Seiten einer Medaille

Konflikt: Das Austrian Standards Institute gegen den Rest der Welt. Konflikt: Das Austrian Standards Institute gegen den Rest der Welt. Foto: Thinkstock

Ende Juni wurde ein neues Normengesetz in die Begutachtung geschickt. Was die einen als großen Wurf bezeichnen, ist für die anderen schlicht eine Katastrophe.

»Wir wollen die Transparenz und Steuerung des nationalen Normenwesens verbessern, um die von vielen Wirtschaftstreibenden beklagte Normenflut einzudämmen. Darüber hinaus ermöglichen wir eine kostenlose Teilnahme an der Normung, was vor allem Klein- und Mittelbetrieben hilft.« Mit diesen Worten hat Vizekanzler Reinhold Mitterlehner das neue Normengesetz in Begutachtung geschickt. In Zukunft soll eine Normung nur mehr auf Antrag mit konkreten Begründungen erfolgen. Auch die Kosteneffekte müssen sofort transparent gemacht werden und es soll ein neues Einspruchsrecht gegen Normungsanträge geben, das von einer gesetzlich eingerichteten Schlichtungsstelle behandelt wird.

SPÖ-Bautenssprecherin Ruth Becher bezeichnet die vorliegende Novelle als »großen Sprung vorwärts«. Sie fordert seit Jahren eine Eindämmung der Normenflut, unter der vor allem der Bausektor massiv leide. »Der vorgelegte Entwurf trägt zur Eindämmung dieser Normenflut bei. Damit ist dies eine von mehreren Maßnahmen, die Errichtungskosten und in Folge die Mietkosten senkt«, so Becher. Normen seien ein wichtiges Instrument, um die Sicherheit zu garantieren und durch Vergleichbarkeit fairen Wettbewerb zu ermöglichen. »Allerdings nur, wenn sie nicht überbordend sind.« Becher hält eine Halbierung des Regelungsumfangs von derzeit 6.000 Normen auf 3.000 Normen für möglich und sinnvoll. »Die Initiative dafür muss von den Betroffenen selbst, also ArchitektInnen und Bauwirtschaft ausgehen, nicht von jener Einrichtung, die für die bestehende Ansammlung von Normen verantwortlich zeichnet«, fordert Becher.

Harte Kritik
Das von Becher angesprochene Austrian Standards Institute geht mit der geplanten Novelle naturgemäß hart ins Gericht, wird ihr Einfluss damit doch spürbar reduziert.  Für den Präsidenten von Austrian Standards, Walter Barfuß, ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass ein neues Normengesetz in Angriff genommen wird. So wie das neue Normengesetz jetzt entworfen ist, könne es laut Barfuß allerdings sicher nicht in Kraft treten. Denn laut DIN-Vorstandsvorsitzender Torsten Bahke läuft Österreich mit der vorliegenden Version Gefahr, die Mitgliedschaft beim CEN und DIN zu verlieren. Deshalb hofft Elisabeth Stampfl-Blaha, Direktorin bei Austrian Standards, noch darauf, dass »Vernunft einkehrt und ein neuer Anlauf genommen wird«. Sichtlich schockiert zeigt sich Austrian-Standards-Vizepräsident Sektionschef Manfred Matzka. Er bezeichnet den Entwurf als »wirklichen Unsinn mit zahlreichen Fehlern und einer dilettantischen Legistik«.

Kammer fordert sachliche Diskussion
Kritik an der harschen Reaktion von Austrian Standards und damit zumindest indirekt Unterstützung für den Gesetzes­entwurf kommt von der Ziviltechnikerkammer. Sie fordert das ASI zu einer Versachlichung der Debatte aus.  »Auf dem so wichtigen Feld der Normung kann nur der sachliche Dialog zu sinnvollen Lösungen führen«, sagt Christian Aulinger, Präsident der Ziviltechnikerkammer, der auch die Angst, Österreich könne die Mitgliedschaft bei DIN und CEN verlieren, nicht nachvollziehen kann. Denn der von Bahke kritisierte freie Zugang zu Normen regelt nur die nationalen (österreichischen), nicht aber die CEN- und ISO-Normen. Dadurch berücksichtige der Entwurf des Normengesetzes alle bilateralen europäischen und internationalen Verpflichtungen vollständig.

Es bleibt spannend ...

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