Hinter den Kulissen
- Written by Mag. Bernd Affenzeller
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Das Aufgabengebiet der Interessenvertretungen der mineralischen Roh- und Baustoffindustrie ist breit gefächert. Neben Öffentlichkeitsarbeit und Dienstleistungen für die Mitglieder liegt eine Hauptaufgabe im intensiven Lobbying – nicht nur in Österreich, sondern vor allem auch in Brüssel. Und im nationalen Wettstreit der verschiedenen Baustoffe wird versucht, die Interessen der eigenen Unternehmen zu wahren.
Eine breitere Öffentlichkeit bekommt von den Aktivitäten von Interessenvertretungen wie dem Fachverband Steine-Keramik, der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie VÖZ oder der Bau!Massiv!-Gruppe meist nur dann etwas mit, wenn aktuelle Bilanzzahlen präsentiert oder neue Studien vorgestellt werden. Dass die Zementindustrie 2013 einen Umsatzrückgang von 2,6 Prozent hinnehmen musste oder dass laut einer Bau!Massiv!-Studie die Lebensdauer und Betriebskosten die zentralen Themen beim Bauen und Wohnen sind, ist dann auch dem einen oder anderen Publikumsmedium eine kurze Meldung wert. Dabei macht diese Art der Öffentlichkeitsarbeit aber nur einen kleinen Teil der Verbandsarbeit aus. Hinter den Kulissen haben die Verbände ganz andere Dinge im Fokus. Da geht es um Fachexpertisen zu österreichischen und europäischen Gesetzesentwürfen, den internen Interessenausgleich zwischen einzelnen Teilbranchen und natürlich Lobbying auf nationaler und internationaler Ebene. »Am Ende des Tages sind wir Lobbyisten, wenngleich der Umfang durch das Wirtschaftskammergesetz klar geregelt ist. Im Sinne unserer Unternehmen versuchen wir, Verwaltung und Politik mit den nötigen Informationen für eine ausgewogene Gesetzgebung zu versorgen«, erklärt Andreas Pfeiler, Geschäftsführer Fachverband Steine-Keramik. Dabei legt Pfeiler jede Menge Kilometer zurück, denn europäische Themen wie der Emissionshandel oder die Carbon-Leakage-Liste sind für die Baustoffindustrie von zentraler Bedeutung. »Ich fliege mehrmals im Monat nach Brüssel um bei den relevanten Personen zu deponieren, woran ein System wie der Emissionshandel krankt«, erklärt Pfeiler. Im Gepäck hat er dann eine Fachexpertise, die intern im Interessenausgleich des Fachverbands abgestimmt wurde. Mit diesem Kompromiss wird Pfeiler bei den relevanten Ausschüssen wie dem Ausschuss für Umweltfragen (ENVI) oder dem Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) vorstellig. Als Ansprechpartner fungieren in erster Linie die österreichischen Abgeordneten, die in Brüssel deutlich mehr Gewicht haben, als ihnen in Österreich oftmals zugetraut wird. So war etwa Richard Seeber jahrelang Sprecher des Umweltausschusses und damit eine wichtige Ansprechperson für Pfeiler und Co. Dass an diesem Lobbying nichts Verwerfliches ist, bekräftigt auch Pfeiler. »Es geht um Aufklärungsarbeit. Mein Ziel ist es, die Entscheidungsträger dazu zu bringen, auch unsere Seite zu sehen.« In Sachen Klimaschutz sei vielen nicht bewusst, dass sich gerade in der Industrie die Themen »Energieeffizienz« und »Einsatz erneuerbarer Energie« oftmals ausschließen. »Wir brauchen etwa in der Zementproduktion hohe Temperaturen. Die kann man zwar auch mit erneuerbaren Energieträgern erreichen, aber effizient ist das in vielen Fällen nicht.«
Re-Industrialisierung ohne Industrie?
Auch VÖZ-Vorstand Rudolf Zrost kennt Brüssel nicht nur vom Hörensagen. Mehrmals im Jahr ist Zrost für die heimische Zementindustrie in der belgischen Hauptstadt. Im März war Zrost gemeinsam mit Andreas Pfeiler und Fachverbands-Obmann Manfred Asamer als Vertreter der Baustoffindustrie bei der vom Fachverband organisierten Breakfast Debate im Europäischen Parlament, wo mit hochrangigen Vertretern der EU-Kommission und des Europäischen Parlaments über die europäische Klima- und Energiepolitik diskutiert wurde. Darunter befanden sich etwa Umweltminister Andrä Rupprechter, die Abgeordneten Paul Rübig, Judith Merkies und Hans-Peter Mayer sowie Eric Mamer, stellvertretender Ka-
binettschef von EU-Energiekommissar Günther Oettinger. Inhaltlich ging es dabei vor allem um die klima- und energiepolitischen Zielsetzungen, die aus Sicht der Baustoffindustrie auch die wirtschaftlichen Realitäten und die Grenze des Machbaren berücksichtigen müssten. Das scheint aktuell aber nicht zu passieren. »Es werden Entscheidungen getroffen, ohne die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Industrie zu hinterfragen«, kritisiert Zrost. Die anvisierten Klimaziele seien für die Zementindustrie technisch einfach nicht machbar.
Auch das wiederholt kommunizierte Ziel der Re-Industrialisierung Europas scheint an den tatsächlichen Rahmenbedingungen nur wenig zu ändern. »Das Verständnis für die Baustoffindustrie ist dadurch leider nicht größer geworden«, schildert Pfeiler seine Erfahrungen vor Ort. Das eine seien politische Bekenntnisse, aber Entscheidungen treffen Kommissionen. Dort sitzen Beamte, die »nach bestem Wissen Verordnungen und Richtlinien produzieren«, so Pfeiler, der aber die fehlende Gesamtsicht kritisiert. »Die Vorgaben aus Umweltsicht und die Vorgaben aus Wirtschaftssicht sind aktuell nicht vereinbar.« Unbestritten hat die Umweltfraktion in Brüssel im Momemt die Nase vorn. »Das trifft jedes einzelne unserer Unternehmen und diese oft ungewollten Konsequenzen müssen von uns aufgezeigt werden, um damit vielleicht Korrekturen in Gesetzesentwürfen zu erreichen«, so Pfeiler.
Wettbewerb der Baustoffe
Neben der politischen Lobbyingarbeit, der Öffentlichkeitsarbeit und vor allem der Dienstleistung für die eigenen Mitgliedsunternehmen, beobachten Interessenvertretungen wie Bau!Massiv! natürlich auch, was der Mitbewerb so treibt. In bester österreichischer Tradition läuft der Wettbewerb der verschiedenen Baustoffe in Österreich meist nach ungeschriebenen, aber fairen Spielregeln ab. Auch die jeweiligen Werbebotschaften konzentrieren sich in der Regel auf die Stärken des eigenen Produkts. Aber natürlich kommt es auch vor, dass die eine oder andere Interessenvertetung übers Ziel hinausschießt. »So etwas ist immer unangenehm und führt stets zu einer emotionalen Diskussion fernab von sachlichen Argumenten. Aber unsere Aufgabe ist es auch dann das Gespräch mit der konkurrierenden Branche zu suchen, um die Diskussionen wieder zu versachlichen«, heißt es bei Bau!Massiv! Denn eines dürfe bei all der Konkurrenz nicht vergessen werden: Das gemeinsame Ziel einer sich gut entwickelnden Baubranche ist absolut vorrangig und im Interesse aller Beteiligten. »Konkurrenz belebt den Markt und sorgt für Weiterentwicklung. Die Auseinandersetzung sollte aber immer fair geführt werden«, wünscht man sich bei Bau!Massiv!.
Industrie sorgt für mehr Wertschöpfung
Laut dem österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung wuchs die Bruttowertschöpfung im Jahr 2013 in allen Bundesländern schwach. Von der leichten Aufhellung der nationalen und internationalen Konjunktur im zweiten Halbjahr profitierten vor allem die Industrieregionen. Sie erzielten deshalb 2013 insgesamt einen leichten Wachstumsvorsprung. In Gesamtösterreich legte die Bruttowertschöpfung um 0,5 % zu, in den industrieintensiven Regionalwirtschaften Vorarlbergs (+1,2%), Oberösterreichs und der Steiermark (jeweils +0,9%) fiel das Wachstum deutlich kräftiger aus.