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"Wir schauen nicht auf den Mitbewerb"

Foto: »Die Eigenverantwortung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird immer wichtiger. Dafür brauchen sie ein Wertegerüst. Dieses Wertegerüst bezeichne ich als Unternehmenskultur«, erklärt Karl-Heinz Strauss, was er unter Unternehmenskultur versteht. Foto: »Die Eigenverantwortung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird immer wichtiger. Dafür brauchen sie ein Wertegerüst. Dieses Wertegerüst bezeichne ich als Unternehmenskultur«, erklärt Karl-Heinz Strauss, was er unter Unternehmenskultur versteht.

Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report erklärt Porr-CEO Karl-Heinz Strauss, was die Unternehmenskultur der Porr ausmacht, welche Auswirkungen sie auf den wirtschaftlichen Erfolg hat, warum die Integration neu übernommener Firmen die absolute Kür der Unternehmensführung ist und in welche Richtung er die Porr führen möchte.

Report: Sie haben bei verschiedenen Anlässen betont, wie wichtig Ihnen die Unternehmenskultur ist. Was bedeutet für Sie der abstrakte Begriff der Unternehmenskultur?

Karl-Heinz Strauss: Die Porr ist 148 Jahre alt. In diesem Zeitraum hat sich ein bestimmtes Verhalten und Wertemuster entwickelt, das heute salopp als »Kultur« bezeichnet wird. Ich bin überzeugt, dass die »Kultur« heute ein viel wichtigerer Bestandteil eines Unternehmens ist als je zuvor. Das liegt daran, dass die Welt immer komplexer wird und wir diese Komplexität nicht einfach mit Richtlinien, Verordnungen und Vorschriften gestalten können. Unsere Mitarbeiter müssen instinktiv wissen, wie sich eine Porrianerin oder ein Porrianer in gewissen Situationen verhält, auch und vor allem in schwierigen Situationen. Weil wir zunehmend in Projektmanagement-Organisationen denken, wo Hierarchien nicht mehr diesen hohen Stellenwert haben, wird die gelebte Kultur immer wichtiger. Da muss man an die Eigenverantwortung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter appellieren. Dafür brauchen sie ein Wertegerüst. Dieses Wertegerüst bezeichne ich als Unternehmenskultur.  

Report: Wie zeigt sich die gelebte Unternehmenskultur?

Strauss: Wir als Porr tun uns da leicht. Es gibt den Begriff der Porrianerin und des Porrianers. Der bedeutet unserer Belegschaft etwas.  Die Porrianerin und der Porrianer sind leistungsstark und leistungswillig und fühlen sich im gemeinsamen Umfeld wohl. Das ist wie eine Familie, die sich versteht. Natürlich gibt es immer wieder mal Spannungen zwischen einzelnen Mitgliedern, aber am Ende des Tages befindet man sich unter demselben Dach.

Mit dem »Porr Spirit« haben wir schon im Jahr 2010 einen Wertekatalog erstellt, wie sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach innen und außen verhalten, wie sie miteinander und mit Kunden umgehen. So wie Kinder in der Familie Regeln lernen, so versuchen auch wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Verhaltensregeln mit auf den Weg zu geben.

Report: Welchen Einfluss hat die Unternehmenskultur auf den wirtschaftlichen Erfolg?

Strauss: Das ist einer der wesentlichsten Punkte. Wenn alle motiviert und leistungswillig sind und an einem Strang ziehen, dann hat das gerade für eine Baufirma einen enormen Stellenwert.  Die Unternehmenskultur hat auch einen wesentlichen Einfluss auf den War for Talents. Und der ist in vollem Gange.

Report: Was unterscheidet aus Ihrer Sicht die Unternehmenskultur der Porr von der Unternehmenskultur anderer Unternehmen?

Strauss: Unser Wertegerüst umfasst Offenheit, Transparenz, gegenseitige Wertschätzung und die Freude, miteinander zu arbeiten. Ein Slogan der Porr lautet »Wir fordern Leistung: but we care for you«. Es macht den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Porr Spaß, hier zu arbeiten, sie fühlen sich geborgen. Auch dann, wenn etwas nicht so läuft, wie es sollte. Dieses Gemeinsame macht stark und optimistisch. Es geht auch nicht darum, eine bessere Unternehmenskultur zu haben als andere, aber wir haben eine eigene und machen Dinge auf unsere Weise. Wir schauen auch nicht, was der Mitbewerb macht. Wir konzentrieren uns auf den Markt, die Kunden und uns selbst.

Report: Ein großer Megatrend unserer Zeit ist die Digitalisierung. Digitalisierung bedeutet auch Veränderung und teilweise Sorgen und Ängste. Welche Auswirkungen hat das auf die Kultur eines Unternehmens?

Strauss: Provokant gesagt: gar keine. Denn eine Unternehmenskultur sollte so stark und vielfältig sein, dass sie Änderungen standhält. Der Verunsicherung, die die Digitalisierung zweifellos mit sich bringt, setzen wir ja etwas entgegen: »we care for you«. Und Unvermeidliches ist unvermeidlich. Dazu zählt auch die Digitalisierung. Je früher man diese Änderungen ankündigt und umsetzt, umso weniger Verunsicherung herrscht in der Belegschaft. Weil alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen, dass wir fair mit dem Thema umgehen und Innovation zum nachhaltigen Wohle der Porr fördern und nicht, um kurzfristige Ergebnisoptimierungen zu erreichen. Die Porr ist zwar an der Börse, aber dennoch unternehmergeführt. Unsere Entscheidungen orientieren sich nicht an Quartalen, auch nicht an ein, zwei Jahren, sondern mindestens an fünf bis sechs Jahren. 

Report: Die Porr hat im letzten Jahr einige Firmen neu übernommen. Wie wichtig und wie schwierig ist es, eine bestehende Unternehmenskultur auf diese neuen Einheiten zu übertragen?

Strauss: Die Integration neu übernommener Firmen ist die absolute Kür jeder Unternehmensführung. Das zählt zu den wichtigsten und schwierigsten Aufgaben. 70 Prozent der Übernahmen haben keinen nachhaltigen Nutzen, weil es nicht gelingt, die unterschiedlichen Kulturen zusammenzuführen. Deshalb prüfen wir bei möglichen Akquisitionen immer schon im Vorfeld, ob das Unternehmen zu uns passt. Wenn die Kultur nicht passt, kann das Unternehmen noch so gut sein, wir würden es nicht übernehmen, um nicht unsere eigene Kultur aufs Spiel zu setzen.

Wir haben im letzten Jahr vier Firmen übernommen. Und bei jeder einzelnen wussten wir, dass sich die jeweilige Kultur in unsere integrieren lässt. Das bedeutet aber nicht Assimilation. Sondern eine starke Kultur, wie wir sie haben, lässt auch Stärken anderer Kulturen zu und macht sie zu einem Teil der eigenen Kultur. Aber das braucht Zeit. Dafür muss man mindes­tens zwei bis drei Jahre veranschlagen.   

Report: Ist es bei einem internationalen Unternehmen wie der Porr möglich, eine durchgängige Unternehmenskultur über alle Ländergrenzen hinweg zu implementieren oder sind die kulturellen Unterschiede zu groß? 

Strauss: Bei der Porr arbeiten 63 verschiedene Nationen. Da gibt es natürlich gravierende kulturelle Unterschiede. Deshalb kann man jeder Kultur nur so viel Porr-Unternehmenskultur überstülpen, wie sie verträgt. Da muss man viel Rücksicht nehmen, auf Religionen, Werte und Lebensweisen. Man muss aber selbstbewusst genug sein, die Porr-Kultur als Leitkultur zu benennen. Das ist auch gut möglich, weil wir für Offenheit und Transparenz stehen. Das heißt, unter dem Mantel der Porr-Kultur ist sehr viel Platz. Es gibt aber natürlich auch Grenzen. Denn die Porr soll weltweit mit einer Stimme sprechen.

Report: Wie kann man erkennen, dass es im eigenen Unternehmen Schwierigkeiten mit der Kultur gibt?

Strauss: Das spürt und sieht man an vielen Dingen. Man muss nur zuhören. Da gibt es deutliche Alarmsignale. Wenn man merkt, dass interne Streitigkeiten zunehmen oder wenn Abteilungen plötzlich zueinander in Konkurrenz stehen. Deshalb muss man als Führungskraft auch immer aufmerksam sein, die gemeinsamen Werte vorleben und kommunizieren.

Report: In welche Richtung möchten Sie die Unternehmenskultur bei der Porr entwickeln?

Strauss: Wir haben in den letzten Jahren viel gemacht und Themen wie Diversität, Offenheit, Kommunikation vorangetrieben, alte und starre Strukturen aufgebrochen sowie moderne Projektmanagementsysteme etabliert. Trotzdem sind wir nicht am Ziel. Gerade jetzt machen wir mittels Feedback-Aktionen eine Standortbestimmung, ob wir auf dem richtigen Weg sind und die richtigen Instrumente für die Herausforderungen haben, die uns bevorstehen.

Dabei muss man aber sehr vorsichtig sein. Man darf keinen Zick-Zack-Kurs fahren, sondern maximal leichte Anpassungen vornehmen. Wir bauen unsere Porr-Straße. Die hat Leitplanken, damit niemand verloren geht, aber zwischen den Leitplanken gibt es einen gewissen Spielraum.

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