Licht lenkt
- Written by Redaktion
- font size decrease font size increase font size
Bis vor wenigen Jahrzehnten verbrachten wir den überwiegenden Teil des Tages im Freien. Das hat sich grundlegend geändert. Laut einer EU-Studie hält sich der Mensch heute zu 90 Prozent in Gebäuden auf, Tageslicht wird zur Mangelware. Die Donau-Universität Krems forscht mit einem Lichtlabor an Lösungen für morgen.
Von Karin LegatMit meiner privaten Lichtsituation bin ich sehr zufrieden. Ich wohne in einem Altbau mit hohen Räumen. Durch den annähernd quadratischen Grundriss und die optimale Raumtiefe des Wohnzimmers, durch hohe Fenster und helle Wände erreicht der Lichteinfall einen idealen Wert. Nur das Bad ist leider dunkel«, fasst Architekt Gregor Radinger, Leiter des Lehrgangs Tageslicht Architektur an der Donau-Universität Krems, seine persönliche Lichtsituation zusammen. Die berufliche bewertet er weniger optimal. »Ich bin ein Freund von Außenräumen, d.h. von Balkonen, Terrassen und Loggien. Hier könnte ich die positiven Eigenschaften des Tageslichts optimal nutzen, aber leider fehlt das in unserem Büro.« Die positiven Eigenschaften des Tageslichts verbindet Radinger mit der Steuerung und Beeinflussung des physischen und psychischen Wohlbefindens. »Licht wird meist nur als Mittel gesehen, etwas sichtbar zu machen. Es erfüllt aber viel mehr. Die zirkadiane Rhythmik, d.h. die innere Uhr, signalisiert via Melatonin dem Körper, welche physiologischen Prozesse zu erledigen sind. Entscheidend dafür sind der Sonnenverlauf und damit die natürliche Beleuchtungsstärke und die Lichtfarbe.«
Lichtplanung
Um die Lichteigenschaften optimal zu nutzen, muss auf mehrere Faktoren Rücksicht genommen werden. Neben der Standortwahl, der Ausrichtung des Gebäudes, der Verschattung durch die Umgebung, dem Fensterflächenanteil, der Glasqualität, der Art des Sonnen- und Blendschutzes sowie der Topografie, an die jeder Mensch bei der Frage nach dem optimalen Lichteinfall denkt, muss auch auf die Raumhöhe, die Raumtiefe sowie auf die Position der Fenster Rücksicht genommen werden. Durch eine schlechte Planung endet der Tageslichteinfall oft schon nach wenigen Metern. Optimale Tageslichtverhältnisse in Gebäuden müssen daher einen zentralen Stellenwert in der Architektur erhalten. »Licht in der Morgendämmerung ist 50 Mal heller als Bürobeleuchtung, Tageslicht sogar 500 bis 1.000 Mal stärker«, zitiert Christina Brunner von VELUX Lichtberechnungen. »Die Belichtungsstärke von Zenitlicht, also Licht von oben, wirkt drei Mal heller als Horizontlicht, Licht von der Seite.« Durch Dachflächenfenster und Flachdachfenster lässt sich Licht gezielt in die Raumtiefe lenken. »Tageslicht-Architektur bedeutet nicht, Glashäuser zu bauen«, so Brunner. »Es geht darum, Fenster, Oberlichten, Dachflächenfenster und z.B. Flachdachfenster strategisch zu positionieren.«
Lichterfüllt
Die Lichtsituation in Wohnungen sollte sowohl visuellen als auch energetischen und gesundheitsrelevanten Anforderungen gerecht werden. Dazu analysiert Radinger mit seinen StudentInnen die unterschiedlichsten Wohnsituationen im Lichtlabor. Ziel ist es, die beste Tageslichtqualität in Gebäuden zu schaffen und Lösungen zur Ergänzung des Tageslichtes durch geeignete Kunstlichtmittel zu finden. »Mit computerunterstützten Simulationen errechnen wir die Tageslichtquotientenverteilung und adaptieren die Baumodelle.« Immer öfter erkennen Architekten und Bauherren die Bedeutung von Licht und bitten uns um Unterstützung bei ihren Projekten«, informiert Radinger. Mit einer geschickten Tageslichtregie erzielen Gebäudebetreiber auch ein ökonomisches Plus. »Ein höherer Lichteintrag steigert die Attraktivität von Nutzflächen und verbessert die Energiebilanz von Gebäuden.« Und hier gibt es tatsächlich Handlungsbedarf, denn der Gebäudesektor ist heute für 40 Prozent des Gesamtenergieverbrauches verantwortlich.
Tageslichtergänzung
Dass die Nutzung von Licht im Bürobereich anders aussieht als in Wohnlandschaften, ist jedem klar. »Im Wohnbereich sind die Aktivitäten vielfältiger und schwerer vorhersehbar. Kids spielen am Boden, die Eltern lesen ein Buch auf der Couch. Hier stellt künstliche Beleuchtung einen wesentlichen Aspekt dar. Es darf aber nie darauf verzichtet werden, Tageslicht bestmöglich zu nutzen«, zeigt Radinger auf. Bei der Wahl künstlicher Beleuchtungslösungen muss höchste Qualität oberste Priorität haben. Hier macht eine LED-Innovation auf sich aufmerksam, die sogenannten OLEDs (organic light-emitting diodes). OLEDs sollen im Wohnbau in Form leuchtender Wände und leuchtender Tapeten eingesetzt werden. Hier kommen die Beleuchtungseigenschaften der OLEDs zum Tragen, denn sie ermöglichen eine vollflächige und blendfreie Grundbeleuchtung. Für gerichtetes Licht oder hohe Beleuchtungsstärken ist das System nicht gedacht. OLEDs bilden eine Beleuchtungslösung von morgen. Derzeit wird an dieser Technologie noch geforscht, v.a. in Japan, Südkorea, den USA und Deutschland. Schwachstellen finden sich bei Lebensdauer und Kosten.
Zurück aus der Zukunft
OLED ist ein System von morgen, das Sunlighthouse in Niederösterreich präsentiert sich dagegen als Modell von heute. Das Vorzeigeprojekt, das die Donau-Universität gemeinsam mit Velux und dem Österreichischen Institut für Baubiologie und -ökologie realisiert hat, ist ein CO2-neutrales Einfamilienhaus mit außergewöhnlich hohem Tageslichtanteil. Der Tageslichtquotient erreicht in den Wohnräumen fünf Prozent, empfohlen sind laut DIN 5034-4 mind. 0,9 Prozent. Der Fensteranteil umfasst bezogen auf die Grundfläche 50,5 Prozent. Hier sieht die Bauordnung mind. ein Zehntel der Fußbodenfläche als Fensterfläche vor. Eine Sole-Wasser-Pumpe übernimmt die Raumheizung und gemeinsam mit Solarkollektoren die Warmwasserbereitung. Wärmedämmende Fenster minimieren Energieverluste und reduzieren sommerliche Überwärmung. Effiziente Beschattung, ein ausgeklügeltes Lüftungskonzept sowie optimale Dämmung kühlen weiter. Tageslicht spart Strom für die Beleuchtung. Jüngst wurde das Sunlighthouse von einer Familie bezogen, die die Praxistauglichkeit, Technik und Funktionalität für Eltern mit zwei kleinen Kindern ein Jahr prüfen soll. »Wir wollen herausfinden, ob die berechneten technischen Werte auch in der täglichen Praxis bestehen, und wir möchten erfahren, wie sich ein Wohnhaus mit fünfmal mehr Tageslichtanteil als üblich auf das Wohlbefinden seiner Bewohner auswirkt«, berichtet Heinz Hackl von Velux. Architekt Radinger ist vom durchschlagenden Erfolg dieses Projektes überzeugt und sieht Umsetzungspotenzial auch für den mehrgeschoßigen Wohnbau.
>> Statements:
O-Töne aus der Branche
»LED ist die Zukunft, das ist unumstritten. Die Glühbirne wird zwar in dekorativen Anwendungen sicherlich noch länger zu finden sein, aber nur in abgeänderter Form. Die Industrie hat hier als effizienten Ersatz die Halogenglühlampe ECO auf den Markt gebracht. Trotz allem sind LED-Lichtlösungen die Zukunft. Schon heute werden sogar in der Großfläche zahlreiche Projekte umgesetzt, speziell im Bereich der Akzentuierung, der Orientierung und der Farblichtgestaltung. Der Weg für LEDs ist aufbereitet. LED ist eine junge Technologie, die sich fortlaufend weiter verbessert und in Zukunft sicher den Markt bestimmen wird.«
»Das EU-Verbot der Glühbirne zwingt den Endverbraucher zur Suche nach Alternativen. Die gesellschaftliche Diskussion und Umfragen dokumentieren: Viele Endverbraucher sind mit Leistung und Qualität der seit vielen Jahren angebotenen Energiesparlampen nicht zufrieden. Vor kurzer Zeit noch überwiegend im professionellen Einsatz, erreicht die LED-Technologie zunehmend die privaten Haushalte. Betrachtet man Stromkosteneinsparung, Wiederbeschaffungskosten und Lebensdauer, amortisiert sich eine hochwertige LED-Lampe trotz höherem Anschaffungspreis bereits nach zwei bis drei Jahren gegenüber einer Glühlampe. LED-Lampen sind die klimafreundlichste, effizienteste und schönste Beleuchtung für ein gemütliches Zuhause.«
»Technologien sind geprägt von Weiterentwicklungen. Das zeigt sich auch in der Lichttechnologie, wo das Zeitalter der Glühlampe von der LED abgelöst wird. Anstatt aber allein in Produkt- und Technologieneuheiten zu denken, sind wir überzeugt, dass es immer wichtiger wird, auf den Kunden und seine Bedürfnisse zugeschnittene, nutzerzentrierte Lösungen zu entwickeln – sozusagen das richtige Licht, zur richtigen Zeit, in der richtigen Menge. Eine Lichtlösung ist nicht mehr allein durch ihre Funktionalität erfolgreich, sondern sie muss anpassungsfähig sein und die Erwartungen des Kunden erfüllen. Daher ist es unser Anspruch, Lösungen zu entwickeln, bei denen sich das Licht intelligent auf Veränderungen und Bedürfnisse der Nutzer einstellt.«