Druck größer, Fixkosten geringer
- Written by Redaktion_Report
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REPORT: Sehr geehrter Herr Fröstl, Ihr Unternehmen hat heuer die Baumeister der bau1-Gruppe zum zehnten Mal einem Benchmarking unterzogen. Was hat sich in dieser Zeit aus ihrer Sicht am gravierendsten geändert?
Fröstl: In den analysierten letzten zehn Jahren ist ohne Zweifel der Druck auf die Branche im Inland wesentlich größer geworden. Die bau1-Baumeister haben primär in der Form darauf reagiert, dass sie ihre Kostenstrukturen angepasst haben. Waren die Fixkosten der Unternehmungen vor zehn Jahren weit über der 25-Prozent-Marke (bezogen auf den Umsatz), so lagen sie im Vorjahr bereits unter 19 Prozent (18,8 Prozent).Positiv ist hervorzuheben, dass die ohnedies gute Eigenkapitalausstattung der bau1-Firmen kontinuierlich zugenommen hat. Während im Jahr 1995 das Eigenkapital einen Anteil von 31,5 Prozent des Gesamtkapitals hatte, lag es im Jahr 2004 bereits bei 40,2 Prozent. Eine zahlenmäßig nicht erfassbare, jedoch ohne Zweifel vorhandene, gravierende Veränderung hat sich im Marketingverhalten der bau1-Baumeister ergeben. Während im Jahr 1995 viele Baufirmen ausschließlich ausschreibungsorientiert angeboten haben, erwirtschaften heute die meisten Unternehmen mit der Privatkundschaft ihren Umsatz und nehmen nur sehr eingeschränkt an öffentlichen Ausschreibungen teil. Diese Entwicklung war nur dadurch möglich, dass die Baumeister gelernt haben, marketingorientiert zu agieren und aktiv zu verkaufen.
Die Mitglieder der bau1-Gruppe sind recht unterschiedlich, Spitzenverdiener weisen einen Arbeitserlös pro Stunde von fast 48 Euro auf, andere Betriebe müssen sich mit weniger als 25 Euro begnügen. Woran liegt es Ihrer Ansicht nach, dass die Bandbreite so groß ist?
Die Spitzenarbeitserlöse pro Stunde finden sich ausschließlich bei jenen Unternehmen, die im hochpreisigen Privatkundensegment agieren, aber dementsprechend meist auch höhere Selbstkosten aufweisen. Die niedrigen Arbeitserlöse pro Stunde treten einerseits stärker bei jenen Firmen auf, welche auf preismäßig umkämpfte Ausschreibungen angewiesen sind, und andererseits bei jenen Firmen, wo Baustellen daneben gegangen sind.
Sind unter den Firmen, die beim Benchmarking mitmachten, auch welche, die Gefahr laufen, bald nicht mehr zu existieren?
Ohne Zweifel gibt es einige Unternehmungen mit ziemlich schlechten Ergebnissen im betrachteten Jahr. Trotzdem ist nicht zu erwarten, dass Insolvenzen unmittelbar bevorstehen.
Gibt es für die Betriebe, die einen bereinigten Erlös von Minus sieben Prozent aufweisen, überhaupt noch Rettungsmöglichkeiten?
Diese Betriebe haben durchaus eine Chance, sich zu verbessern, jedoch müssen sie die im Rahmen der individuellen Analyse aufgezeigten Verbesserungsmöglichkeiten konsequent umsetzen.
Ganz wenige Baumeister fassen konsequent und organisiert bei gelegten Angeboten nach.
Das mangelnde Nachfassen bei Angeboten hat primär damit zu tun, dass der typische Baumeister unter dem Druck des Tagesgeschäfts dazu neigt, sich mit technischen Fragen zu beschäftigen und weniger mit kaufmännischen. Einige Baumeister sind auch deshalb beim Nachfassen nach gelegten Angeboten zögerlich, da sie damit rechnen, dass die potenziellen Kunden ohnedies auf sie zukommen und beim aktiven Nachfassen ihrerseits fürchten, das Preisfeilschen vorzeitig zu eröffnen.
Sie haben einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Marketing und Betriebserfolg festgestellt. Auch ist den Unternehmern die Bedeutung von Marketing weitgehend bewusst. Trotzdem betreiben sehr wenige der untersuchten Firmen gezieltes Marketing. Warum ist das Ihrer Anischt nach so?
In den meisten Fällen ist ein positiver Zusammenhang zwischen Marketing und Betriebserfolg festzustellen. Auch wenn sich das Marketingbewusstsein der Baumeister in den letzten zehn Jahren wesentlich gebessert hat, so ist Marketing nach wie vor nicht eine ureigene Domäne der Baumeister. Die Ausbildung des Baumeisters dürfte auch kaum Marketing beinhalten (ebenso kaum Betriebswirtschaft).
Wie die Analyse zeigte, gibt es zwei Spitzenreiter im Benchmarking. Ein Betrieb setzt gezielt auf Marketing, das zweite auf Effizienzsteigerungen. Sollten Baumeister für die Zukunft nicht mit beiden Faktoren gut umgehen können? Wenn ja, sehen Sie Bemühungen von Betrieben in diese Richtung?
Grundsätzlich sind natürlich sowohl Marketing als auch Baustelleneffizienz der Schlüssel zum Erfolg. Dementsprechend muss ein Ergebnis orientierter Baumeister auf beide Faktoren achten. Allerdings ist zu beachten, dass marketingorientierte Baumeister in erster Linie Privataufträge zu bearbeiten haben, wo sich die Anforderungen in technischer Hinsicht und im Hinblick auf effiziente Bauabwicklung immer wieder ändern. Hingegen sind die Spitzenwerte bei den effizienzorientierten Kennzahlen bei jenen Firmen zu finden, wo in erster Linie größere Baulose abgewi-ckelt werden, die eine detaillierte Vorausplanung ermöglichen und wo fix eingespielte Arbeitspartien die Arbeit durchführen.