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Der edle Tick

\"Luxus-UhrenAlte Taschen- und Armbanduhren erleben derzeit einen Boom auf Auktionen. Die Hoffnung auf eine rasche Wertsteigerung ist bei den meisten Luxusuhren allerdings vergebens – nur 20 Prozent taugen tatsächlich als Wertanlage.

Edle Uhren zeigen Stil und Charakter – und sind seit jeher ein Statussymbol. Der Revolutionär Che Guevara trug eine Rolex, auch der Dalai Lama schwört darauf. Barack Obama nennt eine Tag Heuer sein eigen und Brad Pitt ein Modell von A. Lange & Söhne, während George Clooney, Michael Schuhmacher und Prince William der Omega-Fraktion angehören.
Nicht nur Prominente schätzen den praktischen Luxus am Handgelenk. Mit sechs Uhrenauktionen in Genf, Hongkong und New York erreichte das Auktionshaus Christie‘s im Vorjahr die Rekordsumme von insgesamt fast 90 Millionen Euro. Das teuerste Exemplar – ein Chronograf von Patek Philippe aus dem Jahr 1928 – brachte dabei allein mehr als drei Millionen Schweizer Franken ein.

Für großes Aufsehen sorgte kürzlich die Versteigerung von Alain Delons Uhrensammlung im Auktionshaus Cornette de Saint Cyr, die im April rund 400.000 Euro erzielte. Der 76-jährige französische Filmstar hatte sich schon in den Jahren zuvor aus gesundheitlichen Gründen von seiner Wein- und Gemäldesammlung getrennt. Glanzstück der Versteigerung, bei der rund 100 Uhren zum Verkauf standen, war eine Royal Oak der Marke Audemars-Piguet, die Delon in mehreren Filmen, darunter 1985 in »Parole de Flic« (deutscher Titel »Der Panther«), getragen hatte. Ein chinesischer Käufer legte dafür 68.750 Euro hin, der geschätzte Wert lag bei 2.500 Euro. Die Publicity kam Audemars-Piguet nicht ungelegen, feiert das Unternehmen doch heuer das 40-jährige Jubiläum der Royal Oak, begleitet von einer weltweiten Wanderausstellung. Prominente »Markenbotschafter« sind Teil der Marketingstrategie – auch Arnold Schwarzenegger und Weltfußballer Lionel Messi wurde bereits eine limitierte Serie gewidmet.

>> Überhitzter Markt <<

Für Sammler interessant sind jedoch vor allem alte, mechanische Uhren aus den Schweizer Edelmanufakturen. Diese Meisterwerke mit filigraner Feder- und Zahnradmechanik bestechen auch durch ihre klassisch schöne Gestaltung. Oft begleiten sie ihren Besitzer ein Leben lang und werden der nächsten Generation als Erbe weitergegeben. Die wertvollen Zeitmesser eignen sich außerdem als Anlageobjekt. Seit vermögende Asiaten den Markt für sich entdeckt haben, verzeichnen einige Marken eine schlicht atemberaubende Preisentwicklung. Nicht immer ist der plötzliche Hype wirklich nachvollziehbar – und genau darin liegen Reiz und Risiko dieses Investments. Allzu oft aber geht die Rechnung nicht auf und bei einem Wiederverkauf wird nur ein Bruchteil des ursprünglichen Ankaufspreises erzielt. Nach Schätzung von Experten wie Michael Brückner, Autor des Buches »Uhren als Kapitalanlage«, haben nur 20 % das Potenzial zur Wertanlage.

Im Höchstpreissegment angesiedelt sind insbesondere die Fabrikate Rolex und Patek Philippe, deren Nachfrage von den Herstellern selbst durch Aufkäufe beeinflusst wird. Da der Markt in diesem Bereich bereits sehr überhitzt ist, lohnt es sich, auch kleinere Manufakturen in Betracht zu ziehen. Steigende Renditen verheißen jedoch nur hochwertige Modelle in klassischem Design. Quarzuhren oder Modetrends sind chancenlos. Ausnahmen gibt es aber immer wieder: So wurde kürzlich eine Omega Constellation in Rotgoldausführung, getragen von Elvis Presley, beim Auktionshaus Antiquorum in New York für knapp 53.000 US-Dollar versteigert. Der ursprüngliche Kaufpreis lag bei 1.500 US-Dollar. »Für Omega-Uhren besteht in der Regel in der internationalen Sammler-Community kein Nachfragemarkt. Dieser Preis ist für mich unverständlich«, meldet Karl Heinz Nuber, Herausgeber des Fachmagazins Tourbillon, Zweifel an. »Wahrscheinlich wurde die Uhr von Omega in Biel fürs Museum gekauft, anders lässt sich der Preis nicht erklären.« Für Uhren mit berühmten Vorbesitzern muss man fast immer tief in die Tasche greifen.

Gebrauchsspuren oder kleine Schäden an Uhrwerk oder Ziffernblatt, die ansonsten den Preis empfindlich drücken, spielen dann eine geringere Rolle. Wer Uhren als reines Investment betrachtet, dürfte die edlen Stücke streng genommen nie tragen, sondern ausschließlich im Safe aufbewahren – was bei der Schönheit mancher Exponate jedoch nur das halbe Vergnügen ist.
Als Indikator für eine mögliche Wertsteigerung gilt neben dem Renommee der Marke vor allem der Faktor Rarität: Seltene Stücke, etwa aus limitierten Auflagen, sind bei Sammlern naturgemäß begehrter. Auch Uhren mit vielen technischen Raffinessen lassen laut Brückner Wertsteigerungen von 10 % pro Jahr erwarten. Einfach nur die Zeit anzuzeigen, ist zu wenig: Datum, Wochentag, Zeitzonen, Mondphasen, Ewiger Kalender – in der Fachsprache »Komplikationen« genannt – heben ebenfalls den Preis. »Eine Grande Complication, also eine Uhr, die alle nur erdenklichen Zusatzfunktionen besitzt, sorgt für ein besseres Auktionsresultat als eine kleine Komplikation wie ein Ewiger Kalender oder ein Chronograf«, sagt Uhrenexperte Nuber.
 
>> Vom Ladenhüter zum Kultobjekt  <<

Bis eine Uhr signifikant an Wert zulegt, dauert es allerdings mindestens fünf bis zehn Jahre. Bei manchen auch länger, dann aber umso überraschender. Die Rolex Daytona Paul Newman beispielsweise hatte das Zeug zum Ladenhüter. Angeblich beschädigte der Handaufzug die Manschetten. Noch in den 70er-Jahren war sie das einzige Rolex-Modell, das jemals im Handel im Preis herabgesetzt werden musste. Heute erzielt die Uhr fünf- bis sechsstellige Preise und zählt vor allem in der Stahlversion zu den beliebtesten Sammlermodellen.

Astronaut Neil Armstrong machte den Omega Speedmaster Professional Chronograph erst richtig berühmt, als er ihn bei der ersten Mondlandung 1969 am Handgelenk trug. Und die Rolex Submariner von 1959 mit rotem Schriftzug wurde als »James-Bond-Uhr« zum Kultobjekt, seit sie in »Dr. No« am Handgelenk von Sean Connery zu sehen war.

Uhren wie diese wären als Investition eine sichere Bank, sind jedoch kaum noch erhältlich. Die Nachfrage nach Luxusuhren ist in den letzten Jahren merklich gestiegen, der Markt ist bei einigen Marken praktisch leergekauft. Die Auktionshäuser klagen unisono über Probleme beim Nachschub. »Es wird schwieriger, gute Uhren zu finden«, heißt es etwa beim Auktionshaus Dr. Crott in Mannheim.

Als kurzfristiges Spekulationsobjekt taugt eine Uhr ohnehin nicht. »Eine Uhr sollte man vor allem kaufen, um selbst Freude daran zu haben«, meint Günther Fröhlich, Schätzmeister im Wiener Dorotheum. Wer es sich leisten kann, frönt seiner Leidenschaft ungeachtet möglicher Renditen. »Es gibt einen Milliardär, der 800 Uhren besitzt, nur Komplikationen ab 250.000 Euro aufwärts«, erzählt Karl Heinz Nuber. »Er trägt jedoch zum Unterschied zu anderen Sammlern jeden Tag eine andere Uhr und erfreut sich so seiner Sammlung.«

Uhren-Auktionshäuser:

> Antiquorum, Genf: www.antiquorum.com
> Auktionen Dr. Crott, Mannheim:
      www.uhren-muser.de
> Christie’s, Genf: www.christies.com
> Dorotheum, Wien: www.dorotheum.com
> Ineichen, Zürich:
       www.auktionshaus-ineichen.ch
> Patrizzi & Co Auctioneers, Genf:
      www.patrizziauction.com
> Sotheby‘s, Genf: www.sothebys.com
> Swiss Auctions, Zürich:
       www.swissauctions.com

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