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Silber statt Gold

\"EinDer Höhenflug des Goldpreises ist ungebrochen und könnte noch länger andauern. Trotz immer neuer Rekordmarken sind Investments in das gelbe Edelmetall heiß begehrt. Als Geheimtipp gilt jedoch Silber – Experten sprechen vom »besten Investment der nächsten zehn Jahre«.

Von Angela Heissenberger

Konjunkturflaute, Inflationsangst, schwacher Dollar, Schuldenkrise und die Zinsen im Keller – aus diesen Ingredienzien nährt sich die seit 2001 anhaltende Goldhausse. 2005 stieg der Goldpreis erstmals seit 1987 über die 500-Dollar-Marke, 2008 wurde die Unze Gold erstmals über 1.000 Dollar gehandelt. Der Bankencrash 2008 und die darauf folgende Finanzkrise beschleunigte den Höhenflug der »ältesten Währung der Welt« noch zusätzlich. Kurzzeitig kam es infolge der Lehman-Pleite sogar zu Lieferproblemen, da die Münzprägeanstalten dem Ansturm nicht gewachsen waren. Am 9. November 2010 erreichte der Goldpreis in New York ein Allzeithoch von  1.423,60 US-Dollar pro Unze. Dollar- und Euro-Kurs fielen daraufhin gegenüber Gold auf ein Allzeittief.

Ein Ende des Goldrausches ist noch nicht in Sicht. Der Goldpreis ist zwar höchst volatil. Die hohe US-Staatsverschuldung, die schwächelnden Leitwährungen Dollar und Euro sowie die als Mittel gegen die Wirtschaftskrise weltweit praktizierte Niedrigzinspolitik sind aber wesentliche Treiber des Goldkurses. Und an diesen Konstanten wird sich auf absehbare Zeit wenig ändern. Gold ist auch heute noch ein wesentlicher Krisen- und Inflationsindikator.

Krisenwährung

Gold ist die universelle Währung schlechthin. Für eine Unze Gold konnte man bereits im alten Rom ein feines Kleidungsstück kaufen – rund 1.050 Euro, derzeit der Gegenwert einer Feinunze, kostet auch heute noch ein maßgeschneiderter Herrenanzug.

Dass Gold das Papiergeld wieder ersetzen könnte, ist unwahrscheinlich. Doch der ungebrochene Zulauf der Anleger in den »sicheren Hafen« gibt zu denken. Begehrt ist Gold in allen Varianten, egal, ob als Schmuck, Münzen, Barren, Minenaktien, Fondsanteile oder Zertifikate. In Deutschland können Minibarren in kleinen Boxen an Flughäfen und Bahnhöfen wie Schokoriegel an Automaten gezogen werden – »Gold to go« als Last-Minute-Geschenk.

Analysten sind bei Goldinvestments meist geteilter Meinung. Vor allem das Horten von physischem Gold wird von vielen belächelt, da das gelbe Edelmetall keine Zinsen abwirft und diese Form der Geldanlage, zugegeben, etwas antiquiert wirkt. Doch der breiten Bevölkerung ist dieser Einwand herzlich egal – und sind nicht unsere Großeltern und Urgroßeltern mit dieser Strategie während des Krieges recht gut gefahren?

Schmuck ist allerdings Geschmackssache und eignet sich besser als Geschenk. Zudem bestehen die teuren Stücke nicht aus reinem Gold, sondern aus Legierungen. Der Wert entsteht durch die Verarbeitung. Schon besser fährt man mit Münzen, doch auch diese gelten als Liebhaberei. Trotzdem sind besonders schöne Sammlerexemplare wie der Wiener Philharmoniker, der südafrikanische Krügerrand oder der kanadische Maple Leaf auch ein optischer und haptischer Genuss. Bei den Barren ist man mit etwa 36 Euro je Gramm dabei, der 250-Gramm-Barren schlägt sich mit knapp 8.500 Euro zu Buche und für den Kilobarren Gold müssen rund 34.000 Euro hingeblättert werden.

Weniger hübsch, aber möglicherweise ertragreicher sind Wertpapiere von Minengesellschaften oder Unternehmen, die in der Edelmetallverarbeitung tätig sind. Für diese Form des Goldinvestments können sich inzwischen auch kritische Analysten erwärmen. Über Fondsbeteiligungen lässt sich das Risiko reduzieren, die Entwicklung des Goldpreises wirkt sich nur indirekt auf die Rendite aus. Zahlreiche Edelmetallfonds erzielten zuletzt Spitzenwerte. Allerdings sind etliche davon erst relativ kurz am Markt, langfristige Prognosen über die Qualität des Fondsmanagements sind deshalb nur mit Vorbehalt möglich.

Auch Zertifikate können bereits über Banken unkompliziert erworben werden. Sie verbriefen das Recht auf eine bestimmte Menge Gold und werden ebenfalls an der Börse gehandelt. Der Goldkurs wird 1:1 abgebildet. In der Regel gilt ein Anteil von fünf bis zehn Prozent Gold im Portfolio als stabile Sicherheit.

Kostspieliger Abbau

Zusätzlich angeheizt wird der Markt von der Tatsache, dass die Goldreserven begrenzt sind. Aus China und Russland, zwei der größten Goldproduzenten der Welt, verlässt kein Gramm Gold das Land. Die Goldvorkommen anderer Länder sind vielfach nahezu ausgelaugt, die Förderung in weniger reichhaltigen Abbaugebieten wird immer aufwändiger und kostspieliger. In Südafrika erfolgt der Abbau bereits teilweise in 4.000 Meter Tiefe. Aufgrund verbesserter technischer Voraussetzungen ist die Gewinnung inzwischen auch aus Erzen mit geringem Goldanteil möglich, weshalb aufgelassene Abbaustätten nochmals durchforstet werden.

Der Edelmetallexperte Eric Sprott, Geschäftsführer der Sprott Asset Management, hat seine Aufmerksamkeit längst auf Silber gerichtet: »Gold war das Investment des letzten Jahrzehnts, Silber könnte durchaus das Investment dieses Jahrzehnts sein.« Tatsächlich spricht einiges dafür. Die Silbervorkommen sind noch begrenzter, zudem wird das  Edelmetall auch in der Industrie verwendet. Silber besitzt die größte elektrische und thermische Leitfähigkeit und ist wegen seiner antibakteriellen Eigenschaften ein unverzichtbarer Werkstoff. Der begehrte Rohstoff findet Anwendung in Handys und Computern, aber auch in Anlagen zur Wasseraufbereitung.

Das Interesse am weißen Edelmetall ist damit wieder erwacht. Noch im Mittelalter war der Tiroler Ort Schwaz der größte Silberproduzent der Welt. 80 Prozent der damaligen Bestände kamen aus den Schwazer Stollen. Durch die Eroberung großer Vorkommen in Amerika durch die Spanier sank der Silberwert in Europa kontinuierlich. Auch Japan stieg im 16. Jahrhundert zum Silberexporteur auf. Als nach 1870 Gold als Währungsmetall verwendet wurde, verlor Silber schließlich auch an wirtschaftlicher Bedeutung.

Preisexplosion

Heute geht der Großteil des gewonnenen Silbers in die Industrie und in die Schmuckproduktion, erst an dritter Stelle folgen die Anleger. Doch der Silbermarkt brodelt bereits. Die weltweit verfügbaren Bestände physischen Silbers werden auf 700 bis 800 Millionen Unzen geschätzt. Daraus ergibt sich derzeit ein Wert von 22 Milliarden US-Dollar für den gesamten Silbermarkt. Die starken Schwankungen in den vergangenen Wochen zeigen deutlich die Nervosität vieler Investoren. Eine Preisexplosion wäre durchaus möglich und könnte in eine Rallye der Edelmetalle münden. Während Gold den Anlegern seit Jahresbeginn ein Plus von 21 Prozent bescherte, legte Silber in Dollar gerechnet um 57 Prozent zu.

Den glänzenden Metallen kann Gerhard Rehor, Vorstand der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien, zumindest bei Investments wenig abgewinnen. »Hände weg vom Gold«, warnte er bereits im vergangenen Sommer, als die Euphorie langsam in Hysterie umzuschlagen drohte. Der rasante Kursanstieg sei nicht durch fundamentale Daten begründbar, sondern einzig durch den psychologischen Herdentrieb. »Spekulationsblasen sehen genau so aus«, meinte Rehor.

Der prognostizierte Kursabsturz blieb bislang aus. Gold steuert auf sein zehntes Gewinnjahr in Folge zu und verzeichnet damit den längsten Anstieg seit fast einem Jahrhundert. Anleger, die ihre Goldreserven nicht auflösten, freuen sich über kräftige Gewinne. Die Frage ist, wie lange noch.

 

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