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»Der Knackpunkt wird spätestens die Pleite Italiens sein«

\"RichardDer deutsche Börsenfachwirt Richard H. Mayr, Geschäftsführer der Argentuminvest GmbH, über die Schieflage der EU, interessante Weißmetalle und die Gefahr einer Blase.

(+) plus: Goldinvestoren rechnen üblicherweise in Jahrzehnten. Ist der lange Höhenflug des Goldpreises dennoch ungewöhnlich für Sie?

Richard Mayr: Nein, Edelmetall- und Rohstoffbullenmärkte dauern üblicherweise zwischen 15 und 20 Jahre. Seit dem Jahr 2000 befinden wir uns in einem neuen Aufwärtstrend, wir haben nach dieser Zyklik wahrscheinlich erst die erste Hälfte der Hausse gesehen, wenn nicht schon innerhalb der nächsten Jahre eine Weltwährungsneuordnung durchgeführt wird. Die Weltleitwährungen Dollar und Euro bereiten größten Anlass zur Sorge. In diesem Fall würde der Höhenflug des Goldpreises in Euro und Dollar zuerst exponentiell ansteigen und dann durch eine Währungsreform gestoppt. Danach würde der Goldpreis in einer neuen Weltleitwährung berechnet werden, somit fungiert Gold wie seit jeher als bester Krisenschutz.

(+) plus: Bei unserem letzten Gespräch im Februar 2008 prognostizierten Sie das Ende der Hausse für »frühestens 2012, spätestens 2020«. Bleiben Sie dabei – und nähern wir uns schon dem Ende?

Mayr: Die Rahmendaten haben sich seither dramatisch verändert. Wir hatten in der Zwischenzeit das Platzen der Immobilienblase, den Lehman-Crash, die Pleite mehrerer Großbanken und Versicherungen in Europa und den USA, die nur mittels Verstaatlichungen gerettet werden konnten. Hinzu kamen mehrfache »quantitative Lockerungen« der Federal Reserve und der EZB, de facto starke Inflationierung durch massive Geldmengenausweitung. Des Weiteren sind ganze Länder wie Island, Griechenland und Irland bankrott, und weitere Kandidaten stehen schon auf der Liste. Sollte der Euro aufgrund weiterer Schieflagen bei EU-Mitgliedsländern und deren Banken in Not geraten, könnte das Jahr 2012 realistisch sein. Zu diesem Zeitpunkt könnte dann bereits eine Währungsreform im Euroraum anstehen und der Goldpreis zuvor ein neues signifikantes Hoch erreichen.
Dies wird erst dann enden, wenn plötzlich viele Anleger panisch aus dem Papiergeld fliehen und damit den Kollaps des Bankensystems verursachen. Ich gebe zu bedenken, dass dies bereits in Deutschland während der Lehman-Pleite im Herbst 2008 fast der Fall war. Es muss jedem Anleger klar sein, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis es zu einem Auseinanderbrechen des Euros und der EU kommt. Der Knackpunkt wird nach einer Pleite Portugals und Spaniens dann spätestens die Pleite Italiens sein, die von Deutschland nicht mehr zu schultern sein wird.

(+) plus: Besteht die Gefahr einer Blase?
Mayr: Sollten wir über die nächsten zwei Jahre doch keine Währungsreform bekommen, sondern die Inflationierung weiter geordnet mit hohen ein- bis zweistelligen Inflationsraten ablaufen, kann sich der Goldpreis am Ende der Hausse zu einer Blase entwickeln, wie dies 1980 bei 850 US-Dollar/Feinunze zum letzten Mal der Fall war. Zu diesem Zeitpunkt werden dann Standardaktien stark unterbewertet und Gold stark überbewertet sein. Sollte das Dow-Jones-Gold-Ratio um eins liegen, d.h., der Anleger könnte für eine Unze Gold einmal den Dow Jones nach Indexpunkten in US-Dollar kaufen, sollte man sich aus dem Investment Gold verabschieden und in Aktien gehen.

Derzeit sind wir aber inflationsbereinigt noch meilenweit vom Hoch des Jahres 1980 entfernt. Wenn Sie den Konsumentenpreisindex (CPI) auf Grundlage von 1980 nachberechnen, müsste Gold auf Dollarbasis erst einmal das Niveau von über 5.000 US-Dollar/Feinunze erreichen, um so teuer zu sein wie damals. Vergleicht man die damalige Geldmenge mit der heutigen, müsste Gold sogar auf 10.000 US-Dollar steigen. Die Zahlen hören sich jetzt noch utopisch an, sind aber nur das Produkt der seither produzierten Geldmenge ergo Inflation.

(+) plus: Macht ein Einstieg jetzt noch Sinn?

Mayr: Ein Einstieg in Gold oder Silber macht derzeit durchaus noch Sinn, da die Gefahr von kollabierenden Papiergeldwährungen (Dollar und Euro) eben viel größer ist, als dies von der Masse derzeit realisiert wird. Konservativ geschätzt sind nach zehn Jahren Edelmetallhausse noch immer nicht mehr als zwei Prozent der Anleger in Deutschland und Österreich in Gold und Silber wie z.B. Barren und Münzen, also in physischen Anlagen, investiert. Wir haben bei den Edelmetallen noch jede Menge Platz nach oben. Allerdings wird der Edelmetallmarkt noch volatiler werden, und ich schließe auch schärfere Korrekturen in naher Zukunft nicht aus, die aber wiederum gute Einstiegsmöglichkeiten bieten.

(+) plus: Welche Metalle außer Gold eignen sich noch zur Anlage? Einige Experten sprechen etwa von Silber als dem »Investment des Jahrzehnts«.

Mayr: Dies ist ganz meine Meinung. Silber hat gegenüber Gold einen enormen Nachholbedarf und ist sogar noch weit von seinem alten nominalen Höchststand von 50 US-Dollar/Feinunze entfernt, während Gold sein altes nominales Hoch bereits eingestellt hat. Die anderen Weißmetalle sind auch sehr interessant: Platin ist sehr gut gelaufen, aber noch besser gefällt mir Palladium. Letzteres stieg innerhalb von zwei Jahren von einem Niveau von circa 150 US-Dollar/Feinunze auf aktuell über 760 US-Dollar/Feinunze und hat nun charttechnisch die Marke von 1.090 US-Dollar im Visier. Am besten wird sich aber langfristig das Silber entwickeln.

(+) plus: Gold gilt als Krisenwährung in wirtschaftlich unsicheren Zeiten. Die Finanzkrise hat dieses Bewusstsein in der Bevölkerung noch verstärkt. Von Asset Managern wird Gold als Investment dagegen noch häufig belächelt – warum?

Mayr: Gold ist die härteste Währung der Welt mit einem Track-Record über 5.000 Jahre. Es schwankt im Preis, kann aber niemals wertlos werden, was man von allen anderen Paper-Assets (einschließlich ungedeckten Papiergeldwährungen) nicht sagen kann. Asset Manager, die nicht schon spätestens seit 2004 in Gold investiert sind, sollte man eher selbst belächeln, denn sie haben die Zeichen der Zeit einfach nicht erkannt.

(+) plus: Das niedrige Zinsniveau wird sich vermutlich noch einige Zeit halten. Wie schätzen Sie die Entwicklung der Inflation ein?

Mayr: Die Problematik liegt derzeit darin, dass die von der Regierung veröffentlichten Inflationszahlen keinesfalls die Realität widerspiegeln. Aufgrund der massiven Geldmengenausweitungen im Euroraum und in den USA sind derzeit eher acht bis zehn, denn zwei bis vier Prozent Inflation real. Die Leitzinsen werden künstlich niedrig gehalten, um das System weiter zu stützen. Sollten die Zinsen jedoch schlagartig ansteigen, muss der Anleger von einem Anleihecrash ausgehen, den die Welt bis dato noch nicht gesehen hat. Meine Einschätzung in Kurzform: sell paper, buy physical!

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