Gut gelaufen
- Written by Mag. Bernd Affenzeller
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Die Schalungsbranche kann nicht klagen. 2011 ist für fast alle Hersteller gut gelaufen. Der Wandel vom Lieferanten zum Komplettanbieter macht sich für die Unternehmen bezahlt. Mit dem Fokus auf die Dienstleistung sollten sich auch die Preise wieder stabilisieren. Einzelne Geschäftsbereiche mausern sich vom lästigen Beiwerk zur Umsatzstütze.
Es war eine ziemliche Punktlandung: Nach dem guten Jahr 2010 hatte sich die Schalungsbranche Anfang 2011 endlich mal wieder getraut, positive Erwartungen an ein neues Geschäftsjahr zu stellen. Peri-Geschäftsführer Christian Sorko war für 2011 ebenso positiv gestimmt gewesen wie Doka-Unternehmenssprecher Stefan Pruckmayr. Frank Gerigk von Paschal hatte leichte Umsatzzuwächse erwartet und Joachim Strachwitz hatte gleich ganz offen von »großen Erwartungen an 2011« gesprochen. Sie alle wurden nicht enttäuscht: Doka konnte den Umsatz über Plan steigern, Peri legte in Österreich gleich um 20 %
zu und für Ringer war 2011 ein »echtes Erfolgsjahr«. Treiber dieser Entwicklung war vor allem der Hochbau. Großprojekte wie das G3 Shopping Center Gerasdorf, die Bahnhofsprojekte der ÖBB oder die neue WU in Wien tun der Branche richtig gut. Dafür bleibt der Tiefbau auf Grund des Sparkurses von Bund, Länder und Gemeinden das Sorgenkind der Branche. Daran wird sich auch 2012 nichts ändern. Entsprechend defensiver formulieren die Unternehmen die Erwartungen an das heurige Jahr. Doka-Vertriebsleiter Walter Schneeweiss befürchtet Umsatz- und Nachfrageschwankungen und erwartet nur ein mäßiges Wachstum. Auch Peri-Chef Sorko rechnet zwar mit einem Umsatzwachstum, aber »deutlich unter dem Niveau von 2011«. Für Christian Petsch, Geschäftsführer NOE-Schaltechnik, wird 2012 kein Jahr zum »Luftsprünge-Machen« und selbst Optimist Strachwitz erwartet »kein einfaches Jahr«. Zum einen sind es die ungewissen Auswirkungen des Sparpakets, die für eine starke Verunsicherung sorgen, zum anderen bereitet der immer noch brutale Preiskampf den Unternehmen Kopfzerbrechen.
Kostenvorteile generieren
»Die Preissensibilität ist gerade in der Bauwirtschaft sehr stark ausgeprägt«, berichtet Sorko. »Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.« Die angespannte wirtschaftliche Lage rückt für viele Kunden den Preis in den Vordergrund. Damit die Schalungshersteller am Markt mit guten Preisen konkurrenzfähig bleiben und trotzdem noch Gewinne erwirtschaften, muss an einigen Stellschrauben gedreht werden, etwa beim Einkauf. »Starke Schwankungen auf dem Rohstoffsektor verlangen eine flexible Einkaufspolitik. Hier können noch echte Kostenvorteile generiert werden«, berichtet Strachwitz.
Miete versus Verkauf
Der brutale Preiskampf zwingt die Unternehmen aber auch dazu, ihre Geschäftsmodelle zu adaptieren und neue zu entwickeln. Und die Unternehmen haben ihre Hausaufgaben gemacht. Das Mietgeschäft, lange Zeit eher lästiges Beiwerk, hat sich zu einer zentralen Umsatzstütze entwickelt. Mit 70 % macht die Vermietung bei Peri schon den bei weitem größten Anteil des Geschäfts aus, Gleiches gilt für Meva und NOE Schaltechnik. Auch Doka-Vertriebsleiter Schneeweiss bestätigt den Trend zum Mietgeschäft und liefert neben dem Preisargument auch gleich einen weiteren Erklärungsansatz. »Die Kunden schätzen die Flexibilität, die sich aus dem Mietgeschäft ergibt. Für jedes einzelne Projekt können sie das optimale Produkt einsetzen, ohne sich an ein System zu binden.« In vielen Fällen ist die Miete auch der erste Schritt zum Kauf. »Neben Teilzahlung oder Leasing bieten wir den Kunden auch die Option des Ankaufs unter Anrechnung der bereits bezahlten Mieten. Damit ist die Miete oft der Einstieg in ein Kaufgeschäft«, erklärt Strachwitz.
Generell ist der Dienstleistungsgedanke in der Branche am Vormarsch. In den Phasen der Hochkonjunktur wurden Schalungen en gros verkauft und Geld gezählt. Das ist vorbei. An die Stelle der Schalungslieferanten sind Komplettanbieter getreten. Der Trend zum Gesamtdienstleister, der auf Kundenwunsch sämtliche Schalungsaufgaben übernimmt, ist unübersehbar. Auch bei Peri geht man davon aus, dass der Dienstleistung die Zukunft gehört. Für Geschäftsführer Sorko bieten neben Logistik, Reinigung, Reparatur und Wartung vor allem die technischen Dienstleistungen wie Planung und Baustellenbegleitung großes Zukunftspotenzial. »Das Fachpersonal auf den Baustellen wird immer weniger. Das eröffnet Chancen, da müssen wir rein.« In Salzburg hat Peri bereits ein eigenes Büro eröffnet, das hauptsächlich mit Technikern bestückt ist, im April folgt Wien. Ein gutes Stück weiter in Sachen Dienstleistung ist man in Deutschland. Dort gibt Peri den Kunden mit dem Online-Portal myPERI ein Instrument an die Hand, das sämtliche Informationen rund um die Baustelle online, 24 Stunden am Tag zugänglich macht. Außerdem verstärkt Peri seine Aktivitäten rund um das bewährte PERI UP Gerüst. Mit einem eigenen Gerüstvertrieb wird man neben Traggerüstanwendungen nun vor allem den wachsenden Sanierungsmarkt bedienen.
Schließlich wird auch das Thema Sonderschalungen weiter an Bedeutung gewinnen. Für die Schalungshersteller bedeutet diese Hinwendung zum Dienstleister deutlich mehr Aufwand. Es ist aber auch die einzige Chance, die in den Keller gerasselten Preise wieder nach oben zu bringen.
> Im O-Ton:
Das erwartet die Branche von 2012:
- Christian Sorko, Geschäftsführer Peri: »Der Kostendruck in der Branche ist enorm und wird weiter steigen. Dennoch erwarten wir eine positive Umsatzentwicklung, da wir unseren Kunden wirtschaftliche Komplettlösungen anbieten, mit denen sie ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern können.«
- Walter Schneeweiss, Vertriebsleiter Doka: »Für das Geschäftsjahr 2012 wird nur ein mäßiger Aufschwung prognostiziert. Die Schalungsbranche wird, wie schon im vergangenen Jahr, mit Umsatz- und Nachfrageschwankungen konfrontiert sein. Erst 2013 sollte die Baubranche wieder rascher als das Bruttoinlandsprodukt wachsen.«
- Joachim Strachwitz, Marketingleiter Ringer: »Es wird sicher kein leichtes Jahr. Durch den Gesetzgeber und die immer noch ungewissen Auswirkungen des Sparpakets herrscht derzeit eine starke Verunsicherung. Das bedeutet, dass Investitionen zurückgehalten werden. Auch zunehmende Schwierigkeiten bei der Aufnahme von Krediten spielen dabei eine Rolle.«
- Christian Petsch, Geschäftsführer NOE Schaltechnik: »2012 wird generell ein schwieriges Jahr werden. Prognosen sagen nur ein geringes Wachstum voraus und die Lage am Weltmarkt ist auch nicht zum Luftsprünge-Machen. Es heißt nun mal wieder, keinen Kunden zu verlieren und mit perfekter Betreuung neue Kunden zu gewinnen.«
> Best Practice:
Die Schalungshersteller und ihre Vorzeigeprojekte
- National:
Doka: Eines der Doka-Vorzeigeprojekte in Österreich steht in Salzburg: Beim Neubau der Parkgarage unter der Fachhochschule Salzburg kam unter anderem das neue Dokaflex 30 tec System zum Einsatz. Dieses Handschalungssystem verspricht durch den Einsatz hoch belastbarer Systemkomponenten deutliche Kostenvorteile für die ausführende Baufirma. Der Materialeinsatz reduziert sich und beschleunigt so natürlich auch die Logistik und das Handling für die Baustellenmannschaft.
Peri: Neben dem Neubau der WU Wien ist Peri auch federführend an der verkehrstechnischen Erschließung der neuen Seestadt Aspern beteiligt. Die öffentliche Anbindung dieses ehrgeizigen Entwicklungsprojektes erfolgt über die U2. Die Inbetriebnahme des Streckenabschnitts zur Seestadt ist für Ende 2013 vorgesehen. Derzeit laufen die Innenausbauarbeiten auf Hochtouren. Aufgrund der hohen Komplexität des Projekts entwickelte Peri auf Basis von Standard-Systemkomponenten zahlreiche Sonderkonstruktion.
Meva: An der neuen WU in Wien kommen neben Peri auch Schalungslösungen von Meva zum Einsatz. Technisch herausfordernd ist vor allem der von Zaha Hadid Architects entworfene Library & Learning Center LCC mit seinen unterschiedlich geneigten, nicht parallelen, sich verjüngenden Wänden und ausgerundeten Ecken. Für die komplexen, äußerst anspruchsvollen Geometrien hat Meva individuelle Schalungslösungen entwickelt, bei denen Standard- sowie Sonderschalungen und Holzkomponenten von Drittlieferanten zum Einsatz kommen.
- International
Peri: Der Ausbau des Panamakanals ist die größte Baustelle der Welt und wird bis zur Fertigstellung 2014 etwa fünf Milliarden US-Dollar verschlingen. Kernstücke des Jahrhundertprojekts sind die beiden riesigen Schleusenanlagen an der Atlantik- und Pazifikküste. Für deren Neubau plant und liefert Peri die Schalungs- und Gerüstsysteme. Peri liefert Kletterkonsolen, Wandschalungen sowie verschiedene Traggerüstlösungen. Es handelt sich um den größten Einzelauftrag in der über 40-jährigen Firmengeschichte.
Doka: Am 1. September 2012 wird in Wladiwostok, im Fernen Osten Russlands, das 24. Gipfeltreffen des Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsforums (APEC) stattfinden. Um die Infrastruktur der Region an dieses Großereignis anzupassen, wird unter anderem ein Hotelkomplex auf der Insel Russky Ostrov errichtet. Als künftiges Bindeglied zum Festland dient eine 3.100 Meter lange vierspurige Autobahnbrücke. Für die Errichtung der bis zu 320 Meter hohen Pfeiler kommen Schalungslösungen von Doka zum Einsatz.
Meva: In Wallisellen bei Zürich ist Meva bei der Errichtung eines neuen Wohn- und Dienstleistungsviertels beteiligt. Mittelpunkt des Areals ist ein 18-stöckiges Bürohochhaus mit trapezförmigem Grundriss für die Allianz Suisse. Bei der Realisierung kommen diverse Meva-Systeme nach einem genau fixierten Sicherheitsablaufplan zum Einsatz, der Etage für Etage die sicherheitsrelevanten Tätigkeiten und Ausrüstung vorgibt.