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»Verkehrswegebau bleibt hart umkämpft«

»Es ist zwar die Baugruppe der Alpine gesellschaftsrechtlich im Großen und Ganzen verschwunden, nicht verschwunden sind aber die Kapazitäten an Personal und Gerät, welche ja vom Markt wieder aufgenommen wurden«, weiß Manfred Rosen­auer. »Es ist zwar die Baugruppe der Alpine gesellschaftsrechtlich im Großen und Ganzen verschwunden, nicht verschwunden sind aber die Kapazitäten an Personal und Gerät, welche ja vom Markt wieder aufgenommen wurden«, weiß Manfred Rosen­auer. Foto: Strabag

Im Interview mit Report (+) PLUS spricht Manfred Rosenauer, Vorstandsmitglied der Strabag AG, über den aktuellen Zustand der heimischen Bauwirtschaft, die Umstellung auf das Bestbieterprinzip und einen bevorstehenden Paradigmenwechsel in der Branche.

Report: Die aktuellen Wirtschaftsdaten sind alles andere als erfreulich. Wie ist aus Ihrer Sicht 2014 für die österreichische Bauwirtschaft gelaufen?

Manfred Rosenauer: Aus unserer Sicht recht zufriedenstellend. Das milde Wetter Anfang und Ende des Jahres hat es der Baubranche ermöglicht, lange zu bauen und das Baujahr 2014 ordentlich abzuschließen. Der österreichische Markt selbst ist und bleibt aber im Hinblick auf die Nachfrage zweigeteilt: In Wien wird viel gebaut, vor allem im Wohnbau. Da sind wir im klassischen Hochbau, aber auch in der Projektentwicklung mit unserer Tochtergesellschaft Mischek, die Marktführerin im Wohnbau ist, gut dabei. In den Bundesländern sieht das deutlich anders aus, da gibt es einen harten lokalen Wettbewerb, der so auf die Preise drückt, dass eine auskömmliche Kostendarstellung oft schwer möglich ist. Insbesondere der Süden des Bundesgebiets stand dabei unter großem Druck.

Report: Wie hoch ist der aktuelle Auftragsbestand der Strabag?

Rosenauer: Unser Auftragsbestand lag in den ersten neuen Monaten mit rund 15,4 Mrd. Euro um zehn Prozent über dem Vorjahr. In Osteuropa gab es wieder hohe Zuwächse, in Polen, in Ungarn, aber auch in der Slowakei verzeichneten wir ein hohes zweistelliges Auftragswachstum.

In Österreich sehen wir nach neun Monaten eine um 5 % höhere Leistung; eine Zunahme im einstelligen Prozentbereich hatten wir erwartet. Der Auftragsbestand ist um 4 % stärker. Die Mitarbeiteranzahl ist unverändert zum Vorjahr. Wir gehen davon aus, dass sich diese Entwicklung bestätigen wird.

Report: Sie haben Ende 2014 die Leitung der Bereiche Hoch- und Ingenieurbau sowie Verkehrswegebau in Österreich übernommen. Welche Ziele haben Sie sich für Ihre Amtszeit gesetzt?

Rosenauer: Für die genannten Sparten habe ich gemeinsam mit meinen technischen Kollegen Reinhard Kerschner und Theodor Klais die Verantwortung übernommen. Eine spannende Aufgabe; wir haben auf die Veränderungen des Marktes reagiert und an der Spitze der wesentlichen Sparten eine Zusammenführung vorgenommen ohne dabei die Vorteile der Spezialisierung nach Professionen zu verlieren.
 
Wie jede Organisationsform – es gibt keine perfekte – entwickeln sich über die Jahre Strukturen, welche dann oft nicht mehr zeitgemäß oder schlank genug sind. Mit diesem Wechsel werden alle Strukturen wieder einmal vollkommen in Frage gestellt und neue optimale Lösungen gesucht. Wir werden entsprechende Synergien im Sinne der Kunden heben und damit noch näher bei unserem wichtigstem Stakeholder sein. Abgesehen von der Suche nach der optimalen Kostenstruktur wollen wir diverse Nischen weiter intensivieren, jene Geschäftsfelder massiv stärken, über welche wir uns bereits bisher von der Konkurrenz differenzieren konnten, und im Alltagsgeschäft unsere Konkurrenzfähigkeit so modellieren, dass wir sowohl gegen große als auch kleine lokale Anbieter schlagkräftig für unsere Kunden tätig sein können. Ein weiterer Schwerpunkt wird sicher die Personalentwicklung sowohl im gewerblichen als auch angestellten Bereich sein. Als Großer am Markt wäre es vermessen, Wachstumsziele zu formulieren, wir wollen aber weiterhin die starke Führungsorganisation am österreichischen Baumarkt sein und werden diese Herausforderung auch annehmen.

Report: Die Pleite der Alpine hat nicht zur erhofften Marktbereinigung geführt. Der Preisdruck ist nach wie vor enorm. Warum?

Rosenauer:
Es ist zwar die Baugruppe der Alpine gesellschaftsrechtlich im Großen und Ganzen verschwunden, nicht verschwunden sind aber die Kapazitäten an Personal und Gerät, welche ja vom Markt wieder aufgenommen wurden. Führen wir uns in Erinnerung, dass in Deutschland die Marktbereinigung zehn Jahre gedauert hat. Heute arbeitet in der dortigen Baubranche nur noch die Hälfte der Mitarbeiter von 1995, damals waren es rund 1,4 Millionen. Die Bereinigung wird es auch in Österreich geben, wenngleich wir wegen der gebirgigen Topografie immer bauintensiver als Deutschland bleiben werden und daher auch mehr Personal gebraucht wird.

Und schließlich fehlt oft noch das Bewusstsein, dass mit einer aggressiven Preispolitik zwar ein Auftrag und damit weitere Beschäftigung für Mitarbeiter »erkauft« werden kann, die zu erwartenden negativen Ergebnisse am Ende aller Tage aber zum Kollaps führen können. Die Insolvenzstatistik führt uns ja Jahr für Jahr die Defizite dieses betriebswirtschaftlichen Denkens in der Baubranche vor Augen.

Report: Welche Auswirkungen wird der geplante Umstieg vom Billigst- auf das Bestbieterprinzip bei öffentlichen Aufträgen haben?

Rosenauer: Wir sind überzeugt, dass es sowohl für die Bauunternehmen als auch die Auftraggeberschaft von Vorteil ist. Denn dadurch stehen nicht mehr die reinen Baukosten im Vordergrund, die Auftraggeber würden stärker auf die Gesamtkosten über die gesamte Lebensdauer eines Bauwerks achten. Das würde auch den Preisdruck etwas verringern, aber vor allem den Glücksrittern des Baugeschäfts das Leben schwerer machen. Noch dazu, wo das Billigstbieterprinzip natürlich einen ungesunden Kostendruck erzeugt und dies zu Lasten einer nachhaltigen Bauqualität geht.
Genauso sind aber auch die Maßnahmen gegen Lohndumping, Steuer- und Sozialbetrug zu begrüßen. Seriöse Unternehmen entkommen damit wesentlichen Wettbewerbs- und Kostennachteilen im Vergleich zu unseriösen Unternehmen. Ein ebenes Spielfeld hilft nicht nur dem Baumarkt, sondern auch auf lange Sicht gesehen dem Auftraggeber, aber vor allem der Volkswirtschaft und damit den Steuerzahlern.

Report: Aktuell ist viel über einen Paradigmenwechsel in der Bauwirtschaft zu lesen. Schlagwörter wie Lebenszyklusbetrachtung und partnerschaftliches Bauen machen die Runde. Sind diese Themen auch in der Praxis angekommen?

Rosenauer: Mit unseren verschieden ausgeprägten Team-Konzepten haben wir bereits frühzeitig diese absehbaren Trends antizipiert. Gemeinsam mit dem Bauherrn und Planern optimale Lösungen zu suchen, kann nur die perfekte Lösung im Hinblick auf ein Projekt sein. Wir haben dazu tragfähige Modelle entwickelt, welche auch dem Bauherrn, gemeinsam mit seinen Spezialisten, die notwendige Flexibilität und Mitsprache geben. Dies alles mit Blick auf eine bestimmte Lebenszeit des Objekts. Feststellen muss ich aber auch, dass diese Modelle auch auf Auftraggeberseite eine gewisse Struktur und Bereitschaft erfordern. Da haben wir in Österreich im Vergleich zu Deutschland noch Aufholchancen.

Report: Im Zuge des neuen Energieeffizienzgesetzes ist in den letzten Monaten auch viel von Energiekosten und entsprechenden Einsparungsmöglichkeiten die Rede. Wie geht die Strabag mit diesem Thema um?

Rosenauer:
Wir haben bereits einige Energieeffizienzmaßnahmen umgesetzt: Mit dem konzernweiten Energiemanagementsystem haben wir bereits 2012 ein Instrument eingeführt, mit dem wir Energieströme im Konzern erfassen, analysieren und kartieren können. Nach dem Prinzip »If you cannot measure it, you cannot improve it« können wir mithilfe einer intern entwickelten Software Effizienzpotenziale bezüglich Energieverbräuche, Kosten und CO2-Emissionen identifizieren. Erste Erfolge stellten sich schon 2013 ein. Damit verbunden sind die Hebung des Steuerentlastungspotenzials z. B. in Deutschland und der Schutz der Umwelt durch verminderten Emissionsausstoß. Wenn wir diesen Weg weiter verfolgen, reduzieren sich die Energiekosten jährlich um einen einstelligen Millionen-Euro-Betrag.

Report: Mit welchen Erwartungen gehen Sie in das Jahr 2015?

Rosenauer: Wir registrieren eine starke Nachfrage vor allem nach Wohnbauten im Großraum Wien. Im Verkehrswegebau und im Ingenieurbau dürfte jedoch weiterhin Preisdruck herrschen: Hier stehen geringen Investitionen in die Infrastruktur durch die öffentliche Hand weiterhin hohe Kapazitäten gegenüber, weil eine Marktbereinigung nicht stattgefunden hat.

Wir beobachten die Märkte kontinuierlich, um unsere Kapazitäten rechtzeitig planen zu können. Dies gelingt dank unserer Diversifikation nach Bausparten und geografischen Märkten: So sind wir nicht nur in sehr vielen unterschiedlichen Ländern Europas tätig. Auch in Österreich sind wir in allen Bundesländern flächendeckend und in allen Sparten des Baus vertreten und bieten Dienstleistungen entlang der gesamten Bauwertschöpfungskette an. Diese Diversifikation ermöglicht uns, flexibel zu bleiben und das Risiko zu streuen. Für die Strabag wird es wieder ein gutes Baujahr in Österreich sein, da bin ich ganz zuversichtlich.


Zur Person
Manfred Rosenauer ist seit 2003 kaufmännischer Unternehmensbereichsleiter und seit 2014 für den Hoch- und Ingenieurbau sowie für den Verkehrswegebau Österreich im Vorstand der Strabag AG verantwortlich. 

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