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Die Rückkehr der Kommunen

\"AuchDie wirtschftlichen Folgen der Infrastrukturkürzungen und die aufstrebende Rolle der Gemeinden.

Die Kürzungen sind der Bauwirtschaft sauer aufgestoßen. Sechs Milliarden Euro werden eingespart. Jetzt herrscht zumindest Planungssicherheit, denn weitere Kürzungen wird es nicht geben. Derweil mausern sich die Gemeinden als Auftraggeber vom Sorgenkind zum Hoffnungsträger.

 Es war die Zeit der Feuerwehrmänner und -frauen. Am Höhepunkt der Krise wurde ein Rettungspaket nach dem anderen geschnürt. Vor allem in die Infrastruktur sollte investiert werden, um die Konjunktur anzukurbeln. Aber viele der Maßnahmen waren nicht einmal das Papier wert, auf dem sie niedergeschrieben wurden. Strabag-Vorstand Franz Urban sprach schon im Oktober 2009 von einer Mogelpackung, die die Politik der Bevölkerung und der Wirtschaft unterjubeln wollte. Denn kaum hatten sich die schlimmsten Wogen geglättet, wurden viele Ankündigung relativiert und Investitionen gekürzt oder ganz gestrichen. Verkauft wurde das Ganze als Evaluierung. Was unterm Strich bleibt, sind Kürzungen in Rekordhöhe. »Sechs Milliarden Euro werden bei ÖBB, Asfinag, dem Siedlungswasserbau und der Altlastensanierung eingespart«, klagte Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel schon im Februar bei der Klubenquete zum Thema »Zukunftsinvestitionen in Umwelt, Bauen und Wohnen« im Parlament.

Den Vorwurf, die Politik habe sich zu früh aus der Verantwortung genommen und so den Konjunkturmotor Bau erneut ins Stottern gebracht, weist Finanzstaatssekretär Andreas Schieder im Report-Interview (siehe Seite 20) entschieden von sich. »Der Staat hat sich ganz und gar nicht aus der Verantwortung gestohlen. Alle derzeit verfügbaren Wirtschaftsdaten zeigen, dass Österreich besser durch die Krise gekommen ist als viele andere Länder der Europäischen Union. Das hat unter anderem mit den getroffenen Maßnahmen der Bundesregierung zu tun«, so der Staatssekretär. Und auch Herbert Kasser, Generalsekretär des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, stellt fest, dass die Investitionen bei ÖBB und Asfinag so hoch wie nie zuvor sind. Zwar räumt er ein, dass unter dem Druck der Budgetkonsolidierung auch im BMVIT gespart wird, er stellt aber auch fest, dass dank ausgiebiger Evaluierung »sinnvoll gespart wird«. Bauen sei schließlich kein Selbstzweck, so der Generalsekretär, und nicht jede Bautätigkeit ein langfristiger Wirtschaftsimpuls. Sinnvoll sparen könne man vor allem bei der Reihenfolge von Projekten, etwa entlang einer Verkehrsachse. Die Befürchtung der Branche, dass es bei diesen Kürzungen nicht bleiben wird, wischt Kasser vom Tisch. »Bis 2016 werden 18 Milliarden Euro in den Ausbau des Schienen- und Straßennetzes investiert. Dazu hat sich die Politik bekannt und dabei bleibt es auch.« Diese jährlich rund drei Milliarden Euro seien eine Menge Geld und würden für ein ordentliches Basisauftragsvolumen sorgen, ist der Generalsekretär überzeugt.
Die Branche sieht das naturgemäß anders. Manfred Asamer, Obmann des Fachverbandes der Stein- und keramischen Industrie, beziffert den Wertschöpfungsverlust aus nicht genutzten Produktivitätspotenzialen durch mangelnde Infrastrukturpolitik seit 2005 auf schlappe 125 Milliarden Euro. Dies entspreche einem nicht genützten Wachstumspotenzial des BIP von immerhin 10 %. Auch die Unternehmen merken die Auswirkungen der Sparpolitik. »Die Kürzungen sind spürbar, es werden weniger Projekte umgesetzt«, sagt etwa Alpine-Unternehmenssprecherin Karin Keglevich.

Gemeinden investieren wieder

Neben einem zurückhaltenden Infrastrukturministerium bereiten der Baubranche aber vor allem die klammen Gemeinden Sorge. Die stöhnen nicht nur unter rückläufigen Einnahmen, sondern sehen sich auch mit immer neuen Pflichten konfrontiert. »Bund und Länder übertragen uns immer wieder neue Aufgaben, die wir dann auch noch bezahlen sollen, etwa im Pflege- und Gesundheitsbereich«, klagt Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer. Dafür würden die jährlichen Aufwendungen im zweistelligen Prozentbereich steigen. Darunter leiden dann auch die Infrastrukturinvestitionen.

Es gibt aber auch positive Nachrichten: Im Vergleich zu 2009 und 2010 hat sich die finanzielle Lage der Gemeinden wieder etwas entspannt. Aus diesen Jahren gibt es auch einen großen Auftragsrückstand, aus Angst vor den sinkenden Steuereinnahmen wurden viele Projekte aufgeschoben. Mödlhammer ist zuversichtlich, dass die Gemeinden nun wieder mehr Aufträge vergeben werden. Der Gemeindebundpräsident stellt eine regelrechte Sanierungswelle in Aussicht. »Die Gemeinden verfügen über rund 60.000 Gebäude. Viele davon stammen aus den 70er-Jahren und sind inzwischen sanierungsbedürftig.« Bei der Finanzierung kommt den Gemeinden auch die Senkung der Schwellenwerte entgegen. »Jetzt müssen wir für Kleinaufträge keine aufwendigen Ausschreibungen machen«, ist Mödlhammer erleichtert. Auch die viel zitierte Kooperation von Gemeinden könnte die Finanzierung von Infrastrukturprojekten erleichtern, sie stößt aber auch an Grenzen. »Es gibt Bereiche, in denen eine Zusammenarbeit nicht zu Einsparungen führt. Die Notwenigkeit und die Länge eines Kanal- und Wassernetzes ist immer gleich«, so Mödlhammer, der einen abschließenden Appell an Bund und Länder richtet: »Ich würde mir wünschen, dass in der Politik mehr das Prinzip gilt: Wer anschafft, soll auch sagen, wie das bezahlt werden soll.« Wenn Bund und Länder ihren Aufgaben im Pflege- und Gesundheitsbereich nachkommen, dann bleibt den Gemeinden auch wieder mehr Geld für Infrastrukturinvestitionen.  

 

>> Sinnvolle Zusammenarbeit:

»Wir brauchen nicht überall eine XXL-Autobahn«, wird Infrastrukturministerin Doris Bures nicht müde zu betonen. Dabei würden die Länder die finanzielle Verantwortung nur allzu gerne an die Asfinag und damit den Bund abgeben. So war etwa in Wien kurzfristig der Plan im Gespräch, die neue Seestadt Aspern mit einer Autobahn zu erschließen. Kostenpunkt: rund 540 Millionen Euro. Eine Bedarfsprüfung hat ergeben, dass eine Autobahn in diesem Fall nicht unbedingt nötig ist. Das Projekt wurde aus dem Bundesstraßengesetz an die Stadt Wien zurücktransferiert, der Bund übernimmt aber die für eine »bedarfsgerechte Verkehrsbindung« fälligen 260 Millionen Euro. Die Stadt Wien trägt die Verantwortung, den Kostenrahmen zu halten, hat dafür aber absolute Gestaltungsfreiheit.

 

\"Karl-Heinz>> O-Ton: Karl-Heinz Strauss, CEO Porr AG

Infrastrukturkürzungen sind ein fatales Signal. »Die Jahre 2009 und 2010 waren keine leichten für die Baubranche. Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise treffen den Baubereich immer zeitversetzt, weil große Projekte über einen längeren Zeitraum hinweg realisiert werden. In den vergangenen beiden Jahren war ein deutlich geringeres Investitionsverhalten privater und öffentlicher Auftraggeber zu spüren. Insbesondere private Investitionen kamen in vielen Märkten beinahe komplett zum Erliegen.

Allerdings reagierten einige Länder, etwa Österreich, rasch und richtig auf diese Situation und beschlossen umfangreiche Konjunkturpakete. Diese Investitionen in die Infrastruktur haben einen deutlichen Multiplikatoreffekt. In erster Linie profitiert die Bauindustrie über die Umwegrentabilität, aber auch kleine und mittelständische Unternehmen und somit mittel- bis langfristig die gesamte Wirtschaft. Darüber hinaus kann es ohne eine funktionierende Infrastruktur kein nachhaltiges Wirtschaftswachstum geben. Kürzungen in diesem Bereich zur Sanierung des Staatshaushaltes sind nicht nur ein fatales Signal an private Investoren, sie wirken sich mittelfristig auch einnahmenseitig negativ aus.«

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