Es bleibt schwierig
- Written by Mag. Bernd Affenzeller
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Große Sprünge wird die heimische Bauindustrie auch 2012 nicht machen. Mehr als ein symbolisches Wachstum dürfte nicht realisierbar sein. Auch 2011 sind die Zuwächse trotz eines sehr geringen Ausgangsniveaus überschaubar. Größtes Sorgenkind bleibt der Tiefbau.
2011 war für die heimische Bauindustrie kein wirklich erfreuliches Jahr. Damit hat aber auch niemand ernsthaft gerechnet. Laut Statistik Austria erwirtschafteten die heimischen Hoch- und Tiefbauunternehmen in den ersten acht Monaten 2011 einen Bauproduktionswert von 8,9 Milliarden Euro. Das bedeutet zwar ein Plus von 1,4 Prozent, ist aber aufgrund des äußerst geringen Niveaus des Vergleichszeitraums doch eine eher magere Ausbeute. Sorgenkind bleibt weiter der Tiefbau mit einem Minus von 5,9 Prozent. Das ist auch kein Wunder, schließlich liegt die Bautätigkeit für die öffentliche Hand in den ersten acht Monaten mit 3,1 Milliarden Euro um fast vier Prozent unter dem Wert des Vorjahres.
Ganz wacker geschlagen hat sich dafür der Hochbau mit einem Plus von 7,3 Prozent. »Das klingt zwar gut, damit können die Rückgänge aus dem Tiefbau aber nicht kompensiert werden«, erklärt Michael Steibl, Geschäftsführer der Vereinigung Industrieller Bauunternehmungen Österreichs. Laut Steibl befindet sich die Gesamtbranche derzeit in etwa auf dem Produktionsniveau von 2005, die Spitzenwerte von 2008 werden für lange Zeit unerreicht bleiben.
Weitaus erfreulicher hat sich die Situation bei den Beschäftigten entwickelt. Im Jahr 2010 waren insgesamt 240.000 Mitarbeiter in der Branche beschäftigt, das waren nur geringfügig weniger als 2009. 2011 gibt es sogar leichte Zuwächse. »Der Produktionsplus im beschäftigungsintensiven Hochbau wirkt sich direkt auf die Mitarbeiterzahlen aus«, erklärt Steibl.
Ausblick 2012
Auch das Jahr 2012 wird von einem nur sehr mäßigen Aufschwung gekennzeichnet sein. Euroconstruct rechnet für Österreich mit einem Plus von 0,7 Prozent (siehe Kasten Seite 30). Getragen wird das Mini-Wachstum wie heuer vom Hochbau. Beim Tiefbau stehen die Zeichen hingegen weiter auf Sturm. Unter dem Diktat des Schuldenabbaus bleibt zu befürchten, dass die öffentliche Hand auch in Zukunft mit dem Rotstift wüten wird. »Es herrscht derzeit nicht gerade eine investitionsfreundliche Stimmung«, fasst Steibl die allgemeine Situation zusammen.
Neben Bund und Ländern sind in den letzten Jahren vor allem auch die Gemeinden mit großer Zurückhaltung in Sachen Investitionen aufgefallen. Diese fehlenden Kleinaufträge machen auch der Bauindustrie zu schaffen. »Wenn in den einzelnen Gemeinden die Investitionen für den neuen Kanal oder die neue Gemeindestraße zurückgestellt werden, so hat das in Summe eine beachtliche Auswirkung«, klagt Alpine-Chef Dietmar Aluta-Oltyan. Leise Entwarnung kommt vom Gemeindebund. Laut Präsident Helmut Mödlhammer hat sich die finanzielle Lage der Gemeinden in den letzten Monaten doch deutlich entspannt. Und irgendwann müssen die Gemeinden ihren Auftragsrückstand aus den Jahren 2009 und 2010 auch abarbeiten. Mödlhammer zeigt sich gegenüber dem Bau & Immobilien Report zuversichtlich, dass die Gemeinden nun wieder mehr Aufträge vergeben werden.
Ausländische Märkte
Außerhalb Österreichs entwickeln sich die Märkte weiterhin sehr unterschiedlich. Einige Länder wurden massiv von der Wirtschaftskrise erfasst und es gibt de facto keine Neuinvestitionen. In anderen Staaten brummen die Baumaschinen. Deutschland entwickelt sich gut, der arabische Raum hat starkes Entwicklungspotenzial und in Polen hat der Endspurt für die Vorbereitungen auf die EURO 2012 begonnen. »Selbst in Rumänien werden wieder neue Straßen und Autobahnen gebaut«, sagt Aluta, der besonders darauf stolz ist, dass der Anpfiff der Fußball-EM im nächsten Jahr im neuen, von Alpine errichteten Nationalstadion in Warschau erklingen wird.
Bei der Porr rechnet man sich vor allem in Rumänien, Bulgarien und Serbien gute Wachstumschancen aus. 2011 hat aber vor allem der deutsche Markt für glückliche Gesichter in der Chefetage gesorgt. Knapp 500 Millionen Euro spülen die beiden deutschen Bahnaufträge Stuttgart 21 und die Hochgeschwindigkeitsstrecke Erfurt-Halle in die Kassen. Dazu ist die Porr maßgeblich am Bau des Emscher Kanals in Nordrhein-Westfalen, der zurzeit größten Kanalbaumaßnahme Europas, beteiligt.
Die Strabag ist traditionell erfolgreich in Polen. Dort hatte man laut Haselsteiner »das Glück, bereits Marktführer gewesen zu sein, als 2009 der Bauboom im Verkehrswegebau begann«. 2011 sollte laut Strabag-Chef den Höhepunkt des Infrastrukturbooms in Polen markieren, danach wird es sukzessive bergab gehen. Als neues Zielgebiet hat die Strabag Nordeuropa ausgemacht. »Wir verstehen uns als europäischer Baukonzern, da gehört Nordeuropa natürlich dazu. Daher breiten wir uns Schritt für Schritt in Nachbarländer aus, nun im Norden, genauso wie wir es seit einigen Jahrzehnten im Osten tun«, erklärt Haselsteiner.
>> Euroconstruct:
Aufschwung, bitte warten. Auch für die gesamteuropäische Bauwirtschaft verzögert sich der Aufschwung. Laut den Ergebnissen der 72. Euroconstruct-Konferenz in Paris wird sich das Wachstum erst 2013 einstellen. Zwar waren bereits Anfang 2011 erste Anzeichen einer Erholung zu beobachten, die Verschärfung der Schuldenkrise und die Unterbrechung des Aufschwungs im Jahr 2012 dämpfen jedoch die Wachstumsmöglichkeiten des Sektors massiv. 2012 dürfte die Bauproduktion deshalb in den 19 vom Forschungsnetzwerk Euroconstruct untersuchten Ländern insgesamt um 0,3 % schrumpfen, das fünfte Jahr in Folge. 2013 und 2014 sollte sie wieder um etwa 1,8 % bis 2 % wachsen, rascher als das Bruttoinlandsprodukt. Das Vorkrisenniveau wird jedoch bei weitem noch nicht erreicht.
Etwas besser gestaltet sich aktuell die Lage in Österreich. 2011 und 2012 wird ein mäßiges Wachstum der Bauwirtschaft von 0,7 % erwartet, das sich 2013 etwas beschleunigen sollte. Getragen wird dieses Wachstum vor allem durch den Hochbau. Während im Wohnbau die Sanierung eine größere Rolle spielt, wächst im sonstigen Hochbau der Neubau etwas stärker.
>>O-Töne:
> Was »Die großen 3« von 2012 erwarten.
»Wachstum sehe ich derzeit keines, und wenn, dann nur ein bescheidenes. Ich gehe von einer stabilen Entwicklung aus, die nur Platz für Wachstum auf Höhe der Inflation bietet. Der Verkehrswegebau hat der Bauwirtschaft seit 2009 über die Runden geholfen. Hier dürfte sich die Situation eintrüben, während wir uns im Hochbau über neue Großaufträge freuen dürfen.«
»Die Stimmung ist derzeit stabil. Man muss aber bedenken, dass öffentliche Investitionen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten bisher stark dazu beigetragen haben, dass Österreich im internationalen Vergleich sehr gut dasteht. Ich hoffe, dass die Politik mit der Einführung der neuen Schuldenbremse nicht auch den wichtigen Konjunkturmotor Bau einbremst.«
»Die von der österreichischen Regierung geschnürten Konjunkturpakete haben in den letzten Jahren sicherlich ein noch stärkeres Absacken speziell im Bereich Tiefbau verhindert. Auch wenn es jetzt einen dringenden Konsolidierungszwang für den Staatshaushalt gibt, bleibt zu hoffen, dass es bei dringend notwendigen Infrastrukturprojekten nicht zu einem Baustopp kommt. Das wäre sicherlich zu kurz gegriffen.«