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Prolongierte Unwirtschaft

Die jüngste Zustimmung des Verbund-Aufsichtsrates zur neu verhandelten Stromlösung und zur Beteiligung an der Energie AG hat den Strompoker nicht beendet, sondern verlängert. Die vom Verbund mit viel Geschick errichtete Doppelmühle wirkt jedoch ab sofort verstärkt. Einerseits hat der Verbund mit seinem Engagement im Endkundengeschäft Unruhe in geschützte Werkstätten der Landesenergieversorger gebracht. Anderseits ist es dem Verbund erstaunlich gut gelungen, die Partner der Energie-Allianz, Wienstrom, EVN, Bewag, Energie AG und Linz AG auseinander zu dividieren. Dem Chef der oberösterreichischen Energie AG Leo Windtner ging das jahrelange Feilschen um die österreichische Stromlösung (öSL), also einer Verflechtung der Energie Allianz mit dem Verbund, zuletzt schon gehörig auf die Nerven. Nicht nur einmal äußerte sich Windtner kritisch zu den festgefahrenen Verhandlungen und deren exorbitanten Kosten. Der Verbund-Chef Hans Haider ließ in Oberösterreich gezielt um Endkunden werben, um den Leidensdruck Windtners zu erhöhen. Prompt hatten sich die beiden Oberösterreicher auf einen Einstieg der Verbundgesellschaft bei der Energie AG geeinigt.
Die Macher in der EVN und bei der Wienstrom waren halbwegs übertölpelt und brauchten ein paar Tage, um sich zu fassen. Tage, in denen unverständliche Presseerklärungen lanciert und auch einseitig Stromlösungseinigungen und deren Dementis verkündet wurden. Tage, in denen führende Manager viel einstecken mussten und die Drähte zu den Eigentümern glühten. Zugespitzt haben sich die Tumulte der Stromgranden, nachdem der EVN-Chef und Energie AG-Aufsichtsrat Burkhard Hofer den kolportierten Kaufpreis für die 25-Prozent-Beteiligung an der Energie AG von 470 Millionen als zu hoch bezeichnete und die Auslandsaktivitäten der Oberösterreicher als nicht nachhaltig bezeichnete. Worauf die Energie AG ihrem Aufsichtsrat ein Verfahren in Aussicht stellte. Ob es dazu kommt, wird sich weisen.
Fix ist jetzt einmal, dass der Verbund vielleicht ein Bündnis mit EVN, Wienstrom und Bewag eingehen wird. »Der Verbund bekommt mehr mitzureden, als er es sich je erträumt hat«, wissen dazu die Oberösterreichischen Nachrichten schon vorab zu berichten. Geplant ist eine gemeinsame Vertriebsgesellschaft für Großkunden, die einen Jahresverbrauch von mehr als vier Millionen aufweisen. Zugleich hat der Verbund den Einstieg bei der Energie AG verschoben, um nicht von Haus aus ein Kartellrechtsproblem zu kreieren. Der Effekt für Oö: Das Land müsste lange auf das Geld für die Anteile warten. Ob die Energie-Allianz-Mitglieder diesen Bund mit dem Verbund überhaupt eingehen können, ist nicht geklärt. Die Energie AG ist Mitglied der Allianz und es gilt dort das Einstimmigkeitsprinzip.
Die Reaktion Oberösterreichs ließ keinen Tag auf sich warten. Kaum war klar, dass der Verbund die Liaison mit EVN und Wienstrom verhandeln wird, kursierte das Gerücht, dass Gespräche mit der Tiroler Tiwag aufgenommen würden. Zugleich wurden Spekulationen lanciert, dass vielleicht auch Salzburg nicht abgeneigt sein könnte, bei einem Weststromblock mitzumachen. All das passiert vor dem Hintergrund, dass nahezu jeder Stromversorger mit jedem verflochten ist, und belegt bloß, wie lächerlich das Stromtheater im Grunde ist. Ganz abgesehen von dem dahinterstehenden Polittheater. Zum Lachen kann dabei nur dem Verbund sein, der durch den hohen Anteil an Wasserkraft einen Joker im Talon hat, der mit jeder Erhöhung der Großhandelspreise auf europäischer Ebene besser sticht.
Kein Landesversorger kann dieses Match gewinnen, wenn der Großhandelspreis durch höhere Gaspreise und CO2-Zertifikate teurer wird. Man kann noch so bemüht sein um seine Kunden, letztlich entscheidet die Stromrechnung. Zwar ist die Wechselrate noch mickrig, je höher der Unterschied zwischen den Anbietern ist, desto höher auch die Bereitschaft zum Versorgerwechsel. Der Rest ist Ohnmacht und Macht.

Verbund-Chef Hans Haider hat jedenfalls jüngst angekündigt, heuer drei große Kooperationen einzugehen zu wollen. Bei allem Nebel, der die kommenden Wochen und Monate die Sicht verstellt, ist eines klar: Die Wettbewerbsbehörden dürfen sich auf Arbeit gefasst machen. Mit den Gegebenheiten auf Europas Energiemärkten hat das Mini-Monopoly der heimischen Stromwirtschaft jedenfalls nichts zu tun. Eher schon mit dem Treiben in der Sandkiste.

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