Geldfrage öl
- Written by Redaktion_Report
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Gerald Grohmann, Chef der Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment AG (SBO), ist einer jener Wirtschaftstreibenden, die dem hohem ölpreis durchaus etwas abgewinnen könnnen. Sein Unternehmen ist Weltmarktführer bei Hochpräzisionskomponenten für die ölfeldserviceindustrie und liefert zum Beispiel mit amagnetischen Bohrstrangkomponenten genau das, was es braucht, um mehr öl und Gas aus der Erde zu holen. Das erste Halbjahr ist für Schoeller-Bleckmann sensationell gelaufen. 2004 betrug der Halbjahresumsatz 43 Millionen, heuer sind es 61 Millionen. »Der Trend hält an, die Kunden nehmen jetzt auch längere Lieferzeiten in Kauf. Wir haben auch schon Aufträge für 2007«, erklärt Grohmann, der beraten von einer Agentur eifrig an der eigenen Equity-Story arbeitet. Der Vorteil seines Unternehmens sei so Grohmann, dass man Equipment herstellt, das sowohl für die Neuerschließung von ölfeldern geeignet ist als auch für die Erhöhung der Ausbeute in bereits bestehenden Förderanlagen. SBO wird deshalb seinen Standort in Niederösterreich um 15 Millionen Euro erweitern.
Was die Zukunft des Erdöls betrifft, macht sich Grohmann nicht direkt Sorgen. Derzeit werden in etwa 30 Milliarden Barrel öl pro Jahr verbraucht. 1200 Milliarden Barrel gelten als gesicherte Reserven. Daraus ergibt sich bei gleich bleibendem Verbrauch eine Versorgung von 40 Jahren. »Gelingt es den ölfirmen, den Entölungsgrad um zehn Prozent zu erhöhen, kämen zu den 1200 Milliarden weitere 600 Milliarden Barrel hinzu«, erklärt Grohmann. Das entspricht in etwa drei Viertel der bis heute insgesamt geförderten ölmenge. »Das Volumen der ölreserven unserer Erde ist letztlich eine Funktion des ölpreises und der Wirtschaftlichkeit der Fördertechnologien. Deshalb liegt der Schlüssel der künftigen Versorgung in der Technologie«, erläutert der Manager. Manche Techniken werden bereits angewandt und gewinnen aufgrund des hohen ölpreises zunehmend an Bedeutung, wie Gerhard Ruthammer vom Departement für Erdöl- und Erdgasgewinnung der Montanauni Leoben weiß. Er und sein Institutskollege Gerhard Thonhauser sind Mitglieder des kürzlich etablierten Think Tank, in dem SBO mit Experten kooperiert.
Ganz ähnlich sieht auch Karl Rose, Senior Strategy Advisor bei Royal Dutch Shell, die Versorgungsfrage. Derzeit würden nur 30 bis 35 Prozent des in ölfeldern enthaltenen Rohöls gewonnen, erklärt er. Ein Teil des verbleibenden Erdöls könnte mit erhöhtem Aufwand zutage befördert werden. Aber, so prognostiziert Rose, »wir werden schon lange auf neue Energieformen umgestiegen sein, bevor die ölreserven verbraucht sind«. Er persönlich glaubt, dass bis 2050 Biotreibstoffe das konventionelle öl im Verkehrssektor ersetzen werden. Dass es damit früher oder später zu einem Kampf um Anbauflächen zwischen Lebensmittelindustrie und Treibstoffindustrie kommen wird, lässt sich freilich nicht ausschließen, wie Rose zugibt. Sein Unternehmen lehne es deshalb ab, Treibstoffe aus Lebensmitteln zu produzieren, was freilich nichts daran ändert, dass mit zunehmender Verknappung von Rohöl jene Pflanzen in den Boden gesetzt werden, die den höchsten Profit abwerfen. In den von Shell entworfenen Zukunftsszenarien spielt die Versorgungssicherheit nicht mehr die dominante Rolle. »Die CO2-Problematik und der Klimawandel werden in 20 bis 30 Jahren die größte Bedeutung erlangen«, meint der gebürtige Steirer. Vergegenwärtigt man sich die Naturkatastrophen der jüngeren Vergangenheit, ist das verständlich. Nicht zuletzt deshalb ist Shell mächtig in der Produktion von Biotreibstoffen und Solarzellen engagiert. Bis 2020 sieht Rose allerdings keinen Ausweg aus der immensen Abhängigkeit von öl und Gas aus dem OPEC-Raum. Die Reserven in der Nordsee und Russland würden dagegen an Bedeutung verlieren.
Eine Ansicht, die auch die Internationale Energiebehörde (IEA) in Paris teilt. Die Bedeutung des Mittleren Ostens und Nordafrikas würden dramatisch steigen, betont Laura Cozzi in einem Referat anlässlich des vom BMVIT organisierten internationalen Workshops für Energievisionen bis 2050. Dazu müssten in der Region allerdings gewaltige Investitionen getätigt werden. Die IEA schätzt den Finanzbedarf, der notwendig ist, um die erhöhte weltweite Energienachfrage bis 2030 zu decken, auf 14.000 Milliarden Euro, ein Gutteil davon müsste in die genannte Region fließen.