Gesunde Geschäfte
- Written by Redaktion_Report
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Etwas harscher fällt die Einschätzung von beteiligten CEOs aus. »Wir rühmen uns als Vorreiter, aber der Pröll macht so gut wie nichts für uns. Und für die Industriellenvereinigung ist ökostrom sowieso ein rotes Tuch«, sagt beispielsweise Gerhard Hehenberger von der Kärnter Windtec Consulting, die - nomen est omen - ihr Geschäft mit Windenergie macht. Geht es um Bilanzen und Erlöse, hat auch Hehenberger keinen Grund zur Klage. Neben der Messtechnik und dem Abfallbereich boomt im ökobusiness vor allem das Segment alternative Energien. Ein Umstand, der den Klagenfurtern gerade recht kommt. Die Windtec konnte ihr Know-how selbst bei den geplanten Megawatt-Offshore-Windparks an der deutschen Nord- und Ostseeküste verkaufen, obwohl die Deutschen in Sachen Windenergie selbst als technologische Weltmeister gelten. Neben diesem Achtungserfolg wird es für Hehenberger nächstes Jahr auch einen warmen Umsatzregen geben. Die Windtec wird 2006 weltweit nicht nur Beratung liefern, sondern steigt auch in die Produktion von technologischen Kernkomponenten ein, was scheinbar auf Resonanz stößt. »Wir werden damit unseren Umsatz nächstes Jahr von derzeit drei auf zehn Millionen gut verdreifachen«, sagt Windtec-Chef Hehenberger. Ein Hoffnungsmarkt für die Kärnter ist Südostasien, ihr Fokus liegt vor allem auf dem neuen Wirtschaftswunderland China. Zwar entpuppen sich die chinesischen Ingenieure auch bei Windkraft made in Austria als fleißige Technologiekopierer, aber zumindest gegenüber US-amerikanischen Unternehmen können die österreicher mit einem gewissen politischen Unbedenklichkeitsbonus aufwarten. »Das ist halt ein endloses Technologiewettrennen, wo wir vorne bleiben müssen«, so Hehenberger lapidar. Auch der Planwirtschaft der chinesischen Kommunisten kann er durchaus etwas abgewinnen. »Bei den Fünfjahresplänen weiß man wenigstens, woran man ist. Die Mittel dafür werden auch gleich sicher gestellt«, so der CEO.
Politische Erdrosselung
Ebenfalls fein im Exportgeschäft ist der Vorarlberger Solarspezialist stromaufwärts Photovoltaik. Zielmärkte sind vor allem die nahe Schweiz, Spanien, Italien oder Deutschland. Auch die Rankweiler spüren den rauen Wind der Globalisierung. Billige Solarzellen-Siliziumtechnologie aus China überschwemmt gerade den Markt. Das ficht stromaufwärts-Vertriebschef Jörg Potzinger freilich noch vergleichsweise wenig an: »Die Chinesen produzieren halt billig. Aber es gibt dafür kaum Zertifikate oder Garantieleistungen, die unseren Standards entsprechen.« In Rage gerät Potzinger jedoch, wenn er über die angeblichen Segnungen der heimischen Umweltpolitik sinniert: »Den Inlandsmarkt hat man bundespolitisch über Nacht erdrosselt.« Sauer ist Potzinger auf den Umweltminister und Bauern Pröll, der unverhohlen die Biomasselobby pushe. Aber auch auf die Vorgänger Prölls, die »den innerösterreichischen Solarmarkt am 1.1.2003 getötet haben«. Der Hintergrund: Die heimische Solarförderung wurde damals auf 15 Megawatt gedeckelt, ein mickriges Kontingent, das bereits wenige Werktage nach Inkrafttreten ausgeschöpft war. »Was wir über fünf Jahren gedeckelt bekommen, errichten die Deutschen in einer Woche«, empört sich Potzinger, der durch diese Sparmaßnahme österreichweit einen Verlust von gut 2000 Arbeitsplätzen - vor allem bei Elektroinstallateuren und diversen Subdienstleistern - ortet.
Da der Inlandsmarkt faktisch zusammengebrochen sei, liege das Umsatzheil der Vorarlberger zwangsläufig im Export. Die Kostenkurve für Solarenergie zeigt dank verbesserten Wirkungsgraden und effizienter Massenproduktion seit Jahren dramatisch nach unten. Mit billigem AKW- oder Industriestrom können alternative Technologien ohne staatliche Förderung aber noch lange nicht konkurrieren. Das ist jedoch möglicherweise eine Milchmädchenrechnung, wie sie nicht nur der Photovoltaik-Spezialist Potzinger diagnostiziert. »Wer rechnet schon die Opportunitätskosten von Atomstrom oder fossiler Energie ehrlich in eine volkswirtschaftliche Gesamtrechnung ein? Das würde alle Bilanzen und jegliche Steuerrechnung komplett umkrempeln«, sagt auch Stefan Gara, CEO und Gesellschafter des Consulters ETA Umweltmanagement GmbH. Einschlägige Großprojekte hätten zwar einen temporär spürbaren Arbeitsplatzeffekt, an der tatsächlichen Nachhaltigkeit sei jedoch zu zweifeln. Ob der herrschende Modus Vivendi vernünftig ist, sei dahingestellt. Zumindest schaffen die heimischen Exportbetriebe messbare Arbeitsplätze und Einkommen, wie das WIFO feststellt. Die derzeit 331 erfassten Umwelttechnologie-Unternehmen rekrutieren sich österreichtypisch hauptsächlich aus KMU, die gleichzeitig auch für den Löwenanteil des positiven Beschäftigungseffektes stehen. Während andere Branchen stagnieren oder massiv abbauen, haben die Umwelttechnologen ihren Mitarbeiterstand in den letzten zehn Jahren beinahe verdoppelt. Dabei sind nicht noch einmal Sekundärjobs wie Consulting oder Zusatzdienstleitungen aus dem Gewerbe berücksichtigt.
Suche nach Märkten
Auch die ETA Umweltmanagementconsulter sind wie die Kollegen aus der Wind- oder Solarbranche auf der Suche nach neuen Märkten. Auch sie werden dort fündig, wo man es kaum vermutet. ETA-Geschäftsührer Stefan Gara hat beispielsweise auch Orchideenmärkte wie Uganda, äthiopien oder Costa Rica im Visier. Der Fremdartigkeits- und der Abenteuerfaktor sind hoch, werden aber scheinbar belohnt. »Die Rentabilität ist größer als in österreich oder den EU15«, sagt Gara. Darüber hinaus haben diese Länder für ihn einen mentalen Turbofaktor. Entwicklung und Umweltschutz seien dort enger verzahnt als hierzulande, auch wenn WTO - und im Gefolge die internationalen Konzerne - bisweilen dazwischenschießen. Auch dass Banalitäten das Leben österreichischer Exporteure schwer machen können, zeigt die ETA. Nicht nur, dass der Name an die baskische Separatistenbewegung gemahnt, zu allem überdruss heißt das offizielle Medienorgan der Spanienbomber im Original auch noch »Gara«. Ein unglücklicher Umstand, der für den ETA-Manager Stefan Gara Einreisekontrollen bisweilen zur Qual macht.Der Hauptmarkt - und gleichzeitig aktuelle Triebfeder für die heimische Industrie - spielt sich bei den Umwelttechnologien mit rund 75 % bei den EU15 und dem heimischen Markt ab. Noch - denn der Markt bei den Ost-Newcomern wächst beständig und rasant. Vor allem südosteuropäische Märkte wie Rumänien, Bulgarien oder selbst das kleine Albanien melden vermehrt Bedarf an österreichischer Umwelttechnologie an. Ein Phänomen, das sich zwischen Brüssel und Wien breit macht, ist die mangelnde Investitionsbereitschaft der Staaten. Brüssel streicht angesichts der unfinanzierbaren Straßenbaumilliarden im Osten nicht nur gerne an Bahnvorhaben, sondern gleich auch an Alternativenergien herum. »Wer dort reüssieren will, muss die Finanzierung meist mitbringen«, so WKO-Mann-Steinsberg. Brüssel diktiert also im Osten mangels Liquidität und politischer Vision so etwas wie »kein Geld, keine Musik«. Und die österreichische Politik trabt brav dahinter her, auch wenn der Blondschopf der Außenministerin atemberaubend ist. Die Realität bleibt jenseits aller Politlegenden scheinbar so, wie sie immer war. Die Macht schafft Wirklichkeit. Auch wenn Arbeitsplätze und Wohlstand woanders entstehen.