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Zentralbahnhof

Erst Ende November schafften es die öBB wieder einmal prominent in die Abendnachrichten. Personenverkehrschefin Hermine Goldmann ließ ihrem Frust freien Lauf und beklagte öffentlich die »dramatische wirtschaftliche Situation« ihres Unternehmensbereichs. Selbst das Unwort von Konkursgefahr geisterte durch die Medien. Inhaltlich sind Goldmanns äußerungen nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Sie sitzt dank Cargo-Fan Helmut Draxler und dem vergoldeten Kurzzeitengagement des Tramwayspezialisten Rüdiger vorm Walde auf einem fast schon historischen Zugmaterial. Rollendes Altmetall sozusagen, wie Kritiker ätzen. Gleichzeitig sind die Kassen klamm. In einer Art Doppelnelson steigen die Infrastrukturbenützungsentgelte, während die gemeinwirtschaftlichen Leistungen seit zehn Jahren stagnieren. Wie ernst die Lage trotz den darauf folgenden Beschwichtigungsversuchen tatsächlich ist, zeigte erst die jüngste Aufsichtsratssitzung des Personenverkehrs, in der entgegen dem Plan kein Budget zusammengebracht wurde. Womit gleichzeitig auch Holding-Finanzer Erich Söllinger auf einem Zahlenstückwerk sitzt. Ein pikantes Detail am Rande: Personenverkehrsaufsichtsratsboss Fredmund Malik war nicht nur wegen der zerplatzten Budgetträume gallig, sondern auch darüber, dass Goldmanns Co-Vorstand Stefan Wehinger trotz der absehbaren Turbulenzen kurz vor dieser heißen Sitzung noch unbekümmert ein paar Urlaubstage einschob. Die Konzernkommunikation hat dank des politischen Kleingelds, das mit den öBB besonders gerne gemünzt wird, sowieso alle Hände voll zu tun, um die Bahn aus den Schlagzeilen zu halten. Bedient dann ein Bereichsvorstand die Medien gleich selbst noch mit offiziellen Negativsagern, dann ist das ein kleines Waterloo. Mit solchen Ausritten soll künftig Schluss sein. Wie der resolute öBB-General Martin Huber bereits Stunden nach den Goldmann’schen Sagern ankündigte, wandert die Kommunikation zukünftig zurück in die Holding. Ein Termin dafür steht schon fest. Nach Recherchen des Report Plus wird die Redelust der Bereichsvorstände bereits ab ersten Jänner eingebremst. Doch bei dieser Maßnahme alleine soll es nicht bleiben. Auch darüber hinaus lässt der Holding-Chef aufhorchen.

Mühsame Rückholung
»Dort, wo es Sinn macht, werden wir auch zentrale Themen wie IT oder Treasury in der Holding ansiedeln«, sagt öBB-General Huber. An die kurze Leine werden nicht nur rote Vorstände wie Goldmann oder Cargo-Chef Gustav Poschaloko gelegt. Woher der neue Wind weht, werden auch die anderen Vorstände zu spüren bekommen. Betriebs-AG-Chef Alfred Zimmermann beispielsweise weigerte sich bislang beharrlich, aus seinem personell gut bestückten Bereich ein größeres Mitarbeiterkontingent an Töchter wie die Bau AG abzugeben, die händeringend schon am freien Markt nach Personal suchen. »Wenn es notwendig ist, werde ich alle Kollegen zurückpfeifen. Die Fakten sind gesetzt«, so Huber lapidar. Ein Spaziergang wird die Rezentralisierung freilich nicht. In der Schublade von Aufsichtsratschef Wolfgang Reithofer liegt schon ein Rechtsgutachten, das den steinigen Weg ebnen soll. Zu planieren sind einige Geburtsfehler, die der öBB-Neu schon in die Wiege gelegt wurden. Zwar schrumpfte durch die Aufteilung - zumindest unter formalen Gesichtspunkten - ganz nach Plan die Machtfülle des kämpferischen Gewerkschafters Willi Haberzettl. Aber auch Holding-Chef Huber ist bislang so etwas wie ein Kaiser ohne Land. Das rigide Aktienrecht und das zahnlos formulierte Bundesbahnstrukturgesetz aus 2003 geben der Holding gegenüber den Töchtern lediglich ein subsidiäres und damit eher symbolisches Durchgriffsrecht. Der langfristige Rückbau zu einer straff und zentral geführten öBB - flankiert von den notwendigen legistischen Maßnahmen - dürfte bereits eine ausgemachte Sache sein. »Darüber ist man sich über Partei- und Interessengrenzen hinweg so gut wie einig«, hört man selbst aus regierungsnahen Kreisen. Der hoch offizielle Umbau wird aber bis nach der Wahl warten müssen. Alles andere wäre ein Eingeständnis des Scheiterns. Bis dahin muss Bahn-Boss Huber aber noch um Mitsprache und direkte Informationen kämpfen. Wie der Flurfunk des Finanzministeriums vermeldet, gaben sich Karl-Heinz Grasser und Tempobolzer Hubert Gorbach jüngst zum brisanten Thema Infrastrukturfinanzierung ein nur wenig amikales Stelldichein. Holding-General Huber, der die ministeriellen Beschlüsse letztendlich exerzieren darf, war dazu freilich nicht eingeladen.

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