Tipps für Führungskräfte
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Wie Führungskräfte verhindern können, dass sie selbst oder ihre Mitarbeiter ausbrennen.
Und wie sie sich verhalten sollten, wenn Mitarbeiter Burnout-Symptome zeigen. Tipps von Führungskräftetrainer Joachim Simon.
(+) plus: Warum kämpfen heute mehr Männer und Frauen als früher mit einem Burnout?
Joachim Simon: Die Ursachen, warum mehr Menschen in einen Zustand emotionaler Erschöpfung mit reduzierter Leistungsfähigkeit geraten, sind vielfältig. Eine Ursache ist die veränderte Arbeitswelt. So dominiert heute zum Beispiel in vielen Bereichen eine komplexe Projektarbeit mit vielen, häufig unvorhersehbaren Risiken. Diese Unvorhersehbarkeit kann ein Gefühl von Ohnmacht auslösen. Daneben gibt es gesellschaftliche Gründe.
(+) plus: Welche gesellschaftlichen Gründe sind das?
Simon: Zum Beispiel die steigende Zahl der Kleinstfamilien und Singlehaushalte. Vielen Menschen fehlen heute private Unterstützer, die sie in Stresssituationen entlasten.
(+) plus: Sind Führungskräfte stärker als »normale« Mitarbeiter von einem Burnout bedroht?
Simon: Ja und nein. Die meisten Führungskräfte befinden sich in einer Sandwichposition, in der sie von vielen Seiten mit Erwartungen konfrontiert werden. Das erhöht ihren Arbeitsdruck. Zudem haben sie in der Regel mehr und komplexere Aufgaben als Fachkräfte. Zugleich haben aber gerade Männer und Frauen in gehobenen Führungspositionen im Laufe ihrer beruflichen Biografie meist Strategien entwickelt, um mit Stress konstruktiv umzugehen. Sie sagen bei Misserfolgen zum Beispiel: »Okay, es hat zwar nicht geklappt, aber ich habe mein Bestes gegeben.« Der Misserfolg nagt also nicht an ihrem Selbstwertgefühl. Sie behalten eine positive innere Einstellung. Das beugt dem Gefühl eines Überfordertseins vor.
(+) plus: Wie kann man nun einem Burnout vorbeugen?
Simon: Wichtig ist es, darauf zu achten, dass man sich nicht wie ein Hamster im Laufrad dreht und sich das Gefühl verdichtet: Egal, wie sehr ich mich anstrenge, ich schaffe es nicht mehr. Das heißt, wichtig ist es, bildhaft gesprochen, immer mal wieder den Fuß vom Gas zu nehmen und zu reflektieren: Wie bin ich eigentlich unterwegs? Hetze ich nur noch durchs Leben? Was will ich und was tue ich denn eigentlich? Wichtig ist zudem, sich körperlich fit zu halten. Und dann sollte man natürlich auch aktiv werden und an der Situation sowie der eigenen inneren Einstellung arbeiten. Hierbei kann ein Coaching helfen.
(+) plus: Was sind die Symptome für ein Burnout?
Simon: Vom Burnout betroffen sind meist Menschen, die sich überdurchschnittlich stark mit ihren Aufgaben identifizieren und diese sehr gewissenhaft erfüllen möchten. Deshalb haben sie irgendwann das Gefühl »Alles wird mir zu viel«. Ein erstes Warnzeichen ist, wenn Personen pausenlos arbeiten und dabei zunehmend einen gehetzten, verwirrten und frustrierten Eindruck machen. Ebenfalls ein Warnsignal ist, wenn Personen sich sozial isolieren. Ein weiteres Alarmsignal ist, wenn Mitarbeiter zunehmend über Erschöpfung, mangelnde Konzentrationsfähigkeit sowie Angstzustände klagen oder verstärkt zu solchen »Helfern«wie Alkohol und Tabletten greifen.
(+) plus: Welchen Führungsstil sollte ein Chef wählen, damit seine Mitarbeiter nicht ausbrennen?
Simon: Führungskräfte sollten ihre Mitarbeiter zwar fordern, aber nicht überfordern. Wann ein Mitarbeiter sich überfordert fühlt, hängt aber von vielen Faktoren ab – zum Beispiel seinem Können und seiner Erfahrung, seiner Gesundheit und körperlichen Verfassung, seinem Selbstwertgefühl und Gefühl, respektiert zu sein. Entsprechend wichtig ist es, dass Führungskräfte sich bewusst Zeit für ihre Mitarbeiter nehmen. Zeit, um ihnen zu erklären, warum ihre Aufgaben wichtig sind, Zeit, um ihnen die erforderliche Unterstützung zu gewähren, Zeit, um zu erkennen, wann ein Mitarbeiter überfordert ist – sei es aus rein beruflichen Gründen oder weil er gerade privat noch einige Baustellen hat. Am Arbeitsplatz sollte zudem kein Klima der Angst bestehen, bei dem die Mitarbeiter stets befürchten müssen: Wenn ich die Erwartungen nicht erfülle, stehe ich auf der Abschussliste.
(+) plus: Was sollte eine Führungskraft tun, wenn trotzdem ein Mitarbeiter Anzeichen eines drohenden Burnouts zeigt?
Simon: Das Gespräch mit dem Mitarbeiter suchen, um zu klären: Ist der Mitarbeiter zurzeit überfordert? Benötigt er Unterstützung oder Entlastung? Befindet sich ein Mitarbeiter aufgrund eines Burnouts aber etwa bereits in einem Zustand von Apathie und Depression, dann sollte professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden, denn Führungskräfte sind keine Therapeuten. Deshalb sollte sich ihr Hauptaugenmerk auf die Burnout-Prävention richten.
>> Joachim Simon ist Inhaber der Unternehmensberatung simonconsult, Braunschweig, die in ihren Seminaren Führungskräften unter anderem Strategien vermittelt, wie sie in ihrem Arbeitsalltag »brennen, ohne auszubrennen«.
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>> Die zwölf Stadien des Burnouts
> Den Begriff Burnout kennt man seit 1974, er stammt vom deutsch-amerikanischen Psychoanalytiker Herbert Freudenberger. Der von Freudenberger analysierte Verlauf der verschiedenen Stadien ist heute noch gültig:
1. Zwang, sich zu beweisen. Begeisterung und Einsatzbereitschaft werden von übertriebenem Ehrgeiz abgelöst. Eigene Grenzen und Rückschläge werden nicht mehr akzeptiert.
2. Verstärkter Einsatz. Es überwiegt der Drang, alles selbst machen zu müssen. Das Arbeitspensum wächst, man fühlt sich unentbehrlich, kann nicht mehr delegieren.
3. Vernachlässigen der eigenen Bedürfnisse. Bedürfnisse wie Essen, Pausen, Entspannung oder Ruhe treten in den Hintergrund. Soziale Kontakte werden vernachlässigt. Erste körperliche Symptome wie Verspannungen, Kopfschmerzen, Unruhe oder Verdauungsprobleme treten auf.
4. Verdrängung von Konflikten. Konflikte und Probleme werden bewusst ignoriert und verdrängt, um die Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Fehlleistungen im Job häufen sich, man wird unpünktlich oder verwechselt Termine.
5. Umdeuten von Werten. Die Prioritäten im Leben verschieben sich. Die Arbeit steht über allem, dabei sinkt die Leistungsfähigkeit aber weiter ab.
6. Verstärkte Verleugnung der aufgetretenen Probleme. Man kapselt sich von der Umwelt ab, Zynismus, Ungeduld und Intoleranz treten verstärkt auf. Die Überlastung wird verleugnet, dafür nehmen Konflikte im Umfeld zu. Soziale Kontakte werden als belastend und anstrengend empfunden.
7. Endgültiger Rückzug aus der Umwelt. Orientierungs- und Hoffnungslosigkeit treten auf. Das soziale Netz wird als feindlich erlebt. Viele flüchten in diesem Stadium in Suchtverhalten, Erstzbefriedigungen werden gesucht (Alkohol, Essen, Medikamente).
8. Deutliche Verhaltensänderungen. Die Verhaltensänderungen sind jetzt nicht mehr zu leugnen. Es dominieren Aggression, Intoleranz und eine hohe Reizbarkeit. Aufgrund von Erschöpfung kommt es zu häufigen Fehlzeiten und zu Gleichgültigkeit gegenüber der Umwelt.
9. Depersonalisation. Das Gefühl für sich selbst geht verloren. Man funktioniert nur noch wie ferngesteuert. Es kommt zu einem Wahrnehmungsverlust und zu Gefühlen der Sinnlosigkeit.
10. Innere Leere. Gefühl der Mutlosigkeit, der Leere und des inneren Abgestorbenseins. Es treten Symptome wie Angstgefühle und Panikattacken auf. Außerdem kann es zu exzessivem Suchtverhalten kommen.
11. Depression. Interesse, Initiative und Motivation sind nicht mehr vorhanden. Gefühle der Sinn- und Hoffnungslosigkeit überwiegen. Die Betroffenen haben keine Zukunftsvisionen mehr.
12. Völliges Burnout. Der Organismus versagt, und es kommt zum totalen geistigen, körperlichen und emotionalen Zusammenbruch.