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Griechenland-Bailout – nicht mal Sterbehilfe für das Land

Die FAZ schreibt zum Ergebnis der jüngsten Brüsseler Beratungen: Griechenland erhält neue Finanzhilfen über 130 Mrd. Euro, private Gläubiger verzichten im Wege eines Bond-Tauschs auf mehr als die Hälfte ihrer Forderungen. Damit sei Griechenlands Zukunft innerhalb der Eurozone und die finanzielle Stabilität des Währungsraums gesichert, sagte Eurogruppen-Vorsitzender Jean-Claude Juncker zum Abschluss der Beratungen der Finanzminister.

„Juncker“? Das ist doch der, der sagte: „Wenn es ernst wird, muss man lügen.“

Dann schaun mer mal.

Der größte Anteil der beschlossenen Hilfs-Mittel ist für die Finanzierung des Bonds-Swaps vorgesehen und dafür, die Stabilität des griechischen Bank-Systems sicher zu stellen. Reuters schreibt: „The vast majority of the funds in the 130-billion-euro program will be used to finance the bond swap and ensure Greece’s banking system remains stable; some 30 billion euros will go to “sweeteners” to get the private sector to sign up to the swap, 23 billion will go to recapitalize Greek banks. A further 35 billion or so will allow Greece to finance the buying back of the bonds. Next to nothing will go directly to help the Greek economy.“

Der griechischen Wirtschaft wird mit „next to nothing“ geholfen. Das also ist mit der Absicherung von „Griechenlands Zukunft in der Eurozone“ gemeint.

Die privaten Gläubiger Griechenlands sollen per Gesetz zu einem Forderungsverzicht gezwungen werden. Die Regierung wird dem Parlament dazu in Kürze einen Gesetzentwurf vorlegen, teilte das griechische Finanzministerium mit. Er sieht rückwirkende Umschuldungsklauseln (Collective Action Clauses) vor, mit denen eine Mehrheit der Gläubiger entscheidet, wie hoch der Forderungsverzicht ausfällt. Die nominale Abschreibung von gut 50% der griechischen Schulden entspricht rund 70% Verlust auf den gegenwärtigen Netto-Wert. Die am 20. März fällig werdende Griechenland-Anleihe (WKN A0T6US) notiert aktuell bei 36.

Mit den erwähnten und weiteren Maßnahmen (s.u.) soll per 2020 eine Schulden-Quote von 120,5% erreicht werden.

Liest man den inoffiziell bekannt gewordenen, als „strictly confidential“ eingestuften Troika-Bericht (Brüssel-Blog der FT), kann man nur zu dem Schluss kommen, den auch Eurointelligence zieht: „This report is absolutely incredible. Not only is the troika’s strategy once again based on the most optimistic of all optimistic assumptions about future state of the world. The troika no longer seems to believe in the success. The report essentially says that Greece is bankrupt under any reasonable assumptions.“ (Der Report kann hier heruntergeladen werden)

Im einzelnen: Der Bericht spricht von grundsätzlichen Spannungen zwischen den beiden Zielen des Hilfsprogramms Schuldenreduktion und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit in dem Sinne, dass die zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit benötigte Deflation unausweichlich zunächst zu einer höheren Schuldenquote führt. Je nachdem wie stark sich die verlangten Reformen verzögern, kann sich die Schuldenquote in 2015 bei bis 178% einstellen. Der Troika-Bericht rechnet mit einem Rückgang des diesjährigen BIP um optimistische 3%, realistischer aber um bis zu 4,3%. (Fachleute gehen längst von einem doppelt so hohen Wirtschaftseinbruch wie dem „best case“ der Troika aus, berichtet die FTD) Weiter: Zunächst dachte man, griechische Banken benötigen 30 Mrd. Euro an Hilfe, dann ging man von 40 Mrd. Euro, im Bericht ist von „wahrscheinlich“ 50 Mrd. Euro die Rede. Klar ist auch, dass schon 2014 weitere Mittel benötigt werden. Ursprünglich war einmal von 50 Mrd. Euro die Rede, jetzt könnten es im worst-case ab 2014 über einen längeren Zeitraum bis zu insgesamt 245 Mrd. Euro werden.

Wie sehr der Troika-Bericht selbst in seinem “downside case” noch die rosarote Brille auf hat, zeigt sich darin, dass er in 2013 von minus einem Prozent BIP-Wachstum ausgeht. Im vierten Quartal 2011 lag die Schrumpfung des BIP bei 7%. Das ist denn mal ein Turn-around!

Im Bericht wird auch über die Schwierigkeiten gesprochen, neue private Darlehensgeber für Griechenland gesprochen. Denn die sind hinsichtlich der Sicherheiten nachrangig zu den öffentlichen und privaten Gläubigern, die am Schuldenschnitt und Bond-Tausch teilgenommen haben. Damit aber schlägt jeder Rückschlag bei der Sanierung Griechenlands voll auf die öffentlichen Hände zurück.

Der Bericht weist ausführlich auf die Risiken hin, unter denen das offizielle, dem jüngsten Brüsseler Beschluss zugrunde liegende Szenario steht: Das, was jetzt beschlossen wurde, funktioniert nur, wenn wir ab sofort nur noch eitel Wirtschafts-Sonnenschein haben und es auch sonst keinerlei externe (politische) Schocks gibt.

Eigentlich kann man diesen Artikel hier beenden. Das, was die Finanzminister in Brüssel vorgeführt haben, ist bestenfalls dazu da, die europäischen Steuerzahler für dumm zu verkaufen – und zwar wider besseren Wissens. Der Griechenland-Bailout rettet die Gläubiger, für das Land selbst ist es nicht mal eine Sterbehilfe. Ach so, ist ja schon tot…

Der Vollständigkeit halber nachfolgend doch noch die übrigen, in Brüssel beschlossenen Punkte:

Es wird eine vergrößerte und permanente Präsenz der EU-Kommission in Griechenland geben. Griechenland willigt ein, drei Monate Schulden-Dienst auf ein Sperrkonto einzuzahlen. Griechenland wird in den nächsten zwei Monaten gesetzliche Vorkehrungen treffen, dass der Schuldendienst oberste Priorität hat. Gewinne der nationalen Notenbanken auf Griechenland-Bonds werden an die Mitgliedsländer transferiert. Die Zinsen für bereits geflossene Kredite werden rückwirkend reduziert. Hinzu kommen weitere Auflagen, wie Senkung des Mindestlohns, Kürzung der Renten usw.

Eine Umfrage in Griechenland zeigt, dass 77% der Griechen unter allen Umständen in der Eurozone bleiben wollen. Das ist so viel wie vor zwei Monaten auch. Fast zwei Drittel sagen, eine Koalitionsregierung sei am besten, um das Land aus der Krise zu führen. Die „Neue Demokratie“ bekommt keine absolute Mehrheit mehr und muss mit der PASOK zusammen regieren. 27% der Wähler sind aber noch unentschlossen oder wollen nicht wählen.

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