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US-Wirtschaft schleicht dahin

Die Zahl der Arbeitsplätze (non-farm) in den USA hat sich im Oktober besser entwickelt als erwartet, zudem wurden die Werte für September und August aufwärts revidiert. Im Jahresvergleich entstanden nur 1,4% mehr neue Arbeitsplätze, das ist der niedrigste Zuwachs seit August 2011.

Die gesamte Lohnentwicklung im privaten Sektor liegt mit auf das Jahr gesehen plus drei Prozent im Rahmen der Erwartungen. Die Löhne im Fertigungsbereich liegen im Oktober 3,5% höher als im Vorjahr. Vor Eintritt der jüngsten drei Rezessionen lag dieser Wert bei vier Prozent.

Der ISM-Index bewegt sich im Oktober mit 48,30 den dritten Monat in Folge im Kontraktionsbereich, hat sich aber gegenüber September leicht verbessert. Der Sub-Index der Preise zeigt mit einem Abschlag von 4,2 gegenüber dem Vormonat auf jetzt 45,5 auffallende Schwäche. Der Sub-Index der neuen Aufträge verbesserte sich leicht, bleibt aber mit 49,1 in Kontraktion. Der Auftragsbestand nimmt den sechsten Monat in Folge ab. Aus dem Rahmen allgemein nachlassender Fertigungs-Aktivitäten fällt der Sub-Index für Export-Aufträge heraus – er steigt im Oktober um 9,4 auf 50,4.

Die erste Schätzung des US-BIPs für das dritte Quartal ergibt einen annualisierten Zuwachs von 1,93% nach +2,01% in Q2 und +3,09% in Q1. Die Verbraucherseite (Waren und Dienstleistungen) trägt 1,93% zum Wachstum bei. Investitionen leisten mit –0,22% nach -0,25% im Vorquartal das zweite Quartal in Folge einen negativen Beitrag. Die Veränderung bei den Lagerbeständen belastet das BIP-Wachstum mit –0,05% nach –0,95% in Q2 (Chartquelle).

Der aus Wochenarbeitszeit und Gesamtzahl der Arbeitsplätze gebildete Echt-Zeit-Indikator für das reale BIP der USA lässt für die kommenden Quartale eine weiterhin gedämpfte Entwicklung erwarten. Dabei ergäbe sich auf Basis lediglich der Beschäftigung im Fertigungsbereich sogar ein Null-Wachstum. Auf Basis der Gesamt-Beschäftigung (also auch unter Einbeziehung des Servicebereichs) scheint sich das Wachstum in der Niedrigzone der zurückliegenden acht Jahre zu stabilisieren, was einem jährlichen BIP-Zuwachs von 1,3%/1,4% entspricht (Chartquelle).

Der Verlauf der US-Industrieproduktion zeigt im September mit –0,14% zum ersten Mal seit November 2016 wieder einen negativen Jahreszuwachs. Seinerzeit war der Index mehr als ein Jahr lang geschrumpft, wobei der schlechteste Wert im Februar 2016 erreicht wurde.

Es liegt auf der Hand: Die US-Wirtschaft befindet sich in einem Abschwung. Die Reibungsverluste kommen wie in der Phase zwischen Mitte 2015 und Frühjahr 2016 von der Instrieproduktion her. Davor, in 2013, gab es ebenfalls eine Phase mit deutlichen Reibungsverlusten in der Wirtschaft, die seinerzeit aber von einer schwachen Entwicklung des verfügbaren Einkommens ausging. Der folgende Chart verdeutlich dies: Der aus verschiedenen Makro-Reihen gebildete Diffusionsindex (rote Linie am unteren Rand) zeigt mit Werten unter 50 Kontraktion, wobei die Ursache für die jeweiligen Reibungsverluste bei den darüber abgebildeten wechselseitigen Korrelationen der Makroindices deutlich wird.

Interessant ist die Reaktion des S&P 500 in beiden Episoden: Im Jahre 2013 stieg der Aktien-Index um rund 30%, in der Zeit zwischen Jahresmitte 2015 und Februar 2016 hat der S&P 500 in der Spitze etwa 15% verloren.

Momentan spielen die Akteure an den Finanzmärkten das Szenario, dass die Schwäche der konjunkturellen Entwicklung schnell vorübergeht. Als Aufhänger für diese Hoffnung dient dabei, wie sollte es anders sein, die Erwartung einer Lösung im Handelsstreit USA-VR China. Mittlerweile rechnet kaum jemand mehr mit einer umfassenden Beilegung der Kontroverse, die US-Regierung spricht, wie hier seit längerem erwartet, nur noch von einer „Phase eins“. Schon ein solcher, zum Wegfall der meisten in den zurückliegenden 15 Monaten geschaffenen Strafzölle führender, Mini-Kompromiss würde als Signal für einen neuen Schub in der Weltwirtschaft interpretiert. Und da möchte doch jeder gerne mit seinen Assets dabei sein…

Die Fed haut im Grunde genommen in dieselbe Kerbe: Sie hat die Leitzinsen am zurückliegenden Mittwoch zum dritten Mal in diesem Jahr um 0,25% auf den Bereich zwischen 1,50% und 1,75% gesenkt. Das war auch weithin so erwartet worden. Gleichzeitig hat sie signalisiert, dass weitere Zinsschnitte nun zunächst nicht anstehen, es sei denn, die Wirtschaft entwickele sich anders als prognostiziert. Das hört doch jeder gerne…

Fed-Chef Powell sagte noch etwas sehr bemerkenswertes: „I think we would need to see a really significant move up in inflation that’s persistent before we even consider raising rates to address inflation concerns.“ (h/t Lance Roberts) Damit fleht er förmlich eine feurige Inflation herbei und wenn sie dann vielleicht tatsächlich kommt und anhält, wird nicht sofort gegengesteuert, sondern erst (lange) darüber nachgedacht…

Die Rendite-Spreads zwischen den zehnjährigen TNotes und den dreimonatigen, bzw. den einjährigen TBills hatten Anfang Oktober ihre Inversion beendet und damit angezeigt, dass die Akteure an den Märkten für Festverzinsliches eine Verbesserung des wirtschaftlichen Umfeldes sehen. Man kann argumentieren, dass die Episode der Inversion vergleichen mit anderen vor-Rezessionsphasen mit vier, bzw. mit zwei Monaten zu kurz war und deswegen als Omen für eine heraufziehende Rezession nicht taugt (üblich sind acht bis zwölf Monate). Ich würde dagegen halten: Die wirtschaftliche Verfassung ist angesichts der hohen Verschuldung, der lediglich moderaten Wachstumsraten und der verhaltenen Preisentwicklung so fragil, dass schon geringere Erschütterungen zur Destabilisierung reichen. Der eventuell mögliche positive Impuls aus einem Kompromiss im Handelsstreit wird daran nichts Grundsätzliches ändern, so wie auch die Belastung aus den Strafzöllen nicht die eigentliche Ursache für die aktuelle Wachstumsschwäche ist (Chartquelle).

Gut möglich, dass das Goldilocks-Szenario verhaltener Preisentwicklung und moderaten Wachstums noch eine zeitlang gespielt werden, zumal jetzt eine saisonal starke Phase an den Aktienmärkten ansteht. Gut möglich weiterhin, dass man die Hoffnung auf einen Kompromiss im Handelsstreit noch eine zeitlang ausdehnt mit immer neuen „hin-und-her“-Meldungen. Irgendwann innerhalb der nächsten zwei, drei Monate kommt jedoch der Punkt, wo entweder klar wird, dass es nicht einmal einen Mini-Kompromiss geben wird (weniger wahrscheinlich) oder wo ebendieser in trockenen Tüchern ist. Und dann heißt es entweder „die Welt geht unter“ (weniger wahrscheinlich…) oder „sell the news“. Die Wirkung auf die Richtung der Entwicklung der Aktienkurse dürfte dieselbe sein.

Abgesehen von dem auf Sicht der nächsten paar Wochen für Aktien eher bullischen Bias dürfte es gelegentlich zu in bullischen Bewegungen üblichen kurzen Rücksetzern kommen – im Handelsstreit-Kontext dirigiert von entsprechendem Gezwitscher. Aktuell dürften Aktienkurse aus verschiedenen technischen Aspekten heraus anfällig sein für einen temporären Rückschlag – siehe hier.

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