Während die Kurse sich nach oben beschleunigen, zeigt das Verhältnis der auf steigende und fallende Aktien Volumina seit Mitte Dezember Tempoverlust, zu erkennen an der sich abflachenden türkisen Linie. Die Indikation ist zudem jetzt in Distribution gekippt. Aus dieser Auswertung ergibt sich, dass kurzfristig die Luft für weitere Kursanstige sehr dünn geworden ist. Die Wahrscheinlichkeit einer mehr oder weniger scharfen Korrektur ist hoch.
Übergeordnet ist das Bild noch nicht so “gestresst”. Das aktuelle Volumenverhältnis liegt 8% unter dem jüngsten lokalen Hoch von Anfang August 2016. Bezogen auf das Rekordhoch seit 2008, erreicht Anfang August 2009, liegt das aktuelle Volumenverhältnis etwa 18% tiefer. „Stunde Null“ der Volumenverteilung war Anfang November 2008.
Im August 2016, nach dem jüngsten lokalen Maximum bei der Volumenverteilung, kippte der S&P 500 von 2185 aus in zwei Etappen auf knapp 2090 (per Anfang November 2016) ab, also um rund 5%. Zuvor war er seit Anfang Juli 2016 um gut neun Prozent angestiegen. Der jüngste beschleunigte Anstieg seit Mitte Dezember 2017, so spektakulär er sich auch anfühlt, brachte einen Kursgewinn von lediglich gut sieben Prozent.
Die Auswertung der fraktalen Oszillatoren zeigt einerseits ein stark überzogen expansives Bild, andererseits ebenfalls Tempoverlust („nt“ im Chart). Die Linearität liegt bei sehr hohen 81%, 76% der Kursmuster entfallen auf Expansion. Lineare Merkmale bei der „Kursmechanik“ überwiegen, aber seit Mitte Januar gewinnen zyklische Kursmuster an Bedeutung, die eher normalem Marktverhalten entsprechen. Auch von hier aus erscheint noch kurzfristiges Restpotenzial auf der Expansionsseite möglich. Aber wetten würde ich darauf nicht.
Treiber der bullischen Herde war (und ist noch) die Trumpsche Steuerreform, die Ende 2017 Gesetz wurde. Hier wird erwartet, dass sie die Unternehmensgewinne in 2018 um etwa neun Prozent ansteigen lässt. Auch der Verlauf der Quartalssaison half bis jetzt – für das vierte Quartal 2017 wird eine Steigerung der Unternehmengewinne im S&P 500 um jetzt 13,2% erwartet. Die Zahlen besonders von Energiefirmen konnten von steigenden Ölpreisen profitieren. Nichtsdestotrotz hat das Shiller-KGV mittlerweile fast 35 erreicht – nur 2000 war es mit 44 höher, 1929 kam es auf 30.
Viel wird bei den Wirkungen der Steuerreform darauf gewettet, dass repatriierte Auslandsgewinne zu verstärkten Aktienrückkäufen und zu ansteigender M&A-Aktivität führt. Natürlich will sich jeder gerne seine Aktien (zu einem höheren Kurs als heute) abkaufen lassen, deshalb wird jetzt nicht verkauft. Die großen Tech-Firmen, deren Kursentwicklung die Aktienentwicklung insgesamt in den zurückliegenden 18 Monaten stark geprägt hat, sind da besonders im Fokus. Mit starken Aktienrückkäufen könnte das KGV wieder in normalere Regionen laufen, so eine weitere Hoffnung. Die große Unbekannte dabei ist, wie viel von den Auslandsgewinnen in „cash“ oder aber in US-Assets wie Aktien und Anleihen, auch „sicheren“ Staatsanleihen, investiert ist.
Viel ist von den „Segnungen“ der Trumpschen Politik in den Kursen eingepreist. Das lässt den S&P 500 nun 13% über seiner EMA200 zu notieren, mit Abstand der höchste Wert seit mindestens 2004. Man kann es drehen und wenden, wie man will, alles in allem ergibt sich eine starke Überdehnung der Aktienkurse. Das macht anfällig schon gegen „nicht so gute“ Nachrichten.
Der US-Finanzminister hat kürzlich die Dollar-Schwäche begrüßt, sie würde US-Multis im internationalen Wettbewerb helfen. Natürlich verschafft ihnen das Extraprofite, sie nutzt auch denjenigen, die in Dollar verschuldet sind, wie etwa vielen Emerging Markets. Andererseits treibt ein schwächer werdender Dollar die Rohstoffpreise global an, das stärkt inflationäre Bewegungen insgesamt. Besonders betroffen sind davon die USA, deren ohnehin schon vergleichsweise hohe Inflationsrate durch importiertte Pressteigerungen noch beschleunigt wird. Das mag zwar Aktionäre über Inflationsillusion noch eine zeitlang beglücken, aber wenn die Illusionsblase erst einmal platzt, wird es nicht lustig.
Aufgrund von solchen Inflations-Aussichten und Dollar-Schwäche steigen die US-Renditen. Die für zehnjährige Staatsanleihen steigt seit Herbst synchron mit dem sinkenden Dollar, was einen Zusammenhang nahelegt. Der dürfte darin bestehen, dass Ausländer sich von solchen Papieren verabschieden, um sich vor sinkenden Anleihe-Kursen und zusätzlicher Abwertung durch die Dollarschwäche zu schützen. Auf der Verkäuferseite könnte China stehen, möglicherweise auch US-Multis, die ihre Auslandsgewinne in US-Treasurys angelegt haben. Verkäufe von Ausländern drücken den Dollar-Außenwert – hier entsteht leicht ein sich selbst antreibender Teufelskreis.
Da die Bondblase zugleich die größte und verletztlichste der seit 2008 gezüchteten Blasen ist, muss hier besonders genau hingeschaut werden. Die Rendite der zehnjährigen TNotes hat mittlerweile eine seit Mitte der 1980er Jahre bestehende Abwärtslinie überschritten und den wichtigen statischen Pegel von 2,6% erreicht. Oberhalb von drei Prozent müsste man davon ausgehen, dass ein Doppelboden bei 1,4%, gebildet von den Tiefs im Juli 2012 und im August 2016, bestätigt würde, was ein rechnerisches Kursziel von 4,6% auslösen würde.
Die Fed wird dabei nicht tatenlos zusehen können, zumal die US-Regierung neue Schulden machen muss – ihre Haushaltslage ist aktuell angespannt, einen kurzen Regierungs-Shutdown hat es schon gegeben. Und die Steuerreform führt auf jeden Fall zunächst zu Einnahmeausfällen. Inwieweit diese durch eine weitere wirtschaftliche Belebung wieder kompensiert werden, steht auf einem ganz anderen Blatt – ich glaube nicht, dass das letztlich geschehen wird. Also wird die Fed recht bald auf die eine oder andere „innovative“ Art und Weise für Gegendruck bei den Zinsen sorgen. Und wenn das nicht hilft?
Der folgende Chart zeigt den Zusammenhang zwischen Zinsentwicklung, Verlauf des S&P 500 und einem zusammengefassten Makroindikator. Immer wenn dieser Makroindikator Schwäche zeigte, wenn TNote-Rendite gleichzeitig Stärke aufwies, kam es größeren Korrekturen beim S&P 500. Aktuell könnte sich wieder ein solches Bild entwickeln (Chartquelle).
Die jüngste BIP-Entwicklung in den USA hat mit einem annualisierten Anstieg im vierten Quartal um lediglich 2,5% enttäuscht. Erwartet wurden etwa 3%. Der Zuwachs lag damit um 0,6% unter dem Wert aus dem Vorquartal. Positiv ist, dass der Betrag des privaten Verbrauchs zum Wachstum im Vergleich zum Vorquartal deutlich gestiegen ist, wie auch der der Investitionen. Die im Q3 aufgebauten Lagerbestände wurden abgebaut und haben die BIP-Entwicklung entsprechend belastet. Ohne diesen Einfluss wäre das BIP um 3,2% (Q3: +2,4%) gestiegen. Der Außenbeitrag belastete die BIP-Entwicklung in Q4, die Importe stiegen viel stärker als die Exporte (Chartquelle).
Es handelt sich um die erste Schätzung, daher sollte man das Ergebnis mit Bedacht nehmen. Es wird insbesondere weiter auf die Investitionstätigkeit ankommen, ob die US-Wirtschaft die drei Prozent Wachstum nachhaltig wird erreichen können, die Trump als Ziel vorgibt. Der „Real-Time-BIP-Indikator“ aus dem Produkt der Zahl der Arbeitsplätze und der geleisteten Wochenstunden zeigt seit Sommer 2016 einen Aufwärtstrend. Auch seine nominale Version unter Berücksichtigung der Löhne zeigt keine Schwäche.
So lange dieses Makro-Bild nicht abkippt, würde ich noch nicht davon ausgehen, dass eine Korrektur bei US-Aktien in eine anhaltende Kurs-Baisse mündet. Wenn da nicht die Renditen wären… Sollten die explodieren, würde auch die Realwirtschaft sehr schnell kollabieren.
Die US-Aktienkurse sind stark überdehnt, sie laufen in eine Fahnenstange. Das macht anfällt schon für nicht ganz so gute Nachrichten. Eine Korrektur dürfte sehr bald auf der Tagesordnung stehen. Allerdings hat das “Smart Money” noch sehr viel Material abzugeben, so dass es weniger wahrscheinlich ist, dass eine Korrektur unmittelbar in eine Baisse mündet. Auch von der Makroseite besteht noch kein Anlass zu der Annahme, das Wachstum der US-Wirtschaft habe seinen Zenith bereits überschritten. Besonderes Augenmerk muß auf die Renditeentwicklung gelegt werden, sie könnte die größte aller Blasen “anpieksen” – mit möglicherweise verhehrenden Konsequenzen.