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Bargeldverbot – die nächste Phase

In Zusammenhang mit dem Vorstoß der deutschen Regierung, Bargeldgeschäfte auf maximal 5000 Euro zu beschränken, hat Finanzminister Schäuble kürzlich erklärt, es ginge nicht darum, Bargeld insgesamt zurückzudrängen. Genau deshalb wird es jetzt ernst – der „war on cash“ geht in eine neue Runde.

Schon länger wird auf die Gefahren hingewiesen, die angeblich mit Bargeld verknüpft sind. So soll Bargeld Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung und, natürlich, Terrorismus fördern. Seit den Anschlägen vom September 2001 muss der Terrorismus für alles herhalten, was mit der Kontrolle und Einschränkung der demokratischen Rechte der Bürger zu tun hat.

Prof. Schneider von der Universität Linz (siehe hier!) hat sich intensiv mit dem Thema Schattenwirtschaft beschäftigt. Er sagte im Interview mit dem Radiosender HR2 am 9. Februar, die Verbindung zwischen Bargeld und Schattenwirtschaft zu ziehen, sei zwar gut fürs Fernsehen und vermittele den Bürgern den Eindruck, die Politik tue etwas. Aber nach seinen Forschungen würde durch die Zurückdrängung des Bargeldes nur ein sehr kleiner Teil der Schattenwirtschaft ausgetrocknet. Er nannte Zahlen von um die 3%. Zum Thema Terrorismus merkte er an, dass bei Anschlägen wie etwa denen zuletzt in Paris Bargeld sowieso keine große Rolle spiele und schätzte den finanziellen Aufwand auf rund 20.000 Euro. Darüber hinaus betonte er, dass die internationale Kriminalität sowieso längst andere Mittel und Wege gefunden hat, als mit Koffern voller Bargeld durch die Gegend zu laufen.

 

Schneider war es ein Anliegen, am Schluss des Interviews anzumerken, Bargeld sei der letzte große Hort der Privatsphäre der Bürger. Bargeld erlaube dem Bürger, mit seinem Geld frei irgendeiner Kontrolle und Nachvollziehbarkeit so umzugehen, wie er es möchte. Und genau darum geht es: Der Staatsapparat macht sich daran, seinen Bürgern genau diesen letzten Hort finanzieller Freiheit wegzunehmen. Es ist nicht das Thema, mich hier und jetzt und immer der Kontrolle des Staates zu entziehen. Freiheit, die ich meine, ist, dass ich jederzeit die Möglichkeit habe, dies zu tun, wenn und so lange ich, der Eigentümer dieses Geldes, das so möchte.

 

Die Freiheit des Einzelnen ist die Grundlage unserer Gesellschaft. Diese ist mittlerweile schon beschnitten genug. Mit den gläsernen Konten hat der Angriff auf die finanzielle Freiheit begonnen, mit der Einschränkung der Bargeldgeschäfte geht es weiter, mit dem Bargeldverbot fällt die letzte, wesentliche Bastion der persönlichen finanziellen Freiheit.

 

„Geld ist geprägte Freiheit,“ sagte Fjodor Michailowitsch Dostojewski. Und der im vergangenen Jahr gestorbene Chefökonomen der UBS, Andreas Höfert: “Ein vollelektronisches Geldsystem – völlig transparent, ohne jeglichen Schutz der Privatsphäre bei Transaktionen und mit dem ständigen Risiko einer Enteignung durch den Staat – bedeutet, dass Geld kein privates Eigentum mehr sein wird. Der Weg in die Hölle ist mit guten Absichten gepflastert.”

 

Zu den Befürwortern der Bargeldabschaffung zählt der Wirtschaftsweise Peter Bofinger. Er erntete für sein Plädoyer im Mai 2015 einen Shi...-Storm, woraufhin er seinen Vorschlag relativierte. Der frühere US-Finanzminister Larry Summers hat im Herbst 2013 den radikalsten Vorschlag im „War on Cash“ gemacht, als er seine These von der säkularen Stagnation aufstellte.

 

Warum das alles? Warum wird die Einschränkung demokratischer Rechte in dieser Form betrieben?
Die nach 2008 eingeleiteten QE-Maßnahmen haben als geldpolitische Dauerimpulse nur erreicht, dass das Loch, was die Finanzkrise in der Realwirtschaft gerissen hat, aufgefüllt wurde. Darüber hinaus konnte kein bedeutendes Wirtschaftswachstum initiiert werden, statt dessen wurden neue Blasen gezüchtet – und das auf Basis sowieso schon viel zu hoher Verschuldungsniveaus. Das unterscheidet die aktuelle Situation von früheren konjunkturzyklischen Endphasen und macht sie so gefährlich depressionsanfällig.

 

Es steht zu befürchten, dass immer mehr Zentralbanken auf einen anhaltenden wirtschaftlichen Abschwung demnächst mit der Einführung negativer Zinsen anworten werden. Negative Zinsen sollen endlich die Kredittätigkeit anregen, ein Ziel, das QE nicht dauerhaft erreicht hat. Also ein erneuter Versuch, Blasen zu züchten. Dass Blasen nicht mit Blasen bekämpft werden können, ist spätestens seit der Ära nach 2008 klar. Weitere Fehlallokationen werden die Folge sein. Fehlinvestionen führen aber letztlich nicht zu Wachstum, sie kosten Wachstum – und das in einer Zeit, die bereits von struktureller Wachstumsschwäche geprägt ist. Also eine Maßnahme, die das Gegenteil von dem erreicht, was sie bewirken soll.

 

Darüber hinaus sind negative Zinsen ordnungspolitisch die extremste Form von Preis-Manipulation. Leitzinsen, die Preise für Geld, zählen zu den wichtigsten Parametern in auf Kredit aufgebauten Volkswirtschaften. Zinsen spiegeln Zeitpräferenzen wider, sie können aufgrund der Unsicherheit über die Zukunft aus sich heraus nicht negativ werden. Manipuliert man sie dennoch dahin, hat das weitreichende Konsequenzen für das gesamte Wirtschaftsgeschehen (siehe auch “Einmal mehr: Zinsen zu niedrig“!).

 

Wenn die Zentralbanken den Weg negativer Zinsen weiter gehen, muss es ein Bargeldverbot geben. Denn so lange Bargeld noch legal ist, kann man dem permanenten nominalen Wertverlust einer Bankeinlage durch Zahlung von Zinsen für sein Geld an die Bank dadurch verhindern, dass man es eben abhebt. Erst wenn es kein Bargeld mehr gibt, kann man der schleichenden Enteignung so nicht mehr entgehen.

 

Der Präsident des Ludwig von Mises Instituts Deutschland, Thorsten Polleit, sagt, die Bekämpfung von Geldwäsche, Drogenkonsum und Terrorismus seien lediglich Vorwände, es gehe in Wirklichkeit um das weltweite Verschuldungsproblem. Um die Schulden vor allem von Staaten und Banken zu verringern, sollen negative Zinsen durchgesetzt werden. Sie tauchen als Bankgewinne, bzw. Bankeigenkapital wieder auf, sagt er. Wenn auch Kreditgeber bereit sind, Kredite mit negativen Zinsen zu gewähren, verstärke das die Entschuldungswirkung noch. Das alles gehe zulasten der Sparer. Gleichzeitig verändere sich das Verhalten der Marktteilnehmer in einem negativen Zinsumfeld dramatisch. Sparen und Konsumverzicht lohnten sich nicht mehr. Die Folge sei ein verstärkter Kapitalverzehr, der wiederum zulasten zukünftiger Einkommen, Produktion und Beschäftigung gehe. So stellten negative Zinsen einen direkten Angriff auf die Marktwirtschaft dar, sagt Polleit.

 

Ob man einem drohenden Bargeldverbot mit Gold in rein metallischer Form wird entgegentreten können, darf bezweifelt werden. Da sich dieses vermutlich schnell als Ersatzwährung mausert, wird der Staat anschließend wohl auch den Besitz von Gold regulieren oder sogar verbieten.

 

Daniel Stelter schreibt: „Die Zielsetzung der Gegner von Bargeld ist so falsch wie offensichtlich. In der nächsten Phase unserer Depression kann man einen Zusammenbruch des Weltschuldenturms nur durch noch tiefere, also negative Zinsen vermeiden. Naheliegend ist da für jeden von uns, aus dem Bankensystem zu fliehen. Dafür spricht ohnehin der marode Zustand, der schon bald eine Beteiligung von Sparern an der Sanierung von überschuldeten Instituten erwarten lässt. Wie lange die Grenze von 100.000 Euro dabei hält, bleibt abzuwarten. Diese Flucht in das Bargeld, welches sich ohne Zinsverlust im Banksafe lagern ließe, muss auf jeden Fall verhindert werden. Denn nur, wenn wir gefangen bleiben in dem Schuldensystem, kann man uns zur Sanierungshilfe zwingen: durch eine faktische Besteuerung unserer Guthaben zugunsten der Banken und Schuldner, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen können.“

 

Wie könnte es bei der Abschaffung des Bargelds weitergehen? Das erleben wir gerade jetzt: Es wird eine Obergrenze bei Bargeldgeschäften eingeführt, große Geldscheine sollen abgeschafft werden. Länder an der südlichen Peripherie der Eurozone haben solche Obergrenzen bereits installiert. Und Frankreich hat z.B. schon im September 2011 verboten, Metalle per Bar-Geschäft oberhalb einer Geringfügigkeitsgrenze zu handeln. Das Wahlvolk wird an solche Einschränkungen gewöhnt. Später können dann solche Obergrenzen immer weiter herabgesetzt werden. Die Leute werden nach und nach auf das elektronische Bezahlen selbst kleiner und kleinster Beträge eingestimmt. In den Medien wird mehr und mehr die Stimmung verbreitet, der Besitz von Bargeld sei nicht mehr notwendig, ja, das sei sogar verdächtig.

 

Was könnte dann folgen? Ein (terroristisches?) Groß-Ereignis dient als Anlass, um ultimativ zu zeigen, wie Bargeld die „Geschäfte des Teufels“ ermöglicht. Dabei ist es egal, ob es tatsächlich so ist, Hauptsache, die Medien können in diese Richtung trommeln. Die Politik sagt „schweren Herzens“, jetzt geht es nicht mehr anders, ein Bargeldverbot sei aber auch kein Beinbruch, schließlich sei es ja nicht mehr notwendig und bargeldlos zahlen, sei so viel einfacher. Der Staat tritt auf den Plan, und verkündet einen Stichtag, von dem an der Besitz von Bargeld illegal ist. Bis dahin soll es jeder Bürger zur Bank tragen. Geld wird zum Eigentum des Staates erklärt, die Bürger besitzen es zwar noch und dürfen ihre Geschäfte damit abwickeln. Aber der Staat kann „seine“ Bankguthaben jederzeit einfrieren oder konfiszieren, wenn in ihrem Zusammenhang Verbrechen vermutet werden. (Wobei „Verbrechen“ bekanntlich ein dehnbarer Begriff ist, je nach aktueller Rechtslage kann darunter auch Kritik am Staat und seinen Organen fallen.)

 

Griechenland spielt gerade wieder den Vorreiter. Die Griechen müssen jeden Bargeldbesitz deklarieren, wenn er die Grenze von 15.000 Euro überschreitet. Bei Schmuck und anderen Kostbarkeiten gilt eine Obergrenze von 30.000 Euro. Außerdem müssen sie angeben, wo sie solche Eigentümer aufbewahren. Dabei trägt die Institution, bei der diese Werte eingelagert werden, die Verantwortung für die Richtigkeit der Angaben. Sind die Angaben falsch, riskiert der Eigentümer der Wertsachen die Beschlagnahme.

 

Alles Miesmacherei und Verschörungstheorie? Ich glaube nicht – es ist die Folge einer Entwicklung, die in den 1970er/1980er Jahren ihren Anfang nahm, die Dominanz der Finanzindustrie und als Folge davon, die Schuldenblasen. Für die Misswirtschaft sollen die Bürger zahlen, nicht die, die sie betreiben.

 

Bereits 1999 hat die Fed übrigens ein Papier publiziert, in dem sie für den Fall, dass Zinsen nahe Null kein Wachstum induzieren, drei Maßnahmen erörtert. Neben QE-Maßnahmen werden direkte Geldtransfers genannt (das sogenannte Helikopter-Geld von Milton Friedman). Und als dritten Weg wird ein „Bargeldverbot light“, eine Steuer diskutiert, die dann erhoben wird, wenn Geld aus dem Bankensystem entnommen wird. Technisch ließe sich das durch eine entsprechende Markierung auf den Geldscheinen bewerkstelligen, die Besteuerung soll enden, so bald das Geld wieder zur Bank zurück kommt.

 

Die Diskussion um eine Obergrenze bei Bargeschäften ist der Einstieg in eine Entwicklung, die mit dem Bargeldverbot endet. Negative Zinsen auf breiter Front sind der nächste Schritt der Zentralbanken, um Wachstumsschäche und der Verschuldung von Staaten, sowie Banken entgegen zu wirken. Diese lassen sich aber nur durchsetzen, wenn man ihnen durch Abzug von Cash aus dem Bankensystem nicht entgehen kann. Dazu ist ein Verbot von Bargeld notwendig.


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