Der große Branchencheck - Teil 2
- Written by Mag. Bernd Affenzeller
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Gemeinsam mit Branchenradar.com Marktanalyse hat der Bau & Immobilien Report 16 Branchen und Warengruppen einer eingehenden Prüfung unterzogen und die Umsatzentwicklung seit 2015 analysiert und mit einer qualifizierten Schätzung für 2019 und 2020 ergänzt. Der schon im ersten Teil* erkennbare Trend gilt auch für die in dieser Ausgabe untersuchten Branchen: Das Wachstum hält an, schwächt sich aber in den meisten Fällen ab.
Neben den Umsatzzahlen 2015 bis 2020 finden Sie zu jeder Branche und Produktgruppe Einschätzungen zur zukünftigen Marktentwicklung von Marktforscher Andreas Kreutzer und je einem anerkannten Branchenexperten. Am Ende finden Sie ein Ranking, welche Branche im Zeitraum 2015 bis 2020 die größten Umsatzsprünge hingelegt haben wird und wer von heute aus betrachtet in den nächsten zwei Jahren die Nase vorne hat.
Fenster & Haustüren
Andreas Kreutzer, Branchenradar.com Marktanalyse:
»Das Wachstum am Markt für Fenster & Haustüren verliert im Jahr 2018 überraschend an Schwung. Die Herstellererlöse erhöhen sich mit +2,6 % geg. VJ auf 957 Millionen Euro deutlich langsamer als im Jahr zuvor. Zudem ist der Anstieg nahezu zur Gänze preisgetrieben. Denn während der Neubau nach wie vor robust wächst, dreht das Sanierungsgeschäft wieder signfikant ins Minus. Insbesondere im Wohnbau ist die Kontraktion (Sanierung) besonders stark. Materialseitig wachsen Fenster aus Aluminiumprofilen im vergangenen Jahr deutlich rascher als der Markt, Holzfenster verlieren einmal mehr an Marktbedeutung.«
Martin Kasbauer, Bereichsleiter Vertrieb Josko Fenster und Türen
»Die vergangen drei Jahre waren Rekordjahre in der Baubranche und auch der Fenster- und Türenmarkt in Österreich hat davon maßgeblich profitiert. Die Zahlen, die für 2018 bereits vorliegen, zeigen, dass auch das letzte Jahr wieder sehr positiv war, besonders im Bereich des privaten Wohnbaus. Wir gehen davon aus, dass dieser Aufwärtstrend 2019 anhalten wird, bereiten uns aber auf eine mögliche Abflachung ab 2020 vor.«
Akustikdecken
Andreas Kreutzer, Branchenradar.com Marktanalyse:
»Der Markt für Akustikdecken konsolidiert im Jahr 2018 knapp drei Prozent unter Vorjahr, bei 28,4 Millionen Euro (Herstellererlöse). Eine Kontraktion gibt es allerdings ausschließlich bei Metalldecken, da das starke Plus von nahezu 15 Prozent im Jahr 2017 wieder rückabgewickelt wird. Alle anderen Produktgruppen wachsen robust zwischen fünf und sechs Prozent geg. VJ. Im Dezember 2018 genehmigte die Europäische Union die Übernahme der Deckensparte von Armstrong (absatzseitig Nr. 3) durch Knauf (Marktführer). Auf den österreichischen Markt wird dies aber nur bedingt Auswirkungen haben, muss doch Knauf hierzulande den Vertrieb und die Kundenbasis von Armstrong verkaufen. Da im laufenden Jahr im NWB wieder mehr Volumen bauwirksam wird, sollte der Markt wieder an Dynamik gewinnen.«
Michael Allesch, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb Rigips Austria
»Die Raumakustik ist entscheidend dafür, dass wir uns in Räumen wohlfühlen. Seit 2015 ist bei Akustikdecken ein Aufwärtstrend zu bemerken, der voraussichtlich auch 2019 anhalten wird. Neben Büro-, Hotel- und Geschäftsgebäuden wird die Bedeutung von Raumakustik auch in Bildungsbauten deutlich. Eine Studie des TGM unter 629 LehrerInnen in Wien belegt, dass zwei Drittel mit der Akustik in den Klassenräumen eher nicht bis gar nicht zufrieden sind. In Klassenzimmern mit erhöhtem Schallpegel kommt es laut Studie auch häufiger zu aggressivem Verhalten. Diese Problematik beschränkt sich natürlich nicht nur auf Schulen.«
EFH | ZFH-Fertigteilhäuser
Andreas Kreutzer, Branchenradar.com Marktanalyse:
»Der Markt für Fertigteilhäuser der Bauklassen 1 (EFH | ZFH) wächst weiterhin konstant. Im Jahr 2018 erhöhen sich die Herstellererlöse vermutlich um rund fünf Prozent geg. VJ auf 750 Millionen Euro. Rund die Hälfte des Anstiegs ist allerdings preisgetrieben, auch weil der Anteil an belags- und schlüsselfertig errichteten Häusern stabil steigt. Nichtsdestotrotz erhöht sich auch die Fertighausquote um 0,5 Prozentpunkte auf nunmehr 27,5 Prozent. Auch im heurigen Jahr ist mit keinem Nachlassen der Wachstumsdynamik zu rechnen. Bis 2020 erwarten wir einen Marktanteil des Fertigteilhauses von knapp 29 Prozent.««
Christian Murhammer, Geschäftsführer Österreichischer Fertighausverband
»Die Bauwirtschaft hat den Höhepunkt des Aufschwungs überschritten. Grund zur Panik ist das aber ganz sicher nicht. Das Wachstum verlangsamt sich zwar, wird aber weiter anhalten. Dem entsprechend sind die Erwartungen der Branche an die kommenden Jahre zwar noch hoch, aber nicht mehr ganz so optimistisch – und diese Vorsicht ist durchaus berechtigt. Selbst wenn die Umsätze mit Fertighäusern 2019 und 2020 aus heutiger Sicht noch leicht zulegen werden, ist damit zu rechnen, dass Bauinteressierte sich von Meldungen zur Wirtschaftslage, wie etwa der zum sinkenden Wachstum, beeinflussen lassen und Investments zunehmend aufschieben.«
Fliesenkleber, Fugenmörtel und Bodenmassen
Andreas Kreutzer, Branchenradar.com Marktanalyse:
»Angeschoben von einem stabil wachsenden Neubau, insbesondere im Geschoßwohnbau, beschleunigt das Wachstum am Markt für Fliesenkleber und Bodenmassen im Jahr 2018 voraussichtlich auf knapp vier Prozent geg. VJ. Bei nahezu stabilen Preisen steigen die Herstellererlöse damit auf gut 69 Millionen Euro. Vom Anstieg profitieren alle Produktgruppen gleichermaßen. Auch für die Folgejahre erwarten wir eine positive Umsatzentwicklung, wenngleich diese vermutlich tendenziell zu immer größeren Teilen von steigenden Preisen getragen sein dürfte.«
Andreas Wolf, Geschäftsführer Mapei
»Wenngleich die Konjunkturprognosen nach unten zeigen, rechnen wir vor allem aufgrund der guten Auftragslage im Neubau mit einer gleichbleibenden Marktentwicklung bei Fliesenklebern und Fugenmörtel für 2019 und 2020. Gerade der Bereich Fliese und Keramik zeigte schon 2018 und auch in den ersten Monaten 2019 einen stetigen Aufwärtstrend, der sogar unsere Erwartungen übertroffen hat. Im Bereich der Bodenmassen erwarten wir für heuer und das kommende Jahr ebenso einen Zuwachs. Dieser wird zwar sicherlich nicht so stark ausfallen wie im Bereich Fliese, doch wir haben noch einige innovative Produkte im Köcher. So bringen wir bei den Bodenmassen 2019 einige neue Produkte auf den Markt, die dem Verarbeiter zahlreiche Vorteile bringen, zeitsparend und zugleich nachhaltig sind.«
Wandfarben
Andreas Kreutzer, Branchenradar.com Marktanalyse:
»Im Jahr 2018 erhöhen sich die Herstellererlöse am Markt für Wandfarben vermutlich stabil um +1,4 % geg. VJ auf nunmehr knapp 128 Millionen Euro. Die Hälfte des Umsatzplus ist allerdings preisgetrieben. Wachstumstreiber ist zweifelsohne der Neubau. Das Bestandsgeschäft wächst stabil um rund ein halbes Prozent geg. VJ. Der Zuwachs entfällt zudem zur Gänze auf Innenfarben. Auch in den Folgejahren ist mit einem konstanten Wachstum zu rechnen, wenngleich dieses mehr und mehr aus einem steigenden Durchschnittspreis generiert wird.«
Alexander Ringler, Verkaufsleiter Farbenhandel und Maler Adler Lacke
»Der Wandfarben-Markt ist nach wie vor sehr heiß umkämpft und dabei steht für den Kunden oftmals nur der Preis an erster Stelle. Es gab zwar in den vergangenen Jahren zahlreiche innovative Weiterentwicklungen – wie z.B. Wandfarben mit antibakterieller Wirkung, Geruchs- und Schadstoffreduzierungen oder nachhaltig hergestellte Farben –, aber es ist zu wenig gelungen, deren Mehrwert an den Kunden zu kommunizieren. ADLER nimmt an diesem Verdrängungswettbewerb um den günstigsten Preis bewusst nicht teil – wir positionieren uns stattdessen als Nischenanbieter und versuchen, bei qualitätsbewussten Kunden im Fachhandel mit hochwertigen und funktionalen Wandfarben zu punkten.«
Wärmedämm-Verbundsysteme
Andreas Kreutzer, Branchenradar.com Marktanalyse:
»Der Aufwärtstrend am Markt für Wärmedämm-Verbundsysteme setzt sich im Jahr 2018 fort, wenngleich steigende Preise die Entwicklung stark begünstigen. Die Herstellererlöse erhöhen sich vermutlich um gut vier Prozent geg. VJ auf 170 Millionen Euro. Mehr als die Hälfte des Wachstums ist jedoch preisgetrieben. Unverändert ist auch der Zug zu Mineralwolle oder organischen Produkten als Dämmstoff. Mittlerweile liegt deren Absatzanteil bei über 16 Prozent. Seit 2015 hat Schaumstoff mehr als vier Prozentpunkte an Marktanteil verloren. Auch im laufenden Jahr erwarten wir einen signifikanten Anstieg der Erlöse, bei nur noch vergleichsweise leicht wachsenden Preisen.«
Christian Höberl, Geschäftsleitung Vertrieb und Technik Röfix Österreich
»Wärmedämmverbundsysteme liegen nach wie vor im Trend. Alternativen zu Polystyrol wie bspw. Mineralwolle, Mineralschaum, Holzweichfaser oder Aerogel gewinnen zunehmend an Bedeutung. Der Kunde legt größten Wert auf Qualität, beginnend bei dickschichtigen Unterputzen bis hin zu kreativen Oberflächen aus mineralischen, biozidfreien Materialien mit nachfolgendem Anstrich.
Die Branche befindet sich nach einigen schwierigen Jahren wieder leicht im Aufschwung. Für 2019 und 2020 erwarten wir wieder starken Wettbewerbsdruck. Die gute Konjunktur könnte sich, mit etwas Verzögerung, zumindest 2019 positiv auf die Putz und Mörtelbranche auswirken. Die Sanierquote in der thermischen Sanierung liegt nach wie vor deutlich unter 1 %. Zur Erreichung des Zieles von 3 % ist die öffentliche Hand gefordert.«
Abdichtungsbahnen und Bauwerksabdichtungen
Andreas Kreutzer, Branchenradar.com Marktanalyse:
»Der Markt für Abdichtungsbahnen und Bauwerksabdichtungen bleibt auch im Jahr 2018 klar auf Wachstumskurs. Die Herstellererlöse steigen vermutlich um +9,7 % geg. VJ auf rund 210 Millionen Euro. Allerdings ist der Anstieg zu einem gutem Teil preisgetrieben. Absatzseitig liegt das Plus bei etwa vier Prozent geg. VJ. Angeschoben wird die Nachfrage im Wesentlichen vom Neubau, der sich bei allen Gebäudetypen positiv entwickelt. Wachstumsbeiträge liefern alle Produktgruppen, insbesondere aber Flüssige Bauwerksabdichtungen auf Zement-Acryl-Basis sowie Flüssige Kunststoffe. Auch im laufenden Jahr rechnen wir erlösseitig mit einem robustem Wachstum von etwa vier Prozent geg. VJ.«
Markus Egger, Mitglied der Geschäftsleitung Bitbau Dörr
»Die für 2018 gehegte Erwartung einer soliden, wachsenden Nachfrage nach Bitumen-Abdichtungsbahnen hat sich rückblickend erfüllt, wenngleich mit weniger Dynamik als noch Anfang des Jahres vermutet. Die hohe Auslastung des Gewerbes mit zum Teil ausgeschöpften Kapazitäten gegen Ende der Bausaison hat wohl die Ausführung einiger Projekte ins neue Jahr verlagert. Der guten Mengenentwicklung standen allerdings drastische Preissteigerungen und Schwierigkeiten in der Verfügbarkeit der benötigten Rohstoffe gegenüber. Dies hat das positive Gesamtbild leider etwas getrübt und auch die Ergebnisse unter Druck gebracht. Für 2019 erwarten wir eine weiterhin robuste Bauproduktivität mit leicht wachsender Nachfrage nach qualitativen Abdichtungslösungen sowohl in der Dachabdichtung (Flachdach, Steildach) als auch in der Bauwerksabdichtung und hoffen auf mehr Stabilität und Kontinuität in der Rohstoffbeschaffung.«