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»Man trifft sich immer zweimal«

Foto: »Unsere Kernkompetenz ist Baumanagement. Und wir haben auf jeden Fall genug technisches Know-how, um bei der Vertragsgestaltung und der Umsetzung mit den ausführenden Firmen auf Augenhöhe zu diskutieren«, sagt Andreas Fromm. Foto: »Unsere Kernkompetenz ist Baumanagement. Und wir haben auf jeden Fall genug technisches Know-how, um bei der Vertragsgestaltung und der Umsetzung mit den ausführenden Firmen auf Augenhöhe zu diskutieren«, sagt Andreas Fromm.

Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht Andreas Fromm, Geschäftsführer Asfinag Bau Management, über alternative Vertragsmodelle, das Problem von zu teuren und zu billigen Angeboten und die Hintergründe, warum die Asfinag sämtliche Hochbauprojekte ab sofort ausschließlich als BIM-Projekte ausschreibt. Außerdem erklärt er, wie die Asfinag ihre Rolle als Auftraggeber interpretiert und bei ihren Auftragnehmern Innovationen fördert und mit Bonuszahlungen honoriert.

Report: Die Baubranche boomt, die Unternehmen sind gut ausgelastet. Wie nehmen Sie aktuell die Preis- und Angebotssituation bei Ausschreibungen wahr?

Andreas Fromm: Wir haben im letzten Jahr große Bauleistungen wie etwa die Westspange Linz, den Karawanken- oder Rudersdorfertunnel ausgeschrieben, alles Baulose mit einem Auftragsvolumen zwischen 90 und 160 Millionen Euro. Für diese Bauleistungen war ein Markt vorhanden und wir haben zahlreiche interessante Angebote erhalten. Auch die Preise bewegten sich in unseren Schätzkosten. Allerdings merken wir im Hochbau und bei Spezialgewerken deutlich steigende Preise und weniger Angebote.

Report: Es wurden aber auch schon Projekte wie die Sanierung der Hochstraße St. Marx verschoben, weil die Preise 20 bis 30 % über den internen Schätzungen lagen. Wird man sich daran gewöhnen müssen?

Fromm: Zum Zeitpunkt der Ausschreibung der Hochstraße St. Marx hatten wir drei andere große Baulose im Umfeld von Wien ausgeschrieben, wo wir sehr gute Preise und ausreichend Angebote erhalten haben. St. Marx ist aber ein sehr komplexes Projekt, dafür gab es tatsächlich nur ein Angebot mit einem sehr hohen Preis. Vielleicht war auch die Vorlaufzeit zu kurz. Deshalb haben wir das Projekt auch verschoben und werden es in einem Verhandlungsverfahren neu ausschreiben.

Report: Da klingt durchaus Selbstkritik mit. Werden Sie auch die Ausschreibungsmodalitäten ändern?

Fromm: Wir sind auf jeden Fall selbstkritisch. Einzelne Fristen waren einfach zu kurz festgelegt. Da waren einige Firmen überfordert. Das wurde von uns jetzt überarbeitet und neu konzipiert. Mit diesen besseren Zeitplänen bin ich auch überzeugt, dass wir ausreichend Angebote innerhalb unserer Schätzkosten erhalten.

Report: Mehrkostenforderungen und Streitigkeiten vor Gericht gelten als »Part of the Game«. Alternative Vertragsmodelle wie Allianzverträge könnten hier Abhilfe schaffen, weil die Projektpartner gleichermaßen vom Projekterfolg profitieren. Beschäftigt sich die Asfinag mit diesen Vertragsmodellen?

Fromm: Wir beschäftigen uns natürlich auch mit alternativen Vertragsmodellen. Darin sehe ich auch ganz klar die Zukunft, vor allem in Verbindung mit Building Information Modelling. Mit dieser technischen Weiterentwicklung müssen sich auch die Verträge ändern. Zum Thema Mehrkosten kann ich sagen, dass wir natürlich Projekte haben, wo wir teilweise sehr hohe Mehrkosten diskutieren, im Gesamtportfolio halten sich die Mehrkosten aber in Grenzen. Die Asfinag vergab im Jahr 2018 rund 600 Bauaufträge mit einem Auftragswert von rund 1 Mrd. Euro. Nur bei einem sehr geringen Anteil kommt es zu größeren Unstimmigkeiten in Bezug auf Mehr- bzw. Minderkostenforderungen. In aller Regel können wir mit den Mitteln der ÖNorm B2118, im Wesentlichsten dem Partnerschaftsmodell, diese gemeinsam ohne einem Gerichtsprozess partnerschaftlich und einvernehmlich auf unseren Baustellen lösen. Nur sehr selten, bei maximal ein bis zwei Bauverträgen pro Jahr, kommt es in Bezug auf Mehr- bzw. Minderkostenforderungen zur einem Gerichtsprozess.

Report: In welcher Vertragsform sehen Sie das größte Zukunftspotenzial? Könnten alternative Vertragsmodelle wie Allianzverträge Standard werden

Fromm: Aktuell arbeiten wir mit Einheitspreisverträgen. Da versuchen wir mit sehr genauen und umfangreichen Planungen schon Vorfeld möglichst genau vorgeben, was zu tun ist. Bevor wir jetzt zu alternativen Verträgen übergehen, glaube ich, dass ein Zwischenschritt sinnvoll ist, indem wir Leistungen stark funktional ausschreiben. Damit schaffen wir Raum für Optimierungen, wo uns vielleicht das nötige Know-how fehlt.

Report: Wie interpretiert die Asfinag generell ihre Rolle als Auftraggeber? Setzen Sie auf Einzelgewerke-Vergaben oder bevorzugen Sie General- oder Totalunternehmer? Und wie eng sind, die Grenzen, die Sie den Auftragnehmern vorgeben?

Fromm: Unsere Kernkompetenz ist Baumanagement. Wir sind für die Vertragserstellung, Ausschreibung und Vertragsabwicklung zuständig. Und wir haben auf jeden Fall genug technisches Know-how, um bei der Vertragsgestaltung und der Umsetzung mit den ausführenden Firmen auf Augenhöhe zu diskutieren. Wir sind aber personell so schlank aufgestellt, dass wir auch externe Leistungen wie etwa die örtliche Bauaufsicht oder Projektsteuerungen zukaufen.  Wir schreiben keine Generalunternehmer aus. Wir schreiben in der Regel in Baulos- und Gewerkgrößen aus, mit denen wir KMU fördern können. Das gilt auch für Projekte wie die S7, die wir in sechs Baulose geteilt haben. Damit halten wir auch einen gesunden Markt aufrecht. Eine Ausnahme bilden natürlich große Tunnelprojekte, die werden an einen Generalunternehmer vergeben.

Report: Aktuell wird viel über kooperative Projektabwicklung gesprochen. Eine Studie des Bau & Immobilien Report hat aber gezeigt, dass sich Auftraggeber und Auftragnehmer oft sehr kritisch sehen und die Zusammenarbeit von Misstrauen geprägt ist ...

Fromm: Ich bin überzeugt, dass die kooperative Projektabwicklung ein maßgeblicher Erfolgsfaktor ist. Projekte, bei denen uns das wirklich gelingt, sind die Projekte mit der höchsten Termin- und Kostentreue. Aber in das wechselseitige Verhältnis muss auch laufend Energie investiert werden. Da gibt es natürlich auch Konflikte und Spannungen. Aber auch das versuchen wir professionell und fair abzuwickeln. Der Markt in Österreich ist überschaubar und man trifft sich immer zweimal. 

Report: Wie bewerten Sie die konkreten Auswirkungen des Bestbieterprinzips?

Fromm: Die Asfinag hat bei den Bestbieterkriterien eine Fächerung in die drei Säulen der Nachhaltigkeit. Wir haben wirtschaftliche, soziale und ökologische Kriterien, die regelmäßig zum Einsatz kommen. Werden diese Kriterien schlagend, kann der Bestbieter um bis zu zehn Prozent teurer sein als der Billigste. Wir setzen uns auch laufend und aktiv mit diesen Kriterien auseinander. Im letzten Jahr hatten wir mit Themen wie Lehrlingen, älteren Beschäftigten und Arbeitssicherheit einen starken Fokus auf soziale Kriterien. Heuer setzen wir verstärkt auf die Ökologie. Damit können wir schon einiges bewirken. Natürlich wird der Preis immer ein wichtiges Argument sein. Wir arbeiten aber auch mit Unterpreiskriterium. Wir haben auch Ausschreibungen schon aufgehoben, weil die Preise nicht wirtschaftlich oder realistisch waren.  

Report: Wie oft sehen Sie sich mit unterpreisigen Angeboten konfrontiert?

Fromm: Beim Großteil der Projekte, gerade bei Maßnahmen im Bestand, gibt es eine ganz starke Tendenz zu realistischen Preisen. Das ist auch unser Ziel bei der Angebotsprüfung. Wir machen auch Sensitivitätsanalysen über den Preisspiegel. Dafür ist unsere Kostenschätzung ein ganz wesentliches Instrument. 

Report: Die Asfinag hat beschlossen, sämtliche Neubauprojekte im Hochbau ab sofort als BIM-Projekte auszuschreiben. Was sind die Gedanken dahinter?

Fromm: BIM ist die Zukunft. Und die wollen wir aktiv mitgestalten. Wir wollen uns nicht von den Firmen treiben lassen, sondern selbst entscheiden, wo und wie wir BIM einsetzen. Unser Vorteil ist, dass wir Projekte nicht nur erreichten, sondern auch erhalten und betreiben. Damit können wir die digitale Dokumentation eines Projektes sehr gut für weitere Betriebszyklen verwenden.   

Report: Welche Rolle hat das BIM-Pilotprojekt Autobahnmeisterei Bruck an der Leitha bei dieser Entscheidung gespielt?

Fromm: Eine große Rolle, weil wir in Bruck an der Leitha gesehen haben, dass es funktioniert. Aber auch die WC-Bauten an den Raststätten haben eine wichtige Rolle gespielt. Auch hier setzen wir auf BIM und haben gute Erfahrungen damit gemacht.

Report: Vorhin haben Sie erwähnt, dass Sie bewusst in kleineren Baulosen ausschreiben, um KMU zu fördern und einen funktionierenden Markt aufrecht zu erhalten. Jetzt sind aber bei weitem nicht alle Bauunternehmen BIM-fit. Fürchten Sie eine Angebotsverknappung?

Fromm: Es gibt gerade im Bereich BIM viele sehr kompetente Startups, die ihr Wissen auch kleineren Baufirmen zur Verfügung stellen, die noch nicht das entsprechende Know-how haben. Gerade in Pionierphasen ist diese Vernetzung enorm wichtig. Deshalb sehe ich auch keine Gefahr einer Markteinschränkung.

Report: Welche Rolle spielt BIM im Tiefbau aktuell bei der Asfinag?

Fromm: Leider noch eine untergeordnete Rolle. Mit der Umfahrung Drasenhofen haben zwar ein Projekt mit einem digitalen Abrechnungsmodell, aber ein echtes BIM-Projekt ist es nicht. Aber selbst hier zeigen sich schon die Vorteile. Ich bin überzeugt, dass auch im Tiefbau kein Weg an BIM vorbeiführen wird. Wir brauchen in Zukunft nicht alle 200 Meter eine Aufmaßung, sondern wir haben ein digitales Modell, das mit einem Drohnenflug aktualisert wird und danach wird abgerechnet. Das schafft Transparenz und vereinfacht Abläufe. 

Report: Was sind aktuell die wichtigsten Trends und Innovationen im Straßen- und Tunnelbau?

Fromm: Ein ganz zentrales Thema ist die Logistik. Wir wollen gerade dort, wo wir unter Verkehr bauen, noch schneller bauen, um die Verkehrsbeeinträchtigungen so gering wie möglich zu halten. Wir haben etwa bei Neubauprojekten ganz rigorose Umweltverträglichkeitsvorgaben, wie viele LKW in ein Baufeld ein- und ausfahren dürfen. Das gilt natürlich auch im urbanen Bereich. Da gibt es noch enorm viel Optimierungspotenzial, das sich mithilfe von digitalen Lösungen heben lässt. Davon profitieren auch die Auftraggeber. Denn wenn gegenüber unseren Vorgaben und Berechnungen noch weitere Zeitersparnis erzielt wird, gelten wir das monetär ab. Das fördert auch Innovationen. Bei der Erdberger-Brücke etwa hat die Baufirma ein Abbruchschiff organisiert, wodurch die Rampensperren um ein Jahr verkürzt werden konnten. So etwas wird natürlich honoriert.

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