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"Stehen bei BIM noch ganz am Anfang"

Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht Hans-Peter Weiss, Geschäftsführer der Bundesimmobiliengesellschaft BIG, über aktuelle Kennzahlen, die Pläne mit der alten WU Wien, den schwierigen Start von BIM in Österreich und welche kurz-, mittel- und langfristigen Investitionen und Projekte er der heimischen Bauwirtschaft in Aussicht stellen kann.

Report: Der Umsatz der BIG war im Jahr 2014 leicht rückläufig, Mieterlöse und Jahresüberschuss sind aber gestiegen. Wie interpretieren Sie diese Zahlen?

Hans-Peter Weiss: Relevant sind für uns natürlich die Haupterlösquellen, und das sind die Mieten. Das kontinuierliche Wachstum ist zurückzuführen auf die Umsetzung sehr vieler Projekte in den letzten Jahren. Das liegt sicher auch daran, dass es uns gelungen ist, bei Kern- und Schlüsselkunden eine noch tiefer gehende strategische Partnerschaft einzugehen. Wir sind etwa heute bei allen Unversitätsprojekten österreichweit erster Ansprechpartner. Außerdem versuchen wir etwa im Schulbereich über unsere eigenen Immobilien hinausgehend mit Geschäftsführer- oder Dienstleistungsverträgen für unseren Partner Leistungen anzubieten. 

 

Report: Soll dieser Bereich der Geschäftsführer- und Dienstleistungsverträge in Zukunft stärker ausgebaut werden?

Weiss: Ja, das ist sicher ein Bereich, in dem wir in Zukunft verstärkt aktiv sein wollen.   

 

Report: Wie läuft aktuell die Zusammenarbeit mit dem Unterrrichtsressort, das mit den Schulmieten ja immer wieder in Verzug ist?

Weiss: Die Schulen sind nicht im Verzug. Es gibt klare Vereinbarungen, wie die Zahlung zu gestalten ist, die nach klaren Marktkriterien besprochen und geregelt sind. Das ist keine Besser- oder Schlechterstellung,  sondern es wurde vereinbart, dass ein Zahlungstermin nach hinten, ein anderer nach vorne verschoben wurde. Im Endeffekt ist das Ergebnis für beide Seiten neutral.

 

Report: 2014 hat die BIG rund 372 Millionen Euro in Neubau und Sanierung investiert. Wie teilt sich diese Summe auf?

Weiss: Bei dieser Zahl handelt es sich um Neubau und Generalsanierung. Noch einmal 135 Millionen Euro fließen in die Instandhaltung. Wenn es Großprojekte oder konjunkturelle Maßnahmen gibt, dann steigt der Neubau- und Generalsanierungsanteil deutlich an. 2013 etwa lag diese Summe dank der Fertigstellung des WU Campus bei über 500 Millionen Euro. Auch im nächsten Jahr wird dieser Anteil denk der Med Uni Graz wieder deutlich ansteigen. 

 

Report: Die Med Uni ist das derzeit größte Neubauprojekt der BIG. Wie hoch ist das Investitionsvolumen?

Weiss: Das Gesamtvolumen liegt bei knapp 300 Millionen Euro. Jetzt wurde einmal das Modul 1 beschlossen, geplant und ausfinanziert. Das macht in etwa die Hälfte aus. Der zweite Teil wird zu einem späteren Zeitpunkt umgesetzt. Da ist die Entscheidungsfindung aufseiten der Nutzer noch nicht abgeschlossen. 

 

Report: Ist diese auch in Graz erkennbare Zusammenführung einzelner Uni-Standorte ein allgemeiner Trend?

Weiss: Das ist ein ganz klarer Trend von allen Universitäten, sich auf ein, zwei Standorte zu konzentrieren. Es ist überall der Versuch, eine Campus-Situation zu schaffen und periphere Satellitenstandorte aufzulassen. 

 

Report: Wie ist der aktuelle Stand rund um die alte Wirtschaftsuniversität Wien?

Weiss: Wir haben uns in den letzten Monaten sehr intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt und viel technische Prüfungen durchgeführt. Dabei haben wir festgestellt, dass wir mit der vorhandenen Tragstruktur, der Platte, sicher noch die nächsten 20 bis 30 Jahren arbeiten können. Auch das Gebäude selbst ist für eine weitere Nutzung für Bildungszwecke noch sehr gut geeignet. Natürlich wird es Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen geben müssen, aber die Grundsubstanz ist in Ordnung. Es ist ganz klar, dass der Komplex auch in Zukunft mit dem Thema Bildung bespielt wird. Und es gibt auch schon einige Interessenten sowohl für eine temporäre als auch eine dauerhafte Nutzung. 

 

Report: Wie kann die BIG sicherstellen, dass bei den großen Auftragsvolumina im Bereich Neubau und Sanierung seriöse Firmen zum Zug kommen bzw. es zu keinem Lohn- und Sozialdumping auf BIG-Baustellen kommt?

Weiss: Das ist für uns als Unternehmen ein sehr wichtiges Thema. Das Ganze beginnt schon bei den Ausschreibungen, in denen ein nötiges Maß an Qualitätskriterien definiert sein muss. Und darüber hinaus braucht es gemeinsam mit den Partner vor Ort auch die notwendigen Kontrollen. Viel mehr Möglichkeiten als Auftraggeber hat man eigentlich nicht. 

 

Report: Wie sind die Erfahrung der letzten Jahre? Bei vielen Wiener Großbaustellen gab es in jüngster Zeit bei Kontrollen unliebsame Überrraschungen.

Weiss: Es wird bei diesem Thema nie eine völlige Fehlerfreiheit geben, aber keine dieser angesprochenen Baustellen war uns zuzurechnen.

 

Report: In diesem Zusammenhang wird auch viel über das neue Vergabegesetz gesprochen, weg vom Billigst-, hin zum Bestbieterprinzip. Während sich Asfinag und ÖBB früh zum Bestbieterprinzip bekannt haben und auch Pilotprojekte gestartet haben, stand die BIG dem Vernehmen nach lange Zeit auf der Bremse. Warum?

Weiss: Wir haben uns nie gegen das Bestbieterprinzip ausgesprochen. Im Gegenteil: Wir waren in den verschiedenen Arbeitsgruppen sehr prominent vertreten und haben uns auch aktiv eingebracht. Die Frage ist aber immer, wie so eine Lösung am Ende des Tages aussehen wird. Erreicht man mit einer gesetzlichen Regelung das Ziel, das man sich gesetzt hat? Generell definieren wir bereits jetzt bei unseren Ausschreibungen die qualitativen Kriterien zunächst über Eignung der Unternehmer und einen tiefgreifenden Leistungskatalog. Am Ende des Tages geht es doch darum, die gewünschte Qualität zum besten Preis zu bekommen. Ich glaube, man kann auch nicht alles über einen Kamm scheren.

 

Report: Viel wird auch über Nachhaltigkeit und Lebenszykluskosten gesprochen. Welche Rolle spielen diese Themen im Bestandsportfolio und bei den Neubauten der BIG?

Weiss: Das ist ein sehr weites Feld. Wir haben uns dazu bekannt, das Nachhaltigkeitsthema aktiv zu bespielen. In einem ersten Schritt haben wir den Blick nach innen gerichtet und versucht, die eigenen Prozesse nachhaltig auszurichten. Jetzt wollen wir den nächsten Schritt machen und unser Kerngeschäft nach diesem Thema screenen. Wir haben den großen Vorteil, dass wir fast alle Leistungen rund um eine Immobilie abdecken können – von der Planung über die Begleitung der Bauumsetzung, dem Asset Management, bis hin zur Verwertung. 

Deshalb macht diese ganzheitliche, nachhaltige Betrachtung einer Immobilie für uns ganz besonders Sinn. Denn die ideale Objektbetreuung schlägt sich direkt auf den Wert einer Immobilie, die ja auch wiederum uns gehört. Es gibt etwa im universitären Bereich de facto keinen Neubau, bei dem die betroffenen Nutzer nicht ein sehr großes Interesse an Nachhaltigkeitskriterien und entsprechenden Zertifizierungen haben. Das ist für viele Unis mittlerweile auch ein Teil ihrer Identität. 

 

Report: Welche Rolle spielt das neue Energieeffizienzgesetz für die BIG? Gibt es Maßnahmen, die Sie den Energieversorgern verkaufen können?

Weiss: Wir sind über das Energieeffizienzgesetz verpflichtet, bis zum Jahr 2020 in unseren Objekten 125 GWh einzusparen. In erster Linie liegt das Thema Energieverbrauch aber bei den Nutzern. Unabhängig davon versuchen wir laufend, unsere Beratungsleistungen in diesem Bereich zu optimieren. Generell orte ich auch bei unseren Mietern großen Wandel und steigendes Interesse.

 

Report: Es gibt Gemeinden, die ihre Straßenbeleuchtung auf LED umstellen und die daraus resultierenden Einsparungen dem Energieversorger verkaufen. Könnte das auch ein Modell für Universitäten und andere Einrichtungen sein?

Weiss: Es gibt dazu unterschiedliche Überlegungen und wir sind mit den Nutzern diesbezüglich auch in einem intensiven Dialog. Sowohl was die Ausstattung der Gebäude betrifft als auch bei der technischen Ausrüstung, etwa mit Photovoltaikanlagen. Ein Geschäftsmodell daraus zu machen, steht aber derzeit sicher nicht im Vordergrund. Derzeit prüfen wir gerade, wer überhaupt was verkaufen darf.  

 Report: Building Information Modeling soll das Planen und Bauen revolutionieren. In vielen anderen Ländern ist BIM bei öffentlichen Ausschreibungen Pflicht. Wie ist der Stand in Österreich und wie geht die BIG mit dem Thema um?

Weiss: Wir sehen uns das Thema sehr interessiert an. Ich glaube aber, dass wir in Österreich in Sachen BIM noch ziemlich am Anfang stehen. In unserem Fall ist es so, dass wir den bei weitem größten Teil unserer Projekte in Altbeständen haben und da BIM noch kaum eine Rolle spielt. Bei Neubauprojekten ist BIM aber sicher ein Trend, der nicht aufzuhalten ist. Und diese integrierte Informationsbündelung ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung. 

 

Report: Sollte hier nicht die öffentliche Hand eine Vorreiterrolle einnehmen?

Weiss: Ich denke, es geht darum, dass

wir als großes Immobilienunternehmen auch ein Stück weit die Verpflichtung haben, uns mit diesen Themen intensiv zu beschäftigen. Wir werden uns dem auch in ersten Pilotprojekten nähern. Aber wir stehen ja auch in starker Konkurrenz mit privaten Betrieben. Hier einen einseitigen Auftrag an ein im Besitz der öffentlichen Hand befindliches Unternehmen zu sehen, wäre aus meiner Sicht nicht der richtige Weg.

 

Report: Sehen Sie einen Mehrwert in BIM?

Weiss: Einen Mehrwert sehe ich auf jeden Fall, bei Neubauprojekten ab einer gewissen Größe und vor allem dann, wenn die entsprechenden Instrumente ausgereift und anwendbar sind und es die geeigneten Anbieter gibt. Da gibt es auch vergaberechtliche Hürden, weil viele Architekturbüros BIM noch gar nicht können.  

 

Report: Der Bau des WU Campus hat auch deswegen für Aufsehen gesorgt, weil alle Stakeholder sehr früh an einen Tisch geholt wurden, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Wird sich dieses Modell des gemeinschaftlichen Bauens auch für andere Projekte durchsetzen?

Weiss: Aus meiner Sicht ist die frühzeitige Einbindung der Nutzer in vielen Fällen sinnvoll. Das ist auch der erste Schritt in Richtung des Lebenszyklusgedankens. Da gibt es aber verschiedene Modelle, das muss nicht immer eine eigene Projektgesellschaft sein, in die der Nutzer eingebunden ist. Das wollen auch gar nicht alle Nutzer. Die meisten wollen eine für sie ideale, am besten weiterentwickelbare Immobilie, aber keine immobilientechnische Sorgen haben, wie man sie natürlich mit einer Lösung wie bei der WU auch mit einkauft. Um langfristig ein Partner zu sein, geht es vor allem darum, eine für den Nutzer perfekte Lösung zu finden. Diese Lösungen sind natürlich individuell verschieden, sowohl was den Bau als den Betrieb betrifft. Unser großer Vorteil ist, dass wir die endgültige Nutzung und auch den Nutzer selbst in der Regel sehr gut kennen.

 

Report: Die heimische Bauwirtschaft dürstet nach Aufträgen. Welche kurz-, mittel- und langfristigen Investitionen und Projekte können Sie in Aussicht stellen?

Weiss: Wir haben im Rahmen unserer Möglichkeiten und in enger Abstimmung mit unserem Eigentümer immer wieder versucht, notwendige Inves­titionen vorzuziehen, wenn es die konjunkturelle Lage erfordert. Da haben wir in den letzten Jahren einige Konjunkurpakete geschnürt und umgesetzt. In den Startlöchern befinden wir uns gerade bei einem 200-Millionen-Euro-Sonderpaket für die Universitäten. Dabei sollen an 17 Universitäten in ganz Österreich dringend notwendige Projekte beschleunigt umgesetzt werden. Dafür wurde auch eine Sonderfinanzierung aufgestellt. 

Ein zweiter Punkt betrifft unsere Tochtergesellschaft ARE. Wir haben uns vor der Gründung der ARE sehr intensiv mit der Portfolioentwicklung beschäftigt und sind aus strategischen Überlegungen zu der Überzeugung gelangt, dass wir ein zweites Standbein brauchen, um das Unternehmen langfristig zukunftsfit zu halten. Und dabei spielt das Thema Wohnen eine zentrale Rolle. Deshalb haben wir auch zu Beginn des Jahres gemeinsam mit dem Wirtschaftsminister, durchaus auch aus konjunkturellen Überlegungen, ein Sonderwohnbauprogramm angekündigt. In diesem Rahmen werden in den nächsten sechs Jahren rund zwei Milliarden in den Wohnbau investiert. Damit verbunden ist in vielen Fällen die Veredelung unseres eigenen Immobilienbestandes, wo wir Reserveflächen und Leerstandsflächen wie etwa das alte Zollamtsgebäude verwerten.

 

Report: Aus dem alten Zollamtsgebäude soll das Projekt Triiiple werden, von dem schon länger die Rede ist. Wie ist der aktuelle Stand?

Weiss:Ja, es ist schon länger die Rede davon. Es ist aber auch ein sehr großes und komplexes Projekt. Das Projekt hat sich in den letzten Jahren auch deutlich weiter entwickelt. Mittlerweile wurde uns auch signalisiert, dass mit dem notwendigen Widmungsbeschluss noch heuer zu rechnen ist.

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