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„Die Versorgung der Baustellen ist zu 100 Prozent garantiert“

"An ein Abstellen der Anlagen haben wir in der Schmid Industrieholding noch nicht gedacht, aber die Kapazitäten etwa in der Zementproduktion werden deutlich heruntergefahren", sagt Robert Schmid. "An ein Abstellen der Anlagen haben wir in der Schmid Industrieholding noch nicht gedacht, aber die Kapazitäten etwa in der Zementproduktion werden deutlich heruntergefahren", sagt Robert Schmid.

Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht Robert Schmid, Obmann des Fachverbands Steine-Keramik und Eigentümer der Schmid Industrieholding, über die Auswirkungen der Coronakrise auf die Branche und seine Unternehmensgruppe, er kritisiert das Informationschaos und lobt das Teamwork im Fachverband. Trotz enormer Produktionsrückgänge kann er die Versorgung der heimischen Baustellen mit mineralischen Baustoffen zu 100 Prozent garantieren. Engpässe erwartet er in anderen Bereichen. Für die Zeit nach Corona ist er vorsichtig optimistisch, dass die richtigen Lehren gezogen werden und dann „intelligente Industriepolitik gemacht wird“.

Die Vormittage verbringt Robert Schmid in seinem Büro in Wopfing. „Mutterseelenallein“, wie Schmid versichert. An den Nachmittagen versucht er Dinge zu tun, die sonst zu kurz kommen. Der Bau & Immobilien Report erreicht ihn in seinem Wald in Gutenstein, wo er Bäume setzt und die Böden kalkt. „Um Humus aufzubauen und meine ökologischen Fußabdruck zu verringern.“ Für das ausführliche Interview über Corona und die Folgen lässt er die Arbeit kurz ruhen.

Wie groß ist aktuell die Verunsicherung  bei den Mitgliedsunternehmen? Wie kann der Fachverband Steine-Keramik helfen?
Robert Schmid: Die Verunsicherung ist überall groß. Die Mitarbeiter des Fachverbands sind praktisch rund um die Uhr im Einsatz. Und das unter erschwerten Bedingungen im Home Office. Wir müssen die Unternehmen darauf vorbereiten, was kommt und bestmöglich informieren. Den einen muss man die Sorgen etwas nehmen, den anderen aber auch klar machen, wie ernst die Sache ist. Es gibt beide Extreme, die Übervorsichtigen und die Überlockeren. 
Dazu kommt das regelrechte Informationschaos. Man wird ja von unendlich vielen Stellen gleichzeitig informiert. Es bemühen sich auch alle redlich. Aber leider sind die Informationen nicht immer deckungsgleich. Deshalb haben wir als Fachverband uns auch nur auf die bauspezifischen Themen konzentriert und nicht auch noch in allgemeine Themen eingemischt. Aber auch das war ein enormer Aufwand und nur durch perfektes Teamwork möglich. Darauf war ich wirklich stolz und glücklich. Das ist jetzt alles geregelt. Jetzt kann man nur warten und beobachten, wie sich die gesetzten Maßnahmen auswirken. Wie wird es sich auswirken, dass die Baustellen in Betrieb bleiben? Werden wir genug Mitarbeiter haben?

Mit welcher Entwicklung rechnen Sie in den nächsten Wochen und Monaten?
Schmid: Fragen Sie das bitte die Glaskugel. Ich weiß es einfach nicht. Es ist auch völlig unterschiedlich. Das sehe ich auch an den eigenen Unternehmen der Schmid Industrieholding. Wir haben Unternehmen wie die Wopfinger Transportbeton, die auf 20 % zurückgefahren ist, und andere im Bereich der Kunststoffkübelproduktion, die auf 110 % laufen.

Apropos Schmid Industrieholding. Sie haben mehr als mehr als 100 Unternehmen mit über 6.000 Mitarbeitern. Wie geht es den Unternehmen der Schmid Industrieholding?
Schmid: Das letzte Jahr war ein sehr gutes Jahr, in allen Bereichen und Ländern. Ein Jahr, wie wir uns mehrere wünschen. Kein zu extremer Boom, denn auch das kann für die Wirtschaft ungesund sein, aber ein sehr schönes Wachstum. Auch die ersten beiden Monate 2020 waren gut. Aber jetzt herrscht überall große Verunsicherung.

Wie unterschiedlich nehmen Sie die Situationen in den einzelnen Ländern war?
Schmid: Da gibt es tatsächlich große Unterschiede. Und wenn die Politik und die öffentliche Meinung nicht reagieren, dann wird es schwer. Unsere französischen Kollegen haben uns fast wie Außerirdische betrachtet und die Maßnahmen in Österreich als hysterisch abgetan, bevor dann auch Frankreich von einem Tag auf den anderen weitreichende Maßnahmen gesetzt hat.

Wie existenzbedrohend ist die Situation für Ihre Unternehmen?
Schmid: Das ist schwer zu sagen. Wenn das ein ganzes Jahr dauert, dann wird es schon sehr eng. Bei zwei, drei Monaten wird es eben ein Jahr mit wenig oder keinem Gewinn. Aber nicht existenzbedrohend. Wir haben das Glück, dass wir auch kapitalmäßig sehr gut aufgestellt sind. Wenn wir keine gravierenden Fehler machen, sollten wir gut durch die Krise kommen. 

Wienerberger Österreich hat angekündigt, die heimischen Werke für ein Monat stillzustellen. Wie reagieren Ihre Unternehmen wie Baumit, Austrotherm oder Murexin auf die aktuelle Situation?
Schmid: An ein Abstellen der Anlagen haben wir noch nicht gedacht, aber die Kapazitäten etwa in der Zementproduktion werden deutlich heruntergefahren. Eine Ofenanlage in einem Zementwerk kann man nicht einfach hoch- und niederfahren. Dafür braucht es enorme Energien. Sollte der Zementabsatz aber komplett einbrechen und die Lager voll sein, dann wird uns aber auch nichts anderes übrig bleiben, als abzustellen. Wenn das alles rund sechs Wochen dauert und dann langsam wieder der Alltag einsetzt, dann müssten wir gut drüberkommen.

Die Bundesregierung hat beschlossen, dass auf Baustellen weiter gearbeitet werden darf. Ist die Baustellenversorgung mit mineralischen Rohstoffen aus Ihrer Sicht garantiert?
Schmid: Absolut, das ist überhaupt kein Problem.

Für wie lange?
Schmid: Für immer! Als Hersteller mineralischer Baustoffe sind wir Nahversorger. Wir beziehen unser Material aus der Region, wir arbeiten mit Menschen aus der Region und unsere Werke liefern in die Region. Wir sitzen direkt vor Ort und können uns entsprechend anpassen. Das unterscheidet uns auch von Importen. Da ist man zu 100 Prozent abhängig von anderen. Das ist auch ein positiver Effekt der Krise, den ich mir erhoffe und mit dem ich auch rechne: Dass nach dem Ende der Krise eine intelligente Industriepolitik gemacht wird und darauf Rücksicht genommen wird, welche Industrien echte Schlüsselindustrien sind, die wir in Österreich und Europa zur Versorgungssicherheit halten wollen.

Wo könnte es auf den Baustellen zu Engpässen kommen?
Schmid: Im Bereich der Arbeitskräfte könnte es eng werden. Auch langfristig. Denn viele der Mitarbeiter haben ihren Hauptwohnsitz im Ausland. Wenn die bei der Einreise zwei Wochen in Quarantäne müssten, werden sie nicht kommen. Das hat auch langfristige Auswirkungen. Denn die werden auch danach nicht wieder kommen, sondern zwischenzeitlich in ihren Heimatländern Jobs angenommen haben. Denn auch dort herrscht ein Fachkräftemangel.     

Wird die Bauwirtschaft nach Corona eine andere sein?
Schmid: Kurzfristig wird es sicher massive Änderungen geben, gerade auch im Bereich der Arbeitskräfte. Mittelfristig hoffe ich, dass unsere Anstrengungen, den jungen Leuten die Arbeit in der Bauwirtschaft schmackhaft zu machen, Erfolge zeigen.

Last modified onDienstag, 31 März 2020 11:02
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