Fossiles Feuer
- Written by Martin Szelgrad
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Weiter große Zukunft für Kohle, Gas und Öl. Wie wichtig die Fossilen auch in Zukunft sind. Welches Verfahren die Probleme rund um CO2 und Energiespeicherung lösen kann.
Der weltweite Energiehunger wird bei einem weiter positiven Wirtschaftswachstum noch lange nicht gestillt sein. Während man in Europa die Abkehr von Atomkraft debattiert und Maßnahmen zu Energieeffizienz in den Haushalten und in der Industrie setzt, explodiert das Kraftwerkswachstum anderswo. Länder wie Indien und China setzen weiterhin stark auf Kohlekraftwerke, sie können auch gar nicht anders. Kraftwerkskapazitäten im Gigawattbereich, die Woche um Woche in Betrieb genommen werden, lassen sich heute gut mit billiger Kohle lösen. Diese ist im Überfluss vorhanden und kann gemeinsam mit Erdgas auch das nötige Backup zum Ausbau der volatilen Stromerzeugung bei den Erneuerbaren bieten. Wasser, Wind und Sonne gehört die Zukunft, doch ohne fossile Energien wird es nicht gehen. Auch der Verkehr wird noch einige Jahre, bis Jahrzehnte, auf Benzin und Diesel angewiesen sein.
Der Internationalen Energie-Agentur zufolge wird die weltweite Nachfrage nach Öl von derzeit knapp 90 Mio. Barrel pro Tag bis zum Jahr 2035 auf 99 Mio. Barrel steigen. Zwar verbrauchen die OECD-Staaten künftig immer weniger, doch in China explodiert die Nachfrage geradezu, da der Verkehr dort rasant zunimmt. Der Verbrauch von Erdgas erhöht sich noch schneller als der von Öl. Die Experten der IEA haben berechnet, dass er bis 2035 um 44 % zulegen wird. Das entspricht einem durchschnittlichen Wachstum von 1,4 % pro Jahr.
Die Lagerstätten scheinen diese Nachfrage problemlos decken zu können. Leicht zu erreichende Gebiete werden zwar in absehbarer Zeit ausgebeutet sein, doch geraten zunehmend die unkonventionellen Lagerstätten ins Visier der Explorationsunternehmen. Neue Technologien und steigende Rohstoffpreise machen dort den Abbau lukrativ. Was gestern unerreichbar schien, wird heute gefördert. So galt es vor 20 Jahren als unmöglich, der Tiefsee Öl abzutrotzen. Heute reichen die Bohrlöcher bis in 3000 Meter Wassertiefe. Etwa ein Drittel des Öls wird bereits aus dem Meer gewonnen, davon ein Zehntel aus der Tiefsee. Dieser Anteil wird weiter zunehmen.
Gas gespeichert
Doch auch an Land sind noch genügend Ressourcen vorhanden, wie der Schiefergas-Boom, der aktuell vor allem Nordamerika erfasst hat, zeigt. Gas wird auch langfristig ein großes Geschäft für die Branche sein. Studien zufolge herrscht in Europa mindestens bis zum Jahr 2020 ein Überangebot am Erdgasmarkt. Aufgrund des Shelf-Gas-Booms in den USA und Kanada und weltweiten Überkapazitäten bei Liquid Natural Gas (LNG) werden – so sich das Energiewachstum in der Alten Welt irgendwann einbremst – weiterhin attraktive Preise am Gasmarkt herrschen.
Nicht nur die Förderung, auch die Speicherung von Gas wird künftig eine wesentliche Rolle im Energiegefüge Europas spielen. So sind Erdgasspeicher bereits heute ein zentraler Bestandteil einer wirtschaftlichen, sicheren und umweltfreundlichen Energieversorgung. Sie werden durch den steigenden Anteil erneuerbarer Energieträger an der Energieversorgung weiter an Bedeutung gewinnen. In Verbindung mit hocheffizienten Gaskraftwerken gehen sie eine perfekte Symbiose mit Wind- und Solarenergie ein. Denn die schwankende Produktion von Strom aus Wind und Sonne bedarf eines verlässlichen Ausgleichs über das ganze Jahr hinweg. Auch die künstliche Erzeugung von Gas aus Wind- und Sonnenenergie wird immer mehr zum Thema. »Power to Gas«-Verfahren werden von Fachleuten als Schlüsseltechnologie für eine der größten Herausforderungen der Zukunft gehalten: die Speicherung von Energie in großem Umfang. »Die Nachnutzung ehemaliger Erdgasporenlagerstätten als unterirdische Energiespeicher ist dabei das Mittel der Wahl mit großem Entwicklungspotenzial für die Zukunft«, betont auch Markus Mitteregger, Generaldirektor der Rohöl-Aufsuchungs Aktiengesellschaft RAG.
Die Technologie
Power-to-Gas-Verfahren sind auch als »SolarFuel« bekannt. Die energielosen Rohstoffe CO2 und Wasser werden dabei mit Hilfe von elektrischem Strom in synthetisches Erdgas umgewandelt. In der Elektrolyse wird im ersten Schritt Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Im zweiten Schritt wird Wasserstoff mit CO2 zu Methan (CH4) umgesetzt. Dabei steigt die Energiedichte um den Faktor drei an und es entsteht ein marktfähiger und handelbarer Energieträger in Normqualität, der direkt in das Erdgasnetz eingespeist werden kann. Der erzielbare Wirkungsgrad ist größer als 60 %. Der SolarFuel-Prozess realisiert eine Energiespeicherung damit nahe am thermodynamischen Optimum.
>Goldenes Geschäft<
»Vor einem Jahr war am österreichischen Gasmarkt aus Konsumentensicht herzlich wenig los. Die Liberalisierung ist ja relativ langsam vorangekommen. Da haben einfach unabhängige Anbieter gefehlt, um sich von den tradierten Lieferanten lösen zu können«, argumentiert Oliver Apelt, Geschäftsführer goldgas. Seit Juli 2011 ist der deutsche Gasanbieter auch am österreichischen Markt aktiv und zieht nach den ersten neun Monaten eine positive Bilanz: Rund 8.000 Kunden sind »zu Österreichs einzigem privaten Gasanbieter gewechselt und profitieren von den fairen Preisen«, so Apelt. Je nach Bundesland könnten Konsumenten bei einem jährlichen Gasverbrauch von 20.000 kWh mit dem alternativen Angebot bis zu 240 Euro jährlich sparen. »Unser Markteintritt hat allen geholfen«, ist man bei goldgas selbstbewusst. »Dadurch wurden von den Gasversorgern einige geplante Preiserhöhungen ausgesetzt.« War goldgas zum Markteintritt noch günstigster Anbieter, wurde im März 2012 der zweite Platz erreicht – nach der Internetvertriebstochter der Linz AG, die noch günstiger anbot. Für heuer peilt Apelt einen Umsatz von 5 Mio. Euro an und möchte rund 20.000 Kunden bis Jahresende schreiben. Die goldgas-Mannschaft verzichtet bewusst auf langfristige Beschaffungsverträge mit klassischen Gasanbietern wie aus Russland und setzt auf schlanke Prozessstrukturen.