Schwerwiegende Vorbehalte
- Written by Redaktion_Report
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Carl Hennrich: Leider nein. Wir haben im 2. Halbjahr einen sehr starken Rückfall erlitten. Nach der Erhebung der Statistik Austria liegen wir per Ende Oktober bei einem Plus von 1,81 Prozent. Unsere eigene Umsatzerhebung ergibt für 2007 ein vorläufiges Ergebnis von 2,6 Prozent. Diese Erhebung ist relativ repräsentativ weil von 260 Unternehmen bereits 170 ihre Zahlen eingereicht haben und manche Sparten bereits komplett erhoben sind. Im Vergleich dazu hatten wir 2006 ein Umsatzplus von gut 8 Prozent.
Das heißt die Industrie pendelt sich auf hohem Niveau ein?
Der Jahresumsatz 2007 wird in etwa knapp 3,6 Milliarden betragen.
Gibt es Segmente, die besonders auffällig sind?
Die Verteilung ist relativ gleichförmig. Ein Ausreißer nach unten könnte die Beton- und Fertigteilindustrie werden, die derzeit ein Minus von 2,9 Prozent ausweist. Die Zementindustrie weist dagegen ein Umsatzplus von 3,5 Prozent aus und legte mengenmäßig um 6 Prozent zu. Kies und Transportbeton wird mit einem Minus abschließen. Das Plus in der Zementindustrie kann man nicht automatisch auf die Transportbetonindustrie umlegen. Sehr große Mengen Zement gingen an Großbaustellen die mit mobilen Anlagen bedient werden.
Wie sieht es in der Sparte Putz und Mörtel aus?
Die hat sich sehr gut entwickelt und verzeichnet ein Plus von mehr als 6 Prozent. Der Hauptgrund dafür ist der Vollwärmeschutz. Die traditionellen Putze liegen deutlich darunter.
Wie entwickelt sich der Heimmarkt?
Schwächer als der Export. Das kann ich sagen ohne auf entsprechende Zahlen zu verweisen.
Gibt es dann überhaupt ein Wachstum im österreichischen Markt?
Das Wachstum ist im Tiefbau stärker als im Hochbau. Wir liegen im Wohnbau mit einer Fertigstellungszahl von etwa 43.000 Einheiten unter dem langjährigen Durchschnitt von 46.000. Erst kürzlich errichte uns eine Prognose des WIFO in der spätestens 2010 von einer jährlichen Produktion von 50.000 Wohneinheiten ausgegangen wird. Wir sehen das derzeit nicht, dazu bräuchte es wirkliche Großprojekte, die es außerhalb Wiens nur selten gibt. Dazu kommt, dass der Ein- und Zweifamilienhausbau eher rückläufig ist.
Kann man daraus schließen, dass das Bauen den Menschen langsam zu teuer wird?
Ein solides Einfamilienhaus kommt auf rund 300.000 Euro - was nicht wenig ist. Die Förderungsbestimmungen sind stark ökologisch ausgerichtet und zöger die Investitionsentscheidungen der Häuslbauer hinaus. Je stärker es in Richtung Niedrigenergie- oder Passivhaustechnologie geht, desto teuerer wird das Bauen. Dazu kommt, dass wir langsam auch an die Grenzen der Zersiedelung stoßen. Die Entwicklung der Grundstückspreise ist bekannt.
Geht die Schere zwischen Reich und Arm auch im Wohnbau auf und bricht die Mitte weg?
Es ist klar, dass der Ein- und Zweifamilienhausbau zurückgehen muss. Das Bevölkerungswachstum beruht im wesentlichen auf Zuwanderung. Die Menschen, die zu uns kommen, können sich das Einfamilienhaus in der Regel schlichtweg nicht leisten.
Wie sieht die Zukunft im mehrgeschossigen Wohnbau aus?
Es gibt ja den Entwurf einer Artikel 15 a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern, über die Qualitätsstandards zur Errichtung und Sanierung von Gebäuden. Wir haben schwerwiegende Vorbehalte gegen diesen Entwurf. Darin sind die Mindestanforderungen für die Förderung ab 2015 für die Raumwärme mit einem Zielwert von 10 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr enthalten. Verpflichtend ist ab 2012 im mehrgeschossigen Wohnbau 20 kwh, das wird da oder dort erreichbar sein. Im Ein- und Zweifamilienhausbau sind 30 kwh pro m² und Jahr vorgesehen. Dort wird es vermutlich gröbere Probleme geben, außer man dämmt überdimensional. Besonders problematisch ist, dass die bautechnischen Vorschriften, die Anforderungen der Förderbestimmungen um maximal 25 Prozent überschreiten dürfen. Das bedeutet, dass man im mehrgeschossigen Wohnbau ab 2012 nur mehr dann eine Baubewilligung erteilt wird, wenn der Nachweis erbracht wird, dass der Energieverbrauch nicht höher ist als 25 Kilowattstunden pro m² und Jahr ist. Das wird die Kosten enorm erhöhen, vor allem im freifinanzierten Wohnbau.
Das heißt auch das private Bauen wird teurer?
Auch das, denn dann gibt es für den Häuslbauer keine Alternative mehr billiger und ohne Förderung zu bauen. Das ist eine Bestimmung, die uns überhaupt nicht passt.
Sonst ist der Entwurf aus ihrer Sicht okay?
Was fehlt ist eine Angabe über den Mehrbedarf. Wir werden dringend verlangen, dass in der 15a-Vereinbarung auf den notwendigen Neubaubedarf eingegangen wird. Das Finanzierungsvolumen im Finanzausgleichsgesetz sollte ergänzt werden durch ein Mengenziel. Es soll eine jährlich zu fördernde Anzahl an Wohnungen definiert werden.
Geht es dabei darum klar zu machen, dass bei hohen Qualitäten bestimmte Mengen mit den vorhandenen Mitteln nicht erzielbar sind?
Wir wollen das Umweltministerium und die Länder zu einer klaren Kalkulation veranlassen. Das heißt, es soll definiert werden wie viele Wohnungen mit den vorhandenen Geldern gebaut werden können. Dann wird klar was an freifinanzierten Wohnbau notwendig wird um den Bedarf zu decken. Zusätzlich fordern wir im Zuge der Steuerreform eine Milliarde für den Wohnbau. Die Forschungsgesellschaft Wohnen, Bauen und Planen hat in einer Studie ganz klar dargelegt, dass die Sanierungs- und Neubauziele der Regierung nur dann erreichbar sind, wenn steuerliche Maßnahmen im Ausmaß von 460 Millionen pro Jahr gesetzt werden.
Ist es aus der Sicht des Klimaschutzes nicht ein Trauerspiel, dass es bislang keine Regierung geschafft hat ein attraktives Modell für die Sanierung zu kreieren? Wäre das nicht ein Fall für den Klimafonds?
Um die Sanierungsrate auf zumindest 3 Prozent zu heben müsste der Klimafonds eingreifen und höher dotiert sein. Die geförderte Sanierung stagniert auf einem Niveau von rund 550 Millionen Euro. Rund 20 Prozent davon entfallen auf die thermische Sanierung. Ich wehre mich aber strikt dagegen, dass die thermische Sanierung ausschließlich mit Mitteln der Wohnbauförderung angekurbelt werden soll. Wenn sich die Republik Klimaziele setzt, soll sie auch Mittel dafür zur Verfügung stellen.
Profitiert ihr Industriezweig vom Klimafonds?
Wir sind sehr froh, dass es ihn gibt. Wir haben ein Forschungsprojekt zum Thema Nachhaltigkeit von Gebäuden eingereicht und der Klimafonds trägt davon mit rund 780.000 Euro einen Großteil.
Worum geht es dabei?
Zum Beispiel um die Lebensdauer von Bauteilen und Bauprodukten. Je höher die Lebensdauer, desto weniger oft fällt zur Herstellung CO2 an. Ab er auch um Themen wie den Transportrucksack von Baustoffen.
Themenwechsel. Der Fachverband befürchtet, dass die EU-Vorgaben zum Klimaschutz mittelfristig das Ende der Kalk-, Zement- und Ziegelindustrie in österreich bedeuten. Handelt es sich bei massiven Baustoffen nicht um lokale Güter bei denen die Kosten der CO2-Zertifikate an die Kunden weitergegeben werden?
Das Funktioniert nur eingeschränkt. Die Zementindustrie war im Vorjahr in der Lage Kostenerhöhungen weiterzugeben. Der Zementmarkt boomt in ganz Europa. In der Ziegelindustrie haben wir in den letzten zwei Jahren gesehen, dass Ziegeltransporte über wesentlich größere Distanzen als früher möglich sind. Der Export in Richtung Ost- und Südosteuropa wurde nennenswert erhöht. Wenn die Ziegelindustrie ab 2013 Zertifikate um 30 oder 35 Euro ersteigern muss, dann befürchte ich schlimmes für die Ziegelindustrie. Dann sind jene Länder, die vom Klimapaket begünstigt sind, etwa die Slowakei, Tschechien und Ungarn in der Lage westentlich günstiger zu produzieren. Dann werden nicht mehr wir exportieren, sondern mit einem deftigen Ziegelimport konfrontiert sein.
Sind das nicht wieder österreichische Unternehmen, die dann importieren?
Es sind jene Firmen, die in der Vergangenheit in Südosteuropa investiert haben und dann dort billiger produzieren können.
Das EU-Klimapeket gilt ja auch in den neuen EU-Mitgliedsländern, damit haben alle dieselben Bedingungen, oder nicht?
Nein, diese Länder sind bei der Zahl der Zertifikate begünstigt. Im Entwurf der revidierten Emissionshandelsrichtlinie gibt es die Bestimmung, dass die reichen Länder einen zehnprozentigen Solidaritätszuschlag für die armen Länder zu leisten haben.
Sie fordern beim Emmissionshandel eine Ausnahme für Kleinanlagen bis 50.000 Tonnen. Die EU hingegen will auch Gips und Mineralwolle ins Regime bringen. Wäre es ein Schaden für die Hersteller von Massivbaustoffen, wenn auch jene Produkte belastet würden, die im Leichtbau zum Einsatz kommen?
Wir vertreten auch die Gipsindustrie und die Produzenten von Steinwolle. Grundsätzlich gilt, dass man jedem Unternehmen nur gratulieren kann, dass sich den Emmisssionshandel erspart. Für beide Industrien ist noch keine Entschedidung gefallen. Unsere Position dazu ist klar: nicht Hineingehen, das gilt besonders im Hinblick auf die kleineren Gipserzeuger.
Wie stehen sie zum Match der beiden Fraktionen Leicht- und Massivbau? Wäre ihnen etwas mehr Harmonie lieber?
Natürlich, wir vertreten beide Gruppen und auch Firmen, die in beiden Gruppen vertreten sind. Erst Anfang Dezember hat man sich darauf verständigt, dass man in den gemeinsamen Fragen, wie etwa Wohnbaupolitik und Marketing für das Bauen gemeinsam arbeitet. So lange es mich hier gibt, werde ich mich bemühen, die beiden Gruppen im Zaum zu halten. Beiden Gruppen ist nur zu raten, die Vorzüge ihrer Produkte in den Vordergrund zu stellen und nicht gegen andere Baustoffe loszuziehen. Ich versuche insgesamt ausgleichend zu wirken.