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Die »7 Todsünden«

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Was macht eine gute Führungskraft aus?

 

Schon die politischen und religiösen Führungskräfte der Antike fragten sich, was eine gute Führungskraft ausmacht. Darunter auch Papst Gregor I., der Ende des 6. Jahrhunderts einen Lasterkatalog erstellte, der Managern auch heute noch als Richtschnur dienen kann.

Von Georg Kraus

Menschen und Organisationen führen – vor dieser Aufgabe stehen nicht nur die Manager heute. Schon in der Antike hatten Würdenträger diese Aufgabe. Auch die religiösen Führer der katholischen Kirche standen vor dieser Herausforderung. Nachdem der christliche Glaube im Jahr 380 römische Staatsreligion geworden war, entwickelte sich die Kirche zu einer großen und mächtigen Organisation, mit ihren zahlreichen Bistümern, Orden und Klöstern vergleichbar mit einem multinationalen Unternehmen mit vielen Tochtergesellschaften.  Es stellte sich die Frage, nach welchen gemeinsamen Prinzipien die Kirche geführt werden sollte und wie sich ihre »Führungskräfte« verhalten sollten. Denn eines war ihnen bewusst: Wenn sich die Amtsträger in unserer Organisation falsch verhalten und ihren Mitarbeiter keine Verhaltensorientierung geben, dann bricht die Organisation schnell auseinander.

Auch Papst Gregor I. beschäftigte sich mit diesem Thema und formulierte Ende des 6. Jahrhunderts den »Lasterkatalog«. In ihm listet er sieben Wurzelsünden auf, oft fälschlicherweise als Todsünden bezeichnet. Sie beschreiben Einstellungen und Haltungen, die zu einem Fehlverhalten und somit Fehlentwicklungen führen können. Diese sieben Wurzelsünden sind auch heute noch relevant. Manager, die echte Führungspersönlichkeiten sind, vermeiden sie intuitiv.

>> Wurzelsünde 1: Superbia – Hochmut <<

Für Gregor I. war dies die schwerste Sünde. Denn Hochmut, Ruhmsucht und Stolz waren für ihn Ausdruck einer Ich-Bezogenheit. Das heißt, der »Hochmütige« begreift sich nicht mehr als Teil eines großen Ganzen. Er fühlt sich seinem Umfeld überlegen und gibt sich Allmachtsfantasien hin. »Ich kann alles – steuern, beherrschen, tun.« Dem Hochmütigen fehlt die Demut: Er ist sich seiner Angewiesenheit auf andere und seiner Grenzen nicht mehr bewusst. Auch Manager sind vor Hochmut nicht gefeit – gerade wenn sie schon oft ihre Exzellenz bewiesen und Überdurchschnittliches geleistet haben. Leben sie in einem Elfenbeinturm und sind sie nur noch von Bewunderern und »Hofschranzen« umgeben, besteht die Gefahr, dass sie den Realitätsbezug verlieren. Dann ist ein Scheitern absehbar. Denn Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall. Deshalb sollten sich Führungskräfte mit starken Persönlichkeiten umgeben, die ehrliches Feedback liefern und sich immer wieder bewusst in ein Umfeld begeben, wo der berufliche Status nebensächlich ist.

>> Wurzelsünde 2: Avaritia – Habgier <<

Wer ausschließlich in Ich-Kategorien denkt und handelt und stets versucht, für sich das Optimum herauszuschlagen, wird einsam. Er findet weder Freunde noch Verbündete – außer solchen, die zeitlich mit ihm paktieren, um ihn bei der erstbesten Gelegenheit über den Tisch zu ziehen. Ebenso wie dies der »Habgierige« seinerseits tun würde.  Für »Habgierige« haben Verträge, Zusagen, Beziehungen nur so lange einen Wert, wie sie davon profitieren. Das spüren ihre Mitmenschen. Also entwickeln sie zu ihnen kein Vertrauen. Deshalb stehen »Habgierige«, wenn es hart auf hart kommt, meist alleine da.

Von »Avaritia« ist mancher Manager bedroht. Denn wer nach oben will, muss auch einen gewissen Biss, also Ehrgeiz, haben. Auch manche Organisation hat die Avaritia gepackt. Die Folge: Kunden werden über den Tisch gezogen, Lieferanten und Mitarbeiter bis zum Geht-nicht-mehr ausgepresst. Die Folge: Illoyale Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter, worunter zumindest langfristig der Erfolg leidet.

Deshalb sollten sich Führungskräfte, um nicht der Avaritia zu verfallen, regelmäßig bewusst machen, wie wichtig verlässliche Partner zum Erreichen eines Zieles sind.

>> Wurzelsünde 3: Luxuria – Verschwendung <<

Mitarbeiter haben eine feine Nase dafür, was dem Chef wirklich wichtig ist. Geht es ums große Ganze oder wird primär das eigene Ego befriedigt und zur Schau gestellt?

Entsprechend vorsichtig sollten Unternehmensführer damit sein, ihren persönlichen Erfolg – öffentlich – zu genießen, indem sie sich allzu demonstrativ mit den Insignien der Macht und Statussymbolen schmücken. Wer sich zu selbstverliebt im Glanz des Erfolgs sonnt, schafft sich auch viele Neider – Neider, die auf kleine »Fehltritte« warten, um diese dann öffentlich anzuprangern und auszuschlachten. Mancher »Ex-Manager des Jahres« kann hiervon ein Lied singen.

Manager müssen als Repräsentanten ihrer Unternehmen auch beim Genießen stets das rechte Maß halten. Denn alles, was sie tun, wird letztlich mit ihren Unternehmen identifiziert – ganz gleich, ob dies inner- oder außerhalb der Firmenmauern geschieht. Deshalb sollten Führungskräfte regelmäßig die Auswirkungen ihres Handels auf das Umfeld hinterfragen und sich in Erinnerung rufen, dass auch Bescheidenheit eine Zier ist.

>> Wurzelsünde 4: Ira – Zorn <<

Geradezu legendär sind die jähzornigen Wutausbrüche mancher »Alphatiere« an der Unternehmensspitze, wenn ihnen etwas missfällt. Und Einzelne genießen es geradezu, Untergebene oder Schwächere vor Publikum mit Worten zu »sezieren«.

Mit sadistischen Despoten arbeiten nur Masochisten gerne zusammen. Selbstbewusste Mitarbeiter kehren ihnen entweder eigeninitiativ den Rücken oder sie werden »gefeuert«– weil sie ein offenes Wort wagten. Die Folge: Der von Ira geplagte Unternehmensführer ist irgendwann nur noch von »Bücklingen« umgeben, deren gesamtes Denken und Tun darauf abzielt, dem »Herrn« zu gefallen. Das heißt, der Chef wird zum isolierten Patriarchen, zu dem nur noch ausgewählte und oft »geschönte« Informationen dringen. Das schmälert seine Urteilskraft und erhöht die Gefahr von Fehlentscheidungen – die von den gepiesackten »Partnern« und »Untergebenen« genüsslich registriert werden.

Deshalb sollten Führungskräfte niemals der ersten Emotion Raum lassen, sondern bei Verärgerung erst einmal »darüber schlafen«. Ein falsches Wort am falschen Ort zur falschen Zeit hat schon manche langjährige Beziehung zerstört.

>> Wurzelsünde 5: Gula – Völlerei <<

»No pain, no gain« beziehungsweise »Ohne Fleiß kein Preis«: Diese Maxime haben fast alle Manager verinnerlicht. Deshalb ist die Gefahr groß, dass sich ihr Leben irgendwann nur noch um die Arbeit dreht, während andere Lebensbereiche verkümmern. Dieses Manko spüren auch die Betroffenen. Also muss es kompensiert werden – zum Beispiel mit Drogen wie Alkohol. Oder mit Tabletten, die helfen, den Stress zu ertragen. Oder mit der Suche nach dem ultimativen Kick – sei es in irgendwelchen Affären oder sonstigen Abenteuern, die den Betroffenen das Gefühl vermitteln: Ich lebe noch.

Doch leider ist damit meist wenig Genuss verbunden, denn: Genießen erfordert Zeit. Entsprechend schnell verlieren die Dinge ihren Reiz. Also muss die »Dosis« erhöht werden, um noch etwas zu empfinden. Und schon beginnt ein Teufelskreislauf, der häufig in einem Zusammenbruch und/oder einer zynischen Lebenshaltung mündet.

Deshalb sollten Führungskräfte auf Warnungen von Freunden oder Verwandten unbedingt hören und bedenken, dass der Weg zum Erfolg auch die eine oder andere Auszeit beinhalten sollte. 

>> Wurzelsünde 6: Invidia – Neid <<

Sich im Wettstreit mit anderen Menschen zu messen und ihnen nachzueifern – das scheint eine zentrale Triebfeder der Menschen zu sein. Zerstörerisch wird dieser schöpferische Trieb jedoch, wenn daraus die Maxime resultiert: Ich muss stets der Beste, Tollste, Erfolgreichste sein. Denn dann erwächst hieraus Missgunst und Eifersucht. Das heißt: Dem anderen wird dessen Erfolg nicht mehr gegönnt, weil er scheinbar den eigenen infrage stellt. Also muss der Erfolg des anderen entweder zerstört oder relativiert, also verkleinert werden, damit er das eigene Ego nicht zerfrisst. Das macht es unmöglich, vom anderen zu lernen und mit ihm eventuell eine Allianz zu schmieden, von der alle Beteiligten profitieren. Denn Neid lässt Gemeinsamkeit nicht zu. Er zerstört jeder Form der Kooperation.

Auch Führungskräfte sollten anderen Menschen und Unternehmen den Erfolg gönnen und sich die eigenen Erfolge bewusst machen, ohne auf die Erfolge anderer zu starren.

>> Wurzelsünde 7: Acedia – Trägheit <<

Wer unter einer Trägheit des Herzens und des Geistes leidet, dem ist letztendlich alles egal. Mangels Neugier und Interesse wird vieles in der Umwelt nicht mehr wahrgenommen. Und wenn doch? Dann löst es in ihm keine Emotionen aus: weder Freude noch Ärger, weder Neugier noch Motivation. Also besteht für ihn auch kein Anlass, über das, was um ihn herum geschieht und was sich dort verändert, nachzudenken. Und schon gar nicht sieht er einen Anlass, das eigene Denken und Handeln zu hinterfragen. Die Folge dieser Denkfaulheit: Der »Erkrankte« entwickelt sich nicht weiter, weshalb er irgendwann wie ein Fossil aus der Vergangenheit durchs Leben (sowie die Unternehmenslandschaft) tappt.

Deshalb sollten vor allem Führungskräfte mit offenen Augen durchs Leben gehen und das Gespräch mit anderen Menschen suchen.

Die Wurzelsünden sind letztlich Grundprinzipien für ein balanciertes Leben und zum Vermeiden einer zu starken Ich-Bezogenheit – etwas, was vielen Führungskräften gut tun würde.

 

>> Prävention:

Wie Sie sich gegen die Verlockungen der »sieben Todsünden« wehren
1. Superbia - Hochmut:
>> Umgeben Sie sich mit Personen mit Rückgrat, die Ihnen ehrliches Feedback geben.
>>  Begeben Sie sich ab und zu bewusst in Milieus, in denen Ihr beruflicher Status wenig zählt.
2. Avaritia – Habgier:
>> Machen Sie sich bewusst, wie wichtig verlässliche Partner zum Erreichen der (Lebens-)
Ziele sind.
>>  Denken Sie ab und zu daran: Sein (und Leben) ist mehr als Haben.
3. Luxuria – Verschwendung:

>>  Fragen Sie sich regelmäßig: Wie wirkt mein Handeln auf mein Umfeld?
>> Denken Sie daran: Auch Bescheidenheit ist eine Zier.
4. Ira – Zorn
>> Schlafen Sie, wenn Sie die Wut packt, erst einmal darüber, bevor Sie »Partnern« spontan ein verletzendes Feedback geben.
>> Denken Sie daran: Ein falsches Wort am falschen Ort zur falschen Zeit hat schon manche langjährige Beziehung zerstört.
5. Gula – Völlerei
>> Hören Sie auf die Warnungen von Freunden und Verwandten.
>> Gönnen Sie sich ab und zu eine Auszeit, in der Sie sich fragen: Befinde ich mich noch auf dem richtigen Lebensweg?
6. Invidia – Neid
>> Machen Sie sich Ihre eigenen Erfolge bewusst, statt stets auf die Erfolge anderer zu starren.
>> Gönnen Sie auch anderen Menschen und Organisationen ihren Erfolg. Denn auch sie haben ihn sich verdient.
7. Acedia – Trägheit
>> Gehen Sie mit offenen Augen durchs Leben.
>> Suchen Sie oft das Gespräch mit Menschen, die etwas bewegen (möchten) – sei es im Bereich Kultur, Technik oder Wirtschaft.

>> Zum Autor:

Dr. Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner. Er ist u.a. Autor des »Change Management Handbuchs« sowie zahlreicher Projektmanagement-Bücher. Seit 1994 ist er Lehrbeauftragter an der Universität Karlsruhe, der IAE in Aix-en-Provence und der technischen Universität Clausthal.

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