Umfangreiche polizeiliche Maßnahmen zeigen Wirkung. Die Kriminalstatistik zeigt klare Rückgänge bei Einbruchsdelikten. Sicherheitsvorkehrungen sind dennoch angebracht. Von Karin Legat Das Sicherheitsbewusstsein der österreichischen Bevölkerung ist deutlich gestiegen. Und das ist gut so. Die aktuelle Kriminalitätsstatistik weist zwar bei der Gesamtkriminalität und bei Einbruchsdelikten einen Rückgang auf, von einer Trendwende kann jedoch noch lange keine Rede sein. Einbrecher sind nach wie vor keine Ausnahme. Wie sieht die Psychologie von Einbrechern aus, wie hält man Kriminelle vom eigenen Grund und Boden fern? Und wie steht es um die aktuellen Kriminalitätszahlen?»Gaunerzinken« – mancher Wohnungs-, Lokal- und Hausbesitzer musste mit diesen kriminellen Geheimzeichen bereits schlechte Erfahrung machen. Im Glücksfall haben potenzielle Einbrecher diese übersehen oder die Zeichen wurden rechtzeitig von Briefkästen, Zäunen, Gegensprechanlagen, Türen und Fassaden entfernt. Oft entdecken Einbrecher aber diese Symbole vor dem Gebäudebesitzer, erkennen darin Empfehlungen ihrer Bandenkollegen für lukrative Einbruchsorte und Warnhinweise, etwa vor einem Hund oder einer Alarmanlage, und schlagen zu.Der sprichwörtlichen Ganovenehre wird keine Bedeutung beigemessen, allein die Beute zählt. Die Wohnung einer betagten Dame ist ebenso Ziel wie etwa ein kleines Buchgeschäft. »Ganovenehre ist heute nur mehr im Fernsehen zu finden. Auf der Straße ist davon nichts zu spüren,« meint Oberst Helmut Greiner, Pressesprecher des Bundeskriminalamts. Alexandra Nagy, Unternehmenssprecherin der Sicherheitsfirma EVVA, kann dem nur zustimmen. »Wenn man sich die große Betroffenheit von Einbruchsopfern vor Augen führt, bezweifle ich stark, dass es so etwas wie Ganovenehre jenseits vom Spielfilmmilieu gibt.« 2009 war das Jahr der Einbrüche in Österreich. Laut Bundeskriminalamt haben sie sich von 11.553 im Jahr 2008 auf 12.259 im Vorjahr erhöht. Bei Häusern stiegen die angezeigten Fälle von 5.627 auf 7.459.Heuer können Innenministerium und Polizei endlich auf erfreuliche Daten verweisen. Die Zahl aller gerichtlich strafbaren Handlungen sank von 142.553 im 1. Quartal 2009 auf 131.914 im 1. Quartal 2010, das entspricht einem Minus von etwa acht Prozent. Bei den angezeigten Fällen von Einbruchdiebstahl gab es generell einen Rückgang um 27 Prozent. »Unsere Polizeiarbeit wirkt. Wir gestalten Sicherheit«, zeigt sich Innenministerin Maria Fekter bei der Präsentation der aktuellen Kriminalitätsstatistik zufrieden. Besonders deutliche Rückgänge der Kriminalität sind zwischen dem 1. Quartal 2009 und 2010 in Niederösterreich (-22,13 %),Oberösterreich (-17,65 %) und Salzburg (-13,94 %) zu verzeichnen. Die höchsten Aufklärungsquoten im abgelaufenen Berichtsjahr wiesen Vorarlberg (57,39 %),das Burgenland (53,47 %) und Oberösterreich (51,47 %) auf. Die Verhaftungsstatistik der ersten Monate dieses Jahres kann sich auch sehen lassen. Insgesamt wurden von Jänner bis Ende März 53.197 Verdächtige ermittelt, bei denen es sich zu 69,4 Prozent um österreichische Staatsbürger handelt. Bei Delikten wie Autodiebstahl und Wohnungseinbruch waren ausländische Beschuldigte mit einem Anteil von über 60 Prozent führend.Tatort-MonitoringAusschlaggebend für den deutlichen Rückgang sind laut Innenministerin die umfangreichen polizeilichen Maßnahmen, die seit der zweiten Jahreshälfte 2009 gesetzt werden. »Wir haben vergangenes Jahr mit Intensivtäter-Ermittlungen, kriminalpolizeilichen Schwerpunktkontrollen, den Sonderkommissionen Ost und Kfz, mit einer intensiven Ausbildung der Polizisten im Bereich der Tatortarbeit sowie zusätzlichen Mitteln für die DNA-Auswertung und der Einführung des Tatort-Monitorings auf die gestiegenen Einbruchszahlen reagiert«, erläutert Mag. Manfred Reinthaler, Sprecher der Wiener Polizei. Auch heuer setzt die Polizei ihren Kampf gegen die Einbruchskriminalität verstärkt fort. Ebenso wie das Bundeskriminalamt, das sich derzeit schwerpunktmäßig auf die Bereiche Einbruchsdiebstähle, Raubüberfälle und Vandalismus konzentriert. »Aufgrund der Kriminalitätsentwicklung in den sogenannten Hotspot-Bereichen im Osten Österreichs – Wien, südliches Niederösterreich und Burgenland – wurde bereits vergangenes Jahr ein Masterplan zur Bekämpfung und Eindämmung der Einbruchskriminalität entwickelt«, berichtet Oberst Greiner vom Bundeskriminalamt. Ziel des Masterplans ist die Senkung der Fallzahlen, das Festsetzen von Straftätern auf frischer Tat, Strukturermittlungen sowie die Hebung des subjektiven Sicherheitsgefühls. Mit präventiven und operativen Maßnahmen wie Schwerpunktaktionen, Ausgleichsmaßnahmen, Sonderkommissionen und der DNA-Offensive sollen die Ziele rasch erreicht werden. Als begleitende Maßnahmen wird auf bedarfsorientierten, flexiblen Personaleinsatz, Ausbildungsschwerpunkte, Personalentwicklung und die Nachjustierung internationaler Verträge gesetzt. Regionale, bundesländer- und staatenübergreifende Schwerpunktaktionen runden die Struktur des Masterplans ab. »Die aktuellen Zahlen zeigen sehr eindrucksvoll, wie wirksam diese Art der Ermittlungsarbeit ist. Die im Masterplan enthaltenen Maßnahmen und Strategien greifen«, zeigt sich Bundesinnenministerin Maria Fekter zufrieden. Dr. Herbert Anderl, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, ergänzt: »Aufgrund unserer Ermittlungen konnten wir feststellen, dass etwa die SOKO-Ost mit ihren Schwerpunktaktionen den Tätergruppen mittlerweile ein Dorn im Auge ist. Für viele ist Österreich als Zielland nicht mehr so attraktiv wie früher – die permanente Polizeipräsenz, gepaart mit den kriminalpolizeilichen Strategien, schreckt immer mehr Kriminelle ab.« Trotz oder gerade wegen der im Moment erfreulichen Zahlen zum Rückgang der Kriminalität darf das Thema Sicherheit nicht vernachlässigt werden. Früher waren vor allem schlecht gesicherte Objekte gut situierter Bürger Angriffsziel von Einbruchsdieben, heute trifft dieses Merkmal nicht mehr zu. »Ein Einbruch erfolgt schnell, er ist meist leicht durchzuführen, es gibt in der Regel keine Zeugen«, zeigt Christian Kebert von Alarmteam auf. Die Folge: »Es gibt kaum jemanden, der keine von Einbruch betroffenen Personen im Verwandten- und Bekanntenkreis hat«, bedauert Franz Lang, Leiter des Bundeskriminalamts. Daher muss jeder selbst für seine Sicherheit etwas beitragen. Der urbane Bereich ist stärker betroffen als der ländliche. Wohnungen sind für Einbrecher weniger interessant als Häuser, grenznahe Bereiche im Osten sind anfälliger für Einbrecher als der Westen. Entlang von Hauptverkehrsadern ist die Einbruchsstatistik bezogen auf Unternehmen besonders hoch. »Auf diesen Trend haben wir mit einem SMS-Infodienst reagiert. Nach einer kostenlosen Registrierung erhalten Unternehmen sicherheitsrelevante Informationen zu Trickbetrügern, Falschgeld usw. in ihrer Einkaufsregion«, berichtet Oberst Greiner.Hohes SicherheitsgefühlTrotz der hohen Betroffenheit von Einbruchskriminalität ist das Sicherheitsgefühl der Österreicher hoch. Laut Sicherheitsbarometer des Kuratoriums für Verkehrssicherheit sehen sich 63 Prozent der Befragten nicht als künftige Opfer von Kriminalität. Mit diesem Wert kann sich Österreich dem internationalen Ranking auf jeden Fall stellen. Im Vergleich der Hauptstädte in Bezug auf das Unsicherheitsgefühl liegt Wien mit 21 Prozent weit unter dem Durchschnitt. Die Liste wird angeführt von Sao Paulo/Brasilien (72 %), Buenos Aires/Argentinien (66 %) und Maputo/Mosambique (65 %). In Europa fühlen sich die Athener (55 %) und Istanbuler (51 %) am unsichersten.Zauberwort PräventionDie Kriminalitätsstatistik 2010 zeigt zwar eine Reduktion der Einbruchszahlen, die angezeigten 4.497 Einbruchdiebstähle im 1. Quartal 2010 sind aber nicht wegzureden. 4.497 Einbruchdiebstähle bedeuten 4.497 Mal Kummer und Leid. Neben dem Vermögensschaden, der durch Einbruchsdiebstähle in Geschäftslokalen, Wohnungen und Wohnhäusern verursacht wird, beeinträchtigen diese kriminellen Handlungen vor allem das objektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Hier versuchen Polizei und Bundeskriminalamt jeden einzelnen dazu zu motivieren, aktiv zu werden. Kriminalprävention lautet das Zauberwort. In den letzten Jahren hat diese Sicherheitsvorsorge bedeutend an Gewicht gewonnen, sie ist aus der modernen Kriminalitätsbekämpfung nicht mehr wegzudenken. Beleuchtung mit Bewegungsmeldern, Sicherheitstüren und einbruchhemmende Fensterbeschläge sind einige der Maßnahmen, die als Barrieren gegen Einbrecher eingesetzt werden können. Unternehmen werden von Polizei und Wirtschaftskammer zusätzlich darin bestärkt, selbstverständliche Vorsorgemaßnahmen mit Nachdruck umzusetzen. Dazu zählen u.a.: keine Ablage von wertvollen Gegenständen in ungesicherten Auslagen, im Falle einer längeren Abwesenheit für die regelmäßige Entleerung der Briefkästen sorgen, Vergabe von Geschäftsschlüsseln nur an Vertrauenspersonen. Die sorgfältige Sicherung der Fenster minimiert ebenso die Gefahr eines Einbruchs. Christian Kebert empfiehlt zusätzlich die Installation einer Videoüberwachung. »Die mögliche Wiedererkennung schreckt einen Großteil der Einbrecher ab.« Auch sichtbare Sirenen haben eine präventive Wirkung. Kriminalprävention wird grundsätzlich als gesamtgesellschaftliche Aufgabe angesehen. Dem pflichtet auch Polizeisprecher Reinthaler bei: »Jeder ist aufgerufen, seinen Beitrag dazu zu leisten. Prävention kann von der Polizei alleine nicht bewältigt werden.«Einfache Maßnahmen, große WirkungMit relativ geringem Investitionsaufwand können laut Wirtschaftskammer besonders bei Einbruchsdiebstählen in nachts unbewohnten Liegenschaften sehr gute Erfolge im Objektschutz erzielt werden. Gute mechanische Sicherungen der Türen und Fenster sowie Alarmanlagen und Geldschränke mit hoher Schutzklasse erweisen sich als sinnvolle Investition und minimieren nachhaltig das Risiko, Opfer böser Überraschungen zu werden. In einigen Bundesländern wird der Einbau von Sicherheitstüren gezielt gefördert. Auch die Absicherung mittels Alarm- und Videoanlagen wird unterstützt. Für viele Unternehmen und Privatpersonen ist eine Alarmanlage die wirksamste Abschreckungsmaßnahme gegen Einbrecher. Eine Meinung, die von den Tätern selbst bestätigt wird. Befragungen in Gefängnissen ergaben, dass Einbrecher vor allem Objekte ohne Alarmanlagen für ihre Aktionen auswählen. Mit einfachen Mitteln lässt sich auch den zuletzt gestiegenen Verzweiflungseinbrüchen begegnen. Hier handelt es sich um unkoordinierte Einbrüche, die von Einzelpersonen begangen werden, die weder über Know-how noch über geeignetes Werkzeug verfügen und deshalb durch gute Sicherheitsvorkehrungen wirksam aufgehalten werden können.SachbeschädigungenEine Kriminalitätsform, die auch mit allen Sicherheitseinrichtungen nur bedingt aufgehalten werden kann, ist der Vandalismus. Die Zunahme an Sachbeschädigungen wie das Einwerfen von Scheiben, das Demolieren von Autos oder das Aufschlitzen von Polstersitzen in öffentlichen Verkehrsmitteln stimmt alle Sicherheitsexperten sehr nachdenklich. EVVA-Sprecherin Alexandra Nagy bringt es auf den Punkt: »Vandalismus trifft leider nicht nur auf Einbrecher zu, sondern tritt in vielen Personengruppen der Gesellschaft auf. 71 Prozent der Bildungseinrichtungen geben beispielsweise an, dass mutwillige Sachbeschädigungen für die nächsten Jahre ein sehr wichtiges Thema sein werden.« Die Zerstörungslust der Täter kennt dabei keine Grenzen. Einbrecher gehen auch nicht zimperlich vor. »Man muss aber festhalten, dass sie in den meisten Fällen leise sein müssen, sie verfügen auch nicht über alle Zeit der Welt. Durch Körpereinsatz wie Fuß- oder Schulterstoß können jedoch nicht richtig abgesicherte Türen oftmals problemlos überwunden werden.« Zu 100 Prozent kann man sich laut Sicherheitsexperten nicht gegen einen Einbruch wappnen, aber es gibt eine Vielzahl an Produkten, die präventiv wirken. Diese Produkte in Kombination mit weiteren Maßnahmen wie Nachbarschaftshilfe, Licht, regelmäßig geleerten Postkästen, Hunden und natürlich dem Einsatz der Exekutive sind wirkungsvolle Mittel, mittels derer die Österreicher sich in den eigenen vier Wänden, egal ob beruflich oder privat, sicherer fühlen können. »Die Einbrechertypen haben sich geändert. Heute ist die Vorgehensweise von Kriminellen brutaler, rücksichtsloser und organisierter. Die Täter sind besser ausgerüstet,« zeigt Dr. Thomas Ollinger von Security Land auf. Dennoch bilden Prävention, Abschreckung und Überwachung sowohl für den Privaten als auch für den Firmenchef die beste Versicherung gegen Einbruch und Diebstahl.Vorschau Serie Teil II: Die Sicherheitsindustrie: Mit welchen Mitteln wird der Unternehmenssitz sicherer? Alle Produkte rund um baulichen Einbruchsschutz. Und: Wie kann man sich in der digitalen Arbeitswelt vor Datenverlust schützen?