Was sich in der Callcenter-Szene tut, was den Unterschied bei guten Services ausmacht. Im Gespräch mit Anbietern. Die Konzepte, die für Erfolg sorgen. Neue Technik vorgestellt. In Gesprächen mit Callcenter-Betreibern wurde früher meist über technische Raffinessen, Blech und Leitungsdicken geplaudert. Die Welt hat sich in der Informationstechnologie aber weiter gedreht – heute steht die Kundenerfahrung im Mittelpunkt des Interesses der Unternehmen. Bei einem beinhart umkämpften Markt, der jahrelang über die Kostenschiene geführt wurde, versuchen Callcenter-Outsourcer und Branchendienstleister mit dem Wissen über die Geschäftsprozesse ihrer Kunden zu punkten. Auch sind die Konsumenten im Jahr 2011 so mündig nie zuvor. Sie wollen entscheiden, auf welchem Weg sie in Kontakt mit einem Unternehmen treten (siehe Interview auf der nächsten Seite). Und noch mehr: Sie tun dies mitunter gleichzeitig auf mehreren Kanälen.»Waren vor eineinhalb bis zwei Jahren Antwortzeiten von 48 Stunden für die Kunden noch okay, werden heute bereits am zweiten Tag Wiederholungscalls getätigt«, spricht Stefan Amon von einer »brutalen Veränderung« des Marktes. Amon ist Customer Services Director bei A1, die nun letztgültig den Telekom-Festnetzbereich und das Mobilfunkangebot zu einer einheitlichen Produktlinie und Marke vereint hat. Schnell dreht sich das Gespräch mit ihm in Richtung Kundenservice. Die technische Infrastruktur an den sechs Callcenter-Standorten von A1 an den größeren Locations Wien und Graz sowie in Linz, Klagenfurt, Innsbruck und Oberpullendorf soll in Kürze so weit zusammengeschlossen werden, dass Calls ortsunabhängig den einzelnen Standorten je nach Anruferaufkommen zugeteilt werden. Mit insgesamt 4500 Mitarbeitern im Kundenservice, darunter 1500 Technikern bei den Kunden vor Ort sowie 3000 Arbeitsplätzen im Contact-Center-Bereich, ist A1 der größte Callcenter-Betreiber in Österreich. Im Privatkundensegment sind durchschnittlich 400 Plätze gleichzeitig besetzt.Für Amon geht es bei insgesamt 100.000 Kundenkontakten täglich um eine bestmögliche Erfahrung für beide Seiten – Kunden wie Unternehmen. Zwar wird bei Spitzenzeiten auf den externen Dienstleister Walter Services in Hollabrunn zurückgegriffen. Doch den gesamten Betrieb auslagern, das steht für Amon nicht zur Debatte. »Einfache Tätigkeiten und Prozesse könnten natürlich ausgelagert werden. Aber gerade im Festnetzbereich ist auch im Kundenservice umfangreiches Know-how nötig. Bei Themen wie Leitungsentstörungen, und VDSL brauchen wir ausgebildete Mitarbeiter. Dadurch rechnet sich für uns der Inhouse-Betrieb nach wie vor«, erklärt Amon. Die Callcenter-Dienste werden seit geraumer Zeit nicht mehr für den Markt frei angeboten. Für Unternehmen wie paybox wird der Callcenter-Bereich im Rahmen von Gesamtleistungen bei Projekten mit serviciert. »Client 24« hieß der Callcenter-Dienst damals, den die Telekom für Kunden wie Neckermann durchaus erfolgreich betrieben hatte. Allein der harte Preiskampf mit Arbeitsverträgen in der Callcenter-Szene brachte das Aus für den Ausflug in den Outsourcingmarkt. A1 sieht sich in diesem Zusammenhang aber klar auch als wichtiger Arbeitgeber an den Callcenter-Standorten. »In Oberpullendorf haben wir bestmotivierte Agents, die jeden Tag aufs Neue gerne ihre Arbeit machen. Solche Agents brauchen wir.« An dieser Regionalität will man auch in Zukunft festhalten. Migration ins Formular100.000 Kundenkontakte – das sind bei A1 gut 60.000 bis 70.000 Anrufe täglich, 5000 persönliche Besuche bei den Kunden und rund 35.000 schriftliche Kontakte per Brief, Fax und E-Mail. Gerade der Kanal E-Mail bereitet Amon aber Kopfzerbrechen. Anfragen über Mail sind in der Regel eher unstrukturiert und können nur begrenzt automatisiert den richtigen Ansprechpartnern rasch zugeteilt werden. Mit einem Kontaktformular auf der A1-Website sollen diese Anfragen nun zunehmend in einen standardisierten Rahmen verpackt werden. Eine E-Mail-Adresse für den Kundenservice wird heute bei A1 gar nicht mehr veröffentlicht. Mails werden mit Autoreplies beantwortet, welche die Nutzung des Internetformulars empfehlen. »Für uns und den Kunden ist wichtig, dass sein Anliegen mit seinem Namen, der Kundennummer und dem Namen des Produkts, um das es sich bei der Anfrage handelt, schnell bearbeitet wird«, so Amon. Er ist überzeugt, dass diese Form der rascheren Kommunikation auf schriftlicher Ebene über kurz oder lang auch im Geschäftskundenbereich akzeptiert sein wird. Heute ist dies dort freilich noch kein Thema. Gerade Geschäftskunden setzen die 1:1-Kommunikation mit ihrem Betreuer voraus.Soziales Web erfasst ServicesDoch auch bei den Profis sind mitunter Crowdsourcing-Themen wie öffentlich zugängliche Support-Plattformen für Produkte und technische Fragen bereits sehr gefragt. Wer heute etwas wissen will, informiert sich oft zuerst übers Web – Konsumenten in dem Portal »Kunden helfen Kunden« ebenso wie die Profis. Mit gut 75.000 registrierten Usern sieht Amon dieses A1-Forum ebenfalls an vorderster Stelle im heimischen Netzumfeld.Und auch der Facebook-Auftritt ist für A1 ein fixer Bestand der Kundenservices geworden. Der User »Robert Hauser« wird von einem Serviceteam Tag für Tag in der Kommunikation mit den Fans unterstützt. 95.000 haben sich bereits mit dem Facebook-Auftritt vernetzt – eine gar nicht mal so schlechte Zahl. Bei der vielleicht nächsten Social-Web-Raktete Google+ zögert Amon aber noch. Pläne für einen Auftritt dort gibt es noch nicht. »Es ist eine immerwährende Herausforderung, zu entscheiden, auf welche Themen wir im Internet setzen und wo wir noch abwarten«, schmunzelt er.