Ich habe vor zwei Tagen gelacht", sagt Max Stockinger, Chef der Linz AG und Partner in der Energie Allianz. Allzu oft wird man vermutlich nicht Menschen begegnen, die sich genau an den Zeitpunkt erinnern können, wann sie zuletzt gelacht haben. Der Linzer Generaldirektor zählt zu dieser Spezies. Aber keineswegs zu jener, die in den Keller lachen geht. Das attestieren ihm alle, die ihn kennen. "Ich hab ihn oft sehr heiter, lustig und unterhaltsam erlebt", sagt Ingrid Vogl, die PR-Chefin des Wiener Stadtwerke-Konzerns. Doch mit breit lachender Miene haben ihn die wenigsten in Erinnerung, eher mit dem ernsten Blick. "Meine Frau und meine Tochter sagen auch immer, ich soll nicht so ernst schauen."
Ernster Habitus. Das ernste Gschau hat indessen weniger mit dem Gemüt Stockingers, als dem Habitus der Funktion zu tun. Sitzt man dem Generaldirektor in der kühl in Marmor, Stahl und Glas gehaltenen Chefetage im Industrieviertel am Rand von Linz gegen-über, wird das rasch deutlich. Stockinger ist zuvorkommend, geduldig, spricht ruhig und nicht gereizt, selbst bei heiklen Themen.
Den Blick konzentriert aufs Gegenüber gerichtet, holt er beim Reden thematisch gerne weit aus. Der Gesprächspartner ist ge-fordert, ihn ebenso geduldig wieder zurückzuführen. Nun ja, die letzten Jahre waren schwierig, die nächsten werden um nichts leichter. Selbst für den bei weitem größten Energieversorger in österreich, die Energie Allianz mit den Partnern Wienenergie, EVN, Bewag, Begas und als letzten Mitstreiter im Bunde die oberösterreichische Energie AG.
Kartell und Verfahren. Apropos Energie Allianz: Zwar rechnet niemand wirklich mit einem negativen Ausgang des kartellgerichtlichen Verfahrens. Aber selbst in Allianzkreisen wird immer wieder und in letzter Zeit immer häufiger die Frage gestellt: Warum hat man nicht kühne Schritte gesetzt, sich das Kartellverfahren erspart und gleich eine Fusion angestrebt? - Unterschiedliche Unternehmenskulturen, Betriebskonglomerate, die nicht zusammenpassen, verschiedene Dienstrechte - alles Gründe laut Stockinger, warum die Allianz die bessere Lösung scheint, als die Fusion.
Stockinger: "Ein Hafen und die Verkehrsbetriebe wären nicht zu integrieren, und alleine wollte niemand solche Betriebe führen, wenn er nicht auch andere Infrastrukturbereiche im Portefeuille hat." Die Aufteilung und Organisation der Linzer Stadtwerke habe er sich ja schließlich nicht aus dem Finger gesogen, antwortet der Generaldirektor. Die ursprünglichen Konzepte stammen von PricewaterhouseCoopers. Mittlerweile ist freilich schon ein halbes Dutzend Berater durch das Unternehmen gezogen. Die Rechtfertigungen für Allianz statt Fusion klingen mittlerweile schon nach Stehsätzen.
Ob nicht doch der klare Schnitt, der kühne Schritt vernünftiger wäre, um die wirtschaftliche Zukunft auf heiß umfehdeten Märkten zu sichern? Stockinger lehnt sich bedächtig zurück: "Man muss eben den richtigen Zeitpunkt abwarten können." Denn geschieht etwas zur falschen Zeit, so wird dadurch zumeist mehr zerstört als geschaffen. Auch "auf dem Hochsitz verbringt man mehr Zeit mit dem Warten und Beobachten als dem Schießen", sagt der leidenschaftliche Jäger mit einem Hinweis auf seine einzige sonstige Passion neben der Energiewirtschaft.
Präsident und General. In Augenblicken wie diesen glaubt man zu erkennen, warum der studierte Betriebswirt etwa Präsident des Interessenverbandes der E-Wirtschaft, des Verbandes der Elektrizitätswerke österreichs (VEö), werden konnte: Stets wirkt Stockinger verbindlich und um den Ausgleich der Meinungen und Interessen bemüht. Das bringt nicht zuletzt den taktischen Vorteil, manchmal unterschätzt zu werden: Da ist niemand, der ihn für zu durchschlagskräftig hielte und für potenziell zu mächtig. Dabei zeitigte seine Arbeit gerade auch im VEö so manche Erfolge: Der Verband wurde neu organisiert und gestrafft. Freilich: "Die Entscheidungsstrukturen mit den vielen Gremien und Kollegialbeschlüssen könnten noch schlagkräftiger werden", gesteht Stockinger ein. Daneben wird ihm aber ein weiterer Coup wesentlich zugerechnet: Dass die Energie AG, der oberösterreichische Konkurrenzbetrieb, nunmehr auch zur Gruppe der Allianz gestoßen ist, wäre, so sagen Beobachter, ohne die Geduld und die Fähigkeit Stockingers, dicke Bretter zu bohren, nicht gelungen.
Freilich bedurfte es auch des Willens auf der politischen Ebene. Die Verständigung zwischen dem oberösterreichischen Landeshauptmann Josef Pühringer und dem Wiener Vizebürgermeister Sepp Rieder war nicht schädlich. Aber die Detailarbeit bei den stets äußerst sensiblen Fragen der Bewertung, die lange als Hindernis einer Annäherung galten, lag beim Linzer "General", wie Max Stockinger im eigenen Haus respektvoll genannt wird.
Dabei seit 40 Jahren. An Erfahrung kann es ihm wohl nicht mangeln. Seit 36 Jahren arbeitet der 1939 geborene Oberösterreicher in der Energiewirtschaft. Anfangs hieß das Unternehmen "Linzer Elektrizitäts-, Fernwärme und Verkehrsbetriebe Aktiengesellschaft". Bereits seit 1994 ist Stockinger Generaldirektor der ESG, und seit einem Jahr ist er auch Vorstandsvorsitzender und Generaldirektor der Linz AG, des Zusammenschlusses mit den Stadtwerken. Wie lang er sich das noch antun will? "Schon noch ein Zeitel."