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Kommunale Engpässe

\"ÖsterreichsgemeindenNicht nur bei Hochwasser steht den Gemeinden das Wasser bis zum Hals. Notwendige Infrastrukturmaßnahmen werden aufgeschoben oder in reduzierter Form umgesetzt. Die Suche nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten läuft.


Der Tiefbau bleibt das Sorgenkind der heimischen Bauwirtschaft. Seit 2009 hat die Branche mit einer negativen Konjunkturentwicklung zu kämpfen. Einem Minus von 13,5 % im Jahr 2009, folgten 2010 ein Minus von 8,9 % und 2011 ein Minus von 3,2 %. Und auch im laufenden Jahr ist keine nachhaltige Besserung in Sicht. Laut Statistik Austria weisen die ersten fünf Monate lediglich eine Stagnation auf dem schwachen Vorjahresniveau auf. »Diese massiven Einsparungen zeigen mittlerweile dramatische Auswirkungen, sodass ein Gegensteuern, auch im Sinne einer notwendigen Investitionsstrategie der öffentlichen Hand dringend angesagt ist«, fordert Hans-Werner Frömmel, Bundesinnungsmeister Bau. So zeigen etwa die Umweltkatastrophen der jüngeren Vergangenheit, dass die restriktive Budgetpolitik im Bereich der Wildbach- und Lawinenverbauung sowie der Bundeswasserverwaltung weder wirtschaftlich noch ökologisch zu rechtfertigen ist. »Ganz abgesehen vom menschlichen Leid und den finanziellen Schäden der betroffenen Familien«, ergänzt Frömmel.

Ein Problem ist, dass in den Kassen der Gemeinden immer noch weitgehend Ebbe herrscht. Obwohl rund die Hälfte der Kosten mit Bundesmittel abgedeckt ist und auch die Länder noch einen Teil beisteuern, sind viele Gemeinden nicht in der Lage, den restlichen Kostenanteil zu stemmen. Daher werden wichtige Maßnahmen verschoben oder in deutlich abgespeckter Form umgesetzt. Aus diesem Grund fordert die Geschäftsstelle Bau der österreichischen Wirtschaftskammer eine Verdoppelung der 130 Millionen Euro Bundesmittel für die Wildbach- und Lawinenverbauung sowie für den Wasserbau.

Drei Milliarden Verlust

Die Förderungen im Siedlungswasserbau wurden in den Jahren 2011 bis 2014 um 92 Millionen Euro gekürzt. Das bedeutet eine Reduktion des Investitionsvolumens von 370 Millionen Euro und zieht einen Wertschöpfungsverlust von knapp drei Milliarden Euro nach sich. Für 2014 sind durch die Verlängerung des Finanzausgleichs aus heutiger Sicht gar keine Fördermittel vorgesehen. »Das würde einen völligen Einbruch der Siedlungswasserwirtschaft mit allen negativen Folgen für die Konjunktur und Arbeitsplätze bedeuten«, mahnt Frömmel. Zudem droht ohne Förderung der notwendigen Errichtungs- und Erhaltungsmaßnahmen eine deutliche Gebührenerhöhung für den Endverbraucher. »Es ist daher unabdingbar, dass im Siedlungswasserbau für 2014 ein jährlicher Förderrahmen von mindestens 100 Millionen Euro festgelegt wird und angesichts des positiven Steueraufkommens auch der Förderengpass für 2012 und 2013 überdacht wird«, sagt Frömmel.


Viel Einnahmen, noch mehr Ausgaben

Dass die heimischen Gemeinden finanziell schlecht dastehen und kaum Investitionsspielraum haben, scheint mittlerweile eine allgemein anerkannte Tatsache zu sein. Dabei wird oft allerdings übersehen, dass die Gemeinden kein einnahmen- sondern vielmehr ein ausgabenseitiges Problem haben. »Es kann nicht sein, dass andere politische Ebenen immer nur anschaffen, was sie wollen und die Gemeinden sollen das dann durchführen und bezahlen«, kritisiert Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer. »Dazu kommt, dass Gesetzesvorhaben so lange schöngerechnet werden, bis die Kosten auf ein verträgliches Maß sinken.« Ein Beispiel dafür sei die neue Eisenbahnkreuzungsverordnung. »Am Anfang lagen die errechneten Kosten bei mehr als zwei Milliarden Euro. Nun hat man sie auf weniger als 250 Millionen Euro heruntergerechnet und glaubt, dass die Sache damit erledigt ist.«

Erweiterung der Finanzierungsbasis

Die österreichischen Gemeinden haben mit Ausnahme von 2009 und 2010 die Maastricht-Kriterien nicht nur eingehalten, sondern sogar übererfüllt. 2011 haben sie sogar einen Überschuss von 400 Millionen Euro erwirtschaftet. Aber egal, ob das Problem nun einnahmen- oder ausgabenseitig begründet ist, die Folgen bleiben dieselben: Es fehlt das Geld für notwendige Investitionen.
Diese Budgetknappheit zwingt die Gemeinden, über erweiterte Finanzierungsmöglichkeiten wie Leasingmodelle (siehe Kasten Seite 20) oder PPP-Projekte zumindest nachzudenken. »Eine solche Erweiterung der Finanzierungsbasis, die über das Kommunal- bzw. Landesbudget hinausgeht, ist das Einbeziehen anderer Kapitalquellen, etwa durch die Beteiligung Privater«, erklärt Alois Steinbichler, Vorstandsvorsitzender Kommunalkredit. Auf diese Art können Gemeinden ihren Gestaltungsspielraum in Zeiten knapper Budgets vergrößern. Außerdem findet bei PPP-Projekten eine Risikoverschiebung zum privaten Partner statt. »Projekte, die wirtschaftlich sinnvoll sind, sich also durch Generierung von genügend Einnahmen selbst erhalten, wie beispielsweise der Ausbau einer viel befahrenen, mautpflichtigen Straße, eignen sich besonders gut als PPP-Projekte«, erklärt Klaus Feichtinger, Experte der Erste Group Immorent für Infrastrukturfinanzierung. Aber auch andere Projekte wie Kindergärten, Schulen  oder auch die öffentliche Beleuchtung bieten sich als Public-Private-Partnership an. Mithilfe der PPP-Struktur können Gemeinden oftmals Projekte, die aufgrund hoher Investitionskosten vielleicht nicht zustande kämen, trotzdem realisieren, da die Zahlungen der Projektkosten über die gesamte Projektlaufzeit verteilt werden. 

 

>> Leasing:

Alternativen der kommunalen Finanzierung. »Bauten, insbesondere im öffentlichen Bereich, werden um bis zu 15 % teurer«, sagt Günter Schmidt, Leiter der Abteilung Betriebswirtschaft & Steuern der Erste Group Immorent. Schuld daran ist das Stabilitätsgesetz 2012, das unter anderem vorsieht, dass Leasingfirmen, die an Kommunen vermieten, seit 1. September 2012 von den Errichtungskosten für Immobilienprojekte keinen Vorsteuerabzug mehr geltend machen dürfen. Darüber hinaus wurde die Vorsteuerberechtigungsfrist von zehn auf 20 Jahre verlängert. Durch die daraus folgende Belastung der Leasingrate mit Umsatzsteuer für 20 Jahre halbiert sich der bisherige Umsatzsteuervorteil für diese Objekte. Dennoch wird Leasing bei Kommunen ein beliebter Finanzierungsweg bleiben, ist Schmidt überzeugt. »Gerade Kommunen sind oft an Zusatzleistungen interessiert, die von Projektfinanzierern angeboten werden. Außerdem wird der Verschuldungsgrad einer Gemeinde in der Regel durch Leasinggeschäfte nicht sofort belastet, was ein weiterer Vorteil der Leasingfinanzierung gegenüber einer Finanzierung mittels Kredit ist.« Zudem gelte die neue Regelung nicht im Pflege- und Gesundheitsbereich.

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